Motorama - Dialogues

Talitres / Rough Trade
VÖ: 21.10.2016
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10

Licht im Schatten
An.
Auch auf die Gefahr hin, dass folgende Umschreibung anfangs womöglich für Stirnrunzeln sorgt: Die russische Band Motorama ist wie ein nervöser Lehrer, der am Lichtschalter stehend versucht, für etwas Ruhe im Klassenzimmer zu sorgen. Aus: 2010 veröffentlichte das Quintett sein Debütalbum "Alps", eine düster-kalte Klanglandschaft im Tiefschnee. An: Zwei Jahre später folgte das ungleich optimistischere "Calendar" und wärmte Haut und Seele. Aus: Mit dem 2015 erschienenen "Poverty" ging es erneut in die Dunkelheit – Gänsehaut hier, Beklommenheit dort. An: Mütterchen Russlands stets zwischen Hell und Dunkel wandelnde Kinder melden sich mit "Dialogues" zurück und leiten kurz vorm Winter den Frühling ein.
"Tell me, is it hard / To love each other?", fragt Frontmann Vladislav Parshin alsbald auch voller Melancholie und Wehmut im sanft vor sich hin schwebenden "Tell me", das die Pop-Anleihen früherer Stücke wie "Heavy wave" oder "Wind in her hair" noch verdoppelt. Liebliche Stimmung statt finsterer Trauermiene? Nicht ganz. Dennoch gibt sich "Dialogues" auf weite Strecken deutlich freundlicher gestimmt, als man erwartet hätte. So geht selbst das schlaflos-paranoide "I see you" nicht in der tiefschwarzen Nacht unter, sondern hält sich mit zahlreichen Synthie-Lichtblicken spielerisch auf den Beinen. Auch der Opener "Hard times" tänzelt im Kerzenschein verliebte Schattenfiguren an die Wand und überzeugt mit völlig unkitschigem Achtzigerjahre-Pop-Appeal auf ganzer Linie.
Dennoch lassen Parshin und Co. auch all jene nicht im Stich, die in Motorama eine Art Ventil für das eigene deprimierte Gemüt sehen: Das gleichzeitig verhuschte wie eindringliche "Someone is missed" begibt sich mit hektischem Schlagzeugspiel auf eine unheilvolle Achterbahnfahrt mit stellenweise verbundenen Augen. Der tiefe New Wave von "Reflection" schreckt vorm eigenen Spiegelbild zurück und steht dann ohnehin schon mit dem Rücken zur Wand, und "Loneliness" herzschmerzt sich mit schier endlos scheinenden Instrumental-Pausen durch die irgendwie ja doch auch zelebrierte Einsamkeit. Aber das Licht ist nah: Das beschwingte "By your side" wird am Schluss zur tröstenden Gruppentherapie und führt an der Hand aus dem gerade aufkeimenden Trübsal heraus. Wohin die Reise geht? Bei Motorama ist das eigentlich klar.
Aus.
Highlights
- Hard times
- Tell me
- Reflection
Tracklist
- Hard times
- Tell me
- Sign
- Loneliness
- Above the clouds
- I see you
- Deep
- Someone is missed
- Reflection
- By your side
Gesamtspielzeit: 31:11 min.
Album/Rezension im Forum kommentieren
Teile uns Deine E-Mail-Adresse mit, damit wir Dich über neue Posts in diesem Thread benachrichtigen können.
(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
---|---|
carpi Postings: 1772 Registriert seit 26.06.2013 |
2016-11-14 20:31:13 Uhr
Die Hits sehe ich mal eindeutig bei dem Opener "Hard times" und Track 6 "I see you" mit beeindruckenden Synthies. Muss man laut hören!Insgesamt zwar etwas kurz und nicht durchgängig auf hohem Niveau, aber sicherlich empfehlenswert und wie oben bereits erwähnt ein sehr schönes Album. |
Nette Band |
2016-11-01 00:27:32 Uhr
Din letzte zwei Alben fand ich deutlich besser. Das hier ist doch ziemlich langweilig |
qwertz Postings: 1080 Registriert seit 15.05.2013 |
2016-10-30 19:48:22 Uhr
Schade, dass das tolle "Holy Day" nicht drauf ist, das Mitte des Jahres veröffentlicht wurde. Meiner Meinung nach fehlen dem aktuellen Album so zwei, drei Hits, wie sie alle Vorgänger zu bieten hatten. Auch die Melodiseligkeit vergangener Tage sehe ich auf "Dialogues" nicht; sind die Songs doch zumeist sehr bassgetrieben und lassen diese brillant-simplen Gitarren-Hooks vermissen, die die Band für mich sonst so stark gemacht haben. Trotzdem schönes Album! |
rajko bärs |
2016-10-26 21:26:18 Uhr
Glücklicherweise besinnen sich Motorama nach den eher wenig melodischen Vorgänger wieder auf die "calendar" mollige Melancholie,leichtfüssig und eingängig.Denk aber das die ersten beiden CDs wieder nicht erreicht werden. Dort war die Hitdichte unerreicht-calendar ist und bleibt das Sahnetörtchen von vorne bis hinten.Gute Rezi. |
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 28621 Registriert seit 08.01.2012 |
2016-10-26 21:01:39 Uhr
Frisch rezensiert.Meinungen? |
Hinterlasse uns eine Nachricht, warum Du diesen Post melden möchtest.
Referenzen
Utro; Joy Division; Warsaw; The Drums; Human Tetris; DIIV; Beach Fossils; The KVB; I Have No Mouth And I Must Scream; Bantam Lyons; Chain Wallet; Kino; I Like Trains; The National; The Wake; The Cure; Josef K; The Mighty Lemon Drops; Railway Children; The House Of Love; Kitchens Of Distinction; The Church; The Durutti Column; New Order; Television; Wild Nothing; Film School; Amber Smith; Frankie & The Heartstrings; Pete And The Pirates; Hatcham Social; Black International; Dutch Uncles; The Strokes; Interpol; Surfer Blood; The Horrors; S.C.U.M; The Cinematics; Editors; Escapologists; Tiger Lou; 1984; Weekend; Girls Names; The Departure; The Maccabees; Frankie Rose; Ikara Colt; Wire; Clinic; I Love You But I've Chosen Darkness; The Smiths; Black English; Snowden; The Ponys; Pen Expers; The Mary Onettes; Cut City; The Moog; Computerclub; Delay Trees; CatPeople; Project:Komakino; Tides; Electricity In Our Homes; Ulterior; Crispy Ambulance; Section 25
Bestellen bei Amazon
Weitere Rezensionen im Plattentests.de-Archiv




Threads im Plattentests.de-Forum
- Motorama (34 Beiträge / Letzter am 24.08.2024 - 16:24 Uhr)
- Motorama - Before the road (9 Beiträge / Letzter am 11.06.2021 - 10:26 Uhr)
- Motorama - Many nights (10 Beiträge / Letzter am 28.09.2018 - 18:32 Uhr)
- Motorama - Dialogues (8 Beiträge / Letzter am 14.11.2016 - 20:31 Uhr)
- Motorama - Poverty (56 Beiträge / Letzter am 16.05.2015 - 14:54 Uhr)