East Cameron Folkcore - Better off

Grand Hotel van Cleef / Indigo
VÖ: 16.09.2016
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10

America's band
Texas. Hier ist die Welt noch in Ordnung. Zumindest bleiben beim konservativen, patriotischen Amerikaner fast keine Wünsche offen: In jedem zweiten Garten steht die Nationalflagge, zum wöchentlichen College Football singen alle die Hymne mit, man kann den Pick-Up auf einsamen Landstraßen ausfahren und die NFL-Mannschaft der Dallas Cowboys heißt passenderweise "America's Team". In dieses Bild – zugegebenermaßen eine Mischung aus Realität und Klischee – passen East Cameron Folkcore eigentlich so gar nicht rein. Das folkige Punkorchester hetzt gerne gegen soziale Missstände im ach so paradiesischen Texas und macht damit seiner universitären Heimatstadt Austin alle Ehre. Mit ihrem dritten Album "Better off" setzen sie den Kampf gegen das Establishment fort: im Stil gemäßigter, in der Sache ähnlich dringlich wie der Vorgänger "Kingdom of fear".
Noch bevor die Instrumente loslegen, haben East Cameron Folkcore schon mehr gesagt, als das in der Musik so üblich ist. Sie lassen den Denker Richard Buckminster Fuller zu Wort kommen, der als einer der frühen Befürworter der Nachhaltigkeit gilt. Ohne Klimaschäden den Weltfrieden erlangen – das würden die Texaner auch gerne. Im Titelstück tosen sie zu Beginn gleich ordentlich los. Die schnellen Akustikgitarren werden wie gewohnt mit einem Cello, einer Trompete und anderen wilden Instrumenten verziert. "We'd be better off / If we cared less for money and more just for life" ist die zentrale Message des Openers. Gut, das klingt beim Lesen nicht sonderlich einfallsreich und überzeugend. Wenn Jesse Moore diese Zeilen aber mit jeder Menge Inbrunst in seiner brechenden Stimme vorträgt, sieht die Sache schon ganz anders aus. Sein sperriger Gesang bewegt sich über großen Instrumentalmelodien wie im groovigen "Who do we think we are" teilweise sogar an der Grenze zum Hardcore-Geschrei.
Musikalisch bedient sich "Better off" bei verschiedenen musikalischen Epochen und Stilen. East Cameron Folkcore jonglieren in "Darling what went wrong" mit Soul-Referenzen wie Otis Redding oder Charles Bradley, bewahren sich jedoch die punkige Grundeinstellung, wodurch der Song im Ergebnis an das ähnlich betitelte "Oh darling" aus The Beatles' "Abbey Road" erinnert. Diese befahren East Cameron Folkcore diesmal mit einem weniger durchgedrückten Gaspedal. So entstehen statt Moshpit-Klassikern eher bedächtig groovende Balladen wie das starke "TCB". Da darf man auch mal davon träumen, mit einem Ford Mustang – natürlich in der Ecology-Version – durch das texanische Hinterland zu cruisen.
Viel Wohlfühlen ist aber nicht angesagt. In der Strophe des furiosen "Dreams deferred" kann man die Verzweiflung förmlich hören – über die sozialen Probleme, die Perversität der Welt und die einer ländlichen Region, die amerikanischer nicht sein könnte. East Cameron Folkcore sprechen diese mit einer großen musikalischen Intensität in einer Zeit an, in der es vielleicht nötiger denn je ist. Das ist ihnen nicht hoch genug anzurechnen. Auch wenn das in Texas nicht jeder gerne hören dürfte: Wenn Dallas seine Football-Mannschaft "America's Team" nennt, dann sollten East Cameron Folkcore aus Austin vielleicht "America's Band" heißen – und das im bestmöglichen Sinne.
Highlights
- Who do we think we are
- Dreams deferred
- TCB
Tracklist
- Better off
- Who do we think we are
- Darling what went wrong
- Einstein's nightmare
- Dreams deferred
- TCB
- Wilderness of war
- Born to die
Gesamtspielzeit: 32:05 min.
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Referenzen
Murder By Death; Dropkick Murphys; Owls By Nature; Stumfol; Rob Moir; Black Rust; The Driftwood Fairytales; Red Tape Parade; Eleven; Lucero; Gallon Drunk; Listener; Gogol Bordello; Flogging Molly; Sixteen Horsepower; Wovenhand; Titus Andronicus; Anti-Flag; Money For Rope; The Godfathers; Madrugada; Kaizers Orchestra; The World/Inferno Friendship Society; ...And You Will Know Us By The Trail Of Dead; The Afghan Whigs; The Gun Club; The White Stripes; Two Gallants; Alabama Shakes
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