Heaven Shall Burn - Wanderer

Century Media / Sony
VÖ: 16.09.2016
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10

In Bewegung
Wenn man sich als Künstler in einem Genre bewegt, das über die Jahre zum Schimpfwort degeneriert ist, braucht man wahlweise eine gesunde Ignoranzschwelle, um beharrlich sein Ding durchzuziehen oder aber das ein oder andere Alleinstellungsmerkmal, um sich von der Masse abzuheben. Bei Heaven Shall Burn, die bekanntlich in der Ursuppe des für seine kaputtkommerzialisierte Eintönigkeit berüchtigten Metalcore entstanden sind, trifft schon sehr lange letzteres zu. Lyrics, die weit abseits von der Dicke-Hose-Mentalität mancher Genrevertreter angesiedelt sind, ein gerüttelt Maß an Bodenständigkeit – der Einsatz für Sea Shepherd und den heimatlichen Fußballclub Carl Zeiss Jena sind nun wahrlich keine Breaking News – und natürlich gutklassige Platten bilden genau die Mischung, die dafür sorgt, dass die Fangemeinde den Thüringern aus der Hand frisst (no pun intended...). Die monströsen Circle-Pits auf den einschlägigen Festivals sprechen für sich.
Von diesen soft skills aber einmal abgesehen, ist es vor allem die Nähe zum Thrash und ähnlicher Spielarten, die immer wieder den Weg in den Sound des Quintetts findet. Dabei beginnt "Wanderer" gar nicht einmal so fürchterlich spektakulär, legt mit dem schleppenden Opener "The loss of fury" allerdings schon sehr effizient das Feuer für die auf den nächsten Tracks zu verbrennende Erde. Denn Heaven Shall Burn entfachen insbesondere auf den folgenden Tracks ein selten gekanntes Inferno. So vereinigt "Bring the war home" zunächst ein stampfendes Rammstein-Riff mit elektronischen Spielereien, um anschließend nicht zum letzten Mal auf dieser Platte die Fühler in Richtung Melodic Death auszustrecken, erinnert so mancher Gitarrenlauf doch glatt an Children Of Bodom, nur dass die Finnen hierfür das Keyboard einsetzen.
Auch die anschließenden "Passage of the crane" und die famose Antifaschisten-Hymne "They shall not pass" begeistern durch eine Fülle an Riffideen, wahnsinnigen Hooks und eben diese ungeheure Musikalität, die vor allem Leadgitarrist und Songschreiber Maik Weichert auszeichnet. Doch der anfängliche Eindruck, die filigrane Instrumentenarbeit könnte zu einer Verweichlichung des Sounds führen, täuscht. Denn plötzlich röhrt kein Geringerer als George "Corpsegrinder" Fisher, seines Zeichens Frontberserker von Cannibal Corpse, ins Mikrophon und knüppelt "Prey to God" mal eben in selbst für die eigenen Verhältnisse eher ungewohnte Härtegrade.
Dass nach dieser fulminanten ersten Hälfte im weiteren Verlauf kein weiteres Innovationsgewitter zu erwarten ist, überrascht dann nicht wirklich. Was aber in diesem Fall auch nicht schlecht ist, denn Heaven Shall Burn haben die notwendige Erfahrung dazu, sich auf ihre Stärken zu besinnen und mit "Corium" oder "Extermination order" eben überaus routinierte, jedoch nur unwesentlich weniger hochklassige Songs nahtlos in den Albumkontext einfügen zu können. Vor allem, wenn sich mit "The cry of mankind" dann doch noch eine echte Überraschung am Schluss findet. Denn als wäre diese wunderbare Coverversion des Klassikers von My Dying Bride aus dem Jahr 1995 nicht schon genug, setzt erst Sólstafir-Frontmann Aðalbjörn Tryggvason das dem Song und seiner Herkunft angemessene Wehklagen obendrauf. Auf die Platte bezogen, ist Jammern allerdings fehl am Platze. Denn "Wanderer" schließt durchaus nahtlos an die Qualität der letzten Alben an, fügt vielleicht an einigen Stellen noch mehr Virtuosität hinzu. Im engen Metalcore-Gewand kann den Thüringern schon längst niemand mehr etwas vormachen. Und "Wanderer" zementiert den wahrlich schon nicht schlechten Ruf der Band. Um es ganz klar zu sagen: Viel bessere Platten heimatlicher Herkunft hat es in diesem Jahr noch nicht gegeben. Glückwunsch!
Highlights
- Bring the war home
- Prey to God
- The cry of mankind
Tracklist
- The loss of fury
- Bring the war home
- Passage of the crane
- They shall not pass
- Downshifter
- Prey to God
- My heart is the compass
- Save me
- Corium
- Extermination order
- A river of crimson
- The cry of mankind
Gesamtspielzeit: 52:57 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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Autotomate Postings: 6174 Registriert seit 25.10.2014 |
2023-06-29 09:41:43 Uhr
Grad mal durchgescannt, ja stimmt wohl. Bin ansonsten natürlich deiner Meinung: Gute Band! |
regger Postings: 345 Registriert seit 31.03.2021 |
2023-06-29 09:21:34 Uhr
Meine in diverse Albumdiskussionen eine gewisse größere Abneigung gegenüber der Band vernommen zu haben :-) |
Autotomate Postings: 6174 Registriert seit 25.10.2014 |
2023-06-29 09:16:32 Uhr
Meinst du mit "Shitstorm" die 2 dummen Kommentare da oben (die vermutlich auch noch vom selben User stammen), oder haben die noch irgendwo anders Hate abbekommen? |
Socko Postings: 2210 Registriert seit 06.02.2022 |
2023-06-29 09:11:48 Uhr
Die letzten 3 Alben waren allesamt ne ordentliche 7/10.im Gegensatz zu anderem metalcorequatsch eine sehr abwechslungsreiche Band. |
regger Postings: 345 Registriert seit 31.03.2021 |
2023-06-29 09:03:00 Uhr
Verstehe den Shitstorm gegenüber HSB auch nicht. Komme nicht unbedingt aus der Metalcore Ecke sondern eher vom Thrash aber HSB liefern geilen variablen Metal ab und sind mit das Beste in diesem Genre.Corium inkl. Video alleine ist schon der Hammer. 8/10 |
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Referenzen
Architects; Between The Buried And Me; Machine Head; Kreator; Children Of Bodom; Neaera; Misery Speaks; Caliban; Maroon; Narziss; Fear My Thoughts; As I Lay Dying; Hatebreed; Killswitch Engage; Unearth; All Shall Perish; As We Fight; Machinemade God; Bleeding Through; Deadlock; Fall Of Serenity; Chimaira; Parkway Drive; Darkest Hour; Purified In Blood; The Black Dahlia Murder; Himsa; Destiny; End Of Days; Throwdown; Lamb Of God; Sworn Enemy; As Blood Runs Black; Diecast; The Agony Scene; Maintain; Deadsoil; Martyr Ad; Dead To Fall; By Night; Walls Of Jericho
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