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Colt Silvers - Swords

Colt Silvers- Swords

Deaf Rock / Rough Trade
VÖ: 30.09.2016

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Keine Klischees mehr

"Eternal unshaven kidults" – so beschreiben sich Colt Silvers in ihrem Pressesheet. "Forever young" trifft auf "allzeit unrasiert". Mehr Hipster geht ja kaum. Man wünscht sich ein Scheißhaufen-Emoji mit Bart. Und dann gib ihm noch ein Baguette in die Hand und eine Baskenmütze auf die Spitze. Das Trio kommt schließlich aus Frankreich. Und Klischees sind ja dafür da, sie zu bedienen. Blöd nur, dass die Truppe aus Straßburg selbst keinerlei Anstalten dazu macht. Gesangssprache Englisch, musikalisch absolut internationaler Standard, unaufgeregter Indie-Elektro statt herzzerreißende Chansons. Mit "Swords" erscheint nach dem 2013er "Red panda" ihr Zweitwerk. Noch so ein Klischee: Das zweite Album ist immer das schwerste.

Doch von Verkrampftheit ist auf der neuen Colt-Silvers-Platte so gar nichts zu hören. Trotz des deftigen Openers, möchte man sagen. "Words are swords" lässt sich nicht lumpen, gleich mal klarzustellen, was Phase ist: Bitte auf die Texte achten! Gesagt, getan. Und so zeigt "Swords" gleich zu Beginn, dass hier viel Wut und lyrische Tiefe in ihm steckt: "Oh baby, cut me up / Cut me to tiny bits / The ground beneath my feet / Spilling rage and fire." Eine Roboterstimme wiederholt den Titel, dahinter blubbert ein Vulkan. Doch das Trio kontrolliert den Ausbruch, lässt die Synthies den Krater verschließen. Fixer wie fröhlicher kommt "2 hearts" daher, das mit Handclaps und hintergründiger E-Gitarre in den Indie-Disko-Chorus leitet. "Yours" geht sanfter mit dem Gegenüber um: die "Oh-oh-oh-oh"-Kopfstimme im Refrain, das allumfassende Zugeständnis "my soul is yours." Auch hier wieder enormes Hitpotenzial und man kann nur hoffen, den Titel nicht bald in irgendeiner seelenlosen Pro-Sieben-Werbung zu hören.

Ungleich düsterer erscheint das instrumentale Zwischenstück "Wakizashi", das in zwei Minuten einen Trip vom Urwald unter den freien Sternenhimmel unternimmt. Drones zeugen von Gefahr, die gezupfte Akustische von der Freiheit. Das vom Piano angeführte "Constellations" zerreißt Herzen, ohne rumzuschmalzen, stellt die große Frage des Seins: Warum bin ich, und will ich das überhaupt? Mit funkigen Pickings tanzt das folgende "Empire" einfach weg, was zuvor unklar erschien. Im Kehrvers starten Violinen und Damenchor ein Feuerwerk außerhalb von Zeit und Raum. Wirre Brände herrschen indes in "Devil in Africa", das den Reigen schließt und wiederum mit einer Geige ein- wie auch ausleitet. Das Stück ist das beste Showcase dafür, was Colt Silvers zu schaffen im Stande sind. In sechseinhalb Minuten wandert der Track durch Berg und Tal, lässt den Protagonisten von Jungle Drums begleiten, dann fast von der Querflöte fressen, hilft ihm mit flirrenden E-Gitarren aus der Klemme, baut mit dem Tambourin erneute Spannung auf, die vor dem Showdown noch einmal kurz Luft holt und dann voller Tragik im immer schneller werdenden Tumult endet.

"Swords" erstreckt sich nicht nur über gewaltige Elektro-Brecher, sondern legt seinen Bezug zum britisch-amerikanischen Indie- und Alternative-Spektrum nie beiseite. Wohl auch dadurch hakt es an der Vergleichbarkeit. Mit Justice, Phoenix oder auch The Rapture gäbe es genug für Colt Silvers nachzuahmen, was über Rang und Namen wie auch eine ähnliche Palette verfügt. Das aber haben die drei Jungs gar nicht nötig. Stattdessen punkten sie mit einer Diversität, die nicht viele andere Bands – und auch die Genannten nicht immer – erreichen, haben keine Mühen Text und Musik in Einklang zu bringen und Gefühle von hoch bis tief zu bespielen. Das zweite Album ist immer das schwerste? Fuck it.

(Pascal Bremmer)

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Highlights

  • Words are swords
  • 2 hearts
  • Yours
  • Constellations
  • Devil in Africa

Tracklist

  1. Words are swords
  2. The sound
  3. 2 hearts
  4. Yours
  5. Cassiopeia
  6. Wakizashi
  7. EZU
  8. Constellations
  9. Empire
  10. Foremost of the westerners
  11. Devil in Africa

Gesamtspielzeit: 42:58 min.

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Armin

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2016-09-21 20:42:07 Uhr
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