Bastille - Wild world
Virgin / Universal
VÖ: 09.09.2016
Unsere Bewertung: 4/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
Kalte Platte
Eines muss man dem britischen Quartett Bastille lassen: Live verstehen sie es durchaus, Stimmung zu erzeugen und eine gute Show hinzulegen. Davon durfte sich der Rezensent erstmals im August selbst überzeugen. Jetzt, da einen Monat später der Zweitling "Wild world" vorliegt, muss er ebenfalls zugeben, dass die Gruppe verdammt eingängige Songs schreiben kann. Anders lässt es sich nicht erklären, warum einige Stücke bereits komplett vertraut erscheinen, obwohl sie bis dato erst ein einziges Mal beim Konzert zu Ohren gekommen sind. Gründe gibt es natürlich – die Rhythmen bleiben im stampfbaren Bereich, die Melodien nehmen so gut wie nie unvorhergesehene Abzweigungen und ständig werden Textzeilen wiederholt, bis es auch der letzte Mensch kapiert hat. Nur warum lässt das Spektakel auf Platte fast komplett kalt?
Logischerweise kann das fordernde "I miss you, I miss you / I miss you more" aus dem Opener "Good grief" spätabends nach einer von Günther Beckstein abgesegneten Menge Bier besser mitgegrölt werden als morgens auf dem Weg zur Arbeit. Aber immerhin vermag jener Song mit seiner Leichtfüßigkeit und den griffigen Falsetto-Einschüben vollkommen zu überzeugen und bietet sich als würdiger Nachfolger zu ihren Hits "Pompeii" und "Things we lost in the fire" an, welche das Debüt "Bad blood" eröffnen durften. Leider bleibt der Track allein auf weiter Flur, "Wild world" scheitert in der Folge konstant an dieser Messlatte. Es wird zwar nie richtig unerträglich. Aber die Gleichförmigkeit ermüdet über die Strecke von 14 Tracks, lange vor dem Ende der Chose ist man von der Masse an bombastisch aufgeblasenen Stadionpop-Episoden mit Elektrosprenklern geplättet.
Es fällt unglaublich schwer, Momente herauszuheben, da fast jeder Song mit den gleichen Mitteln für die Dramatik arbeitet. "Send them off!" hat sich mit den hübsch treibenden Bläsern immerhin das Ausrufezeichen im Titel tatsächlich verdient. "Two evils" geht davor als Balladenpause auch in Ordnung. Aber sonst? Das Schlimme ist: Je näher man sich mit "Wild world" beschäftigt, umso auslaugender wirkt das Album. Lediglich als kantenfreie Hintergrundbeschallung oder eben potentielle Festival-Hits machen die Stücke eine recht gute Figur, mit der Lupe fällt das ständige Recycling dagegen mehr und mehr auf. "I'm the lesser of two evils", beteuert Sänger Dan Smith. Wer wohl das andere Übel ist? Chris Martin? Zumindest macht "Wild world" ein Quäntchen mehr Laune als Coldplays vergleichbarer letzter Ausflug in seichtes Gewässer. Verzichtbar sind mit Sicherheit aber beide Platten.
Dabei versuchen Bastille wie schon auf "Bad blood", einen cineastischen Aspekt in ihrer Musik zu fördern. Erneut ist das Cover wie ein Filmplakat aufgemacht, selbstverständlich gibt es wieder Dialogszenen vor einigen Tracks. Diese tragen jedoch überhaupt nichts zur Atmosphäre bei, stehen einfach im Raum und bleiben komplett sinnlos. Wenn die Musik so simpel und flach ist, hilft es eben nicht, "Meine Kunst!!!" drüberzupinseln und zu hoffen, dass der Anspruch von ganz allein hineingelesen wird. Besser wäre es, sie hätten sich an der Unterhaltsamkeit ihrer Liveshows oder den Mash-Ups auf ihrer Mixtape-Reihe "Other people's heartaches" orientiert. Dort wurde schon mal "Angels" von The xx mit TLCs "No scrubs" verquirlt. Klingt durchaus seltsam. Aber um einiges aufregender als diese sterile Masse hier.
Highlights
- Good grief
- Send them off!
Tracklist
- Good grief
- The currents
- An act of kindness
- Warmth
- Glory
- Power
- Two evils
- Send them off!
- Lethargy
- Four walls (The ballad of Perry Smith)
- Blame
- Fake it
- Snakes
- Winter of our youth
Gesamtspielzeit: 49:43 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
---|---|
nölscher |
2016-09-22 13:25:37 Uhr
Keine wirklich guten songideen, oft sogar ganz armseeliges Songwriting. Da muss dann anstatt einer kookline wieder viel Oooohooooo und uhhhhhhuhhuuuu herhalten. Toll produziert und inszeniert auf jeden Fall, aber oft nur heisse Luft |
musie Postings: 3995 Registriert seit 14.06.2013 |
2016-09-22 13:12:24 Uhr
Mir geht's genau gleich. Live mag das stimmungsvoll sein, aber das neue Album ist kein Genuss. Irgendwie klingt alles gleich und hängen bleibt nix. Zu viele Gewürze in dieser Popsuppe. |
Doris F. |
2016-09-22 12:17:10 Uhr
selten kenne ich eine Platte bevor ich die Rezension auf plattentests lese. Hier war es der Fall. Beeindruckend wie gut hier meine Eindrücke zur Platte wiedergegeben werden. Wild world ist nicht schlecht, aber wirklich gefallen tut sie mir nicht. Kaum ein Stück das wirklich hängenbleibt. Ganz schlimm sind Warmth und Campus - jedes Mal habe ich den Eindruck ich höre mir gerade eine Boyband an. Und jedes Mal denke ich : wieso tue ich mir das eigentlich an ? Wirklich schade, wir haben so lange gewartet und zumindest ich bin sehr enttäuscht. |
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 27676 Registriert seit 08.01.2012 |
2016-09-14 21:13:06 Uhr
Frisch rezensiert.Meinungen? |
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Referenzen
Coldplay; Imagine Dragons; Awolnation; Woodkid; Two Door Cinema Club; Hard-Fi; OneRepublic; The Killers; The Verve; The Electric Soft Parade; Keane; My Vitriol; Athlete; Richard Ashcroft; Blur; Stereophonics; The Coronas; Travis; Mt. Desolation; Thirteen Senses; Snow Patrol; Brandon Flowers; Maroon 5; The Fray; James Blunt; Starsailor; James Morrison; Dido; Mika; a-ha; Aqualung; The Kooks; Razorlight; The Corrs; Hurts
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