Japanese Breakfast - Psychopomp
Dead Oceans / Cargo
VÖ: 19.08.2016
Unsere Bewertung: 8/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
Woher kommst Du wirklich?
In mancherlei Hinsicht ist Michelle Zauner eben noch unbedarft: Auf der Suche nach einem Namen für ihr Soloprojekt stolpert die Sängerin und Gitarristin der Band Little Big League über zwei appetitliche Wörter: Japanese Breakfast. Dass sie seitdem für eine Japanerin gehalten wird, entbehrt nicht einer gewissen Tragik, ist doch ihre verstorbene koreanische Mutter auf dem Cover abgebildet und in drei Songs verewigt worden – ein denkbar ungünstiger Moment, um sich mit unnötig anstrengenden Herkunfts- und Identitätszweifeln zu plagen.
Doch was ist schon ein günstiger Moment? Wenn sich Zauner durch die Hinterlassenschaft ihrer Mutter wühlt und den Spagat zwischen posthumer Zärtlichkeit und ihrer atheistischen Rationalität bewältigen muss ("In Heaven")? Oder wenn sie in "Rugged country" ihrer Jugend entrissen wird, als ihre Freundin von einem gemeinsamen Freund verprügelt wird? Wenn nach der Tante die Mutter am Krebs verenden muss ("Heft")? Warum stellt sich Liebe dann ein, wenn man eigentlich nur mal verdammt horny ist ("Everybody wants to love you"), und der schnöde Fick, wenn man eigentlich "nur" geliebt werden will ("Triple 7")? Hat man sich das alles nicht irgendwie anders vorgestellt, unschuldiger, klarer? Dass sich solche Fragen unbeantwortet durch die meisten Songs ziehen, obwohl sie in einem Zeitraum von sechs Jahren entstanden sind, spricht für sich.
Sechs Jahre also, in denen Zauner sich als Künstlerin zweifelsohne weiterentwickelt hat. Nach dem Tod ihrer Mutter nahm sie sich Zeit und reicherte eine Handvoll Lo-Fi-Songs, die sie unter unterschiedlichem Namen mit unterschiedlicher Besetzung eingespielt und auf Kassette vertrieben hat, mit melancholischen Reminiszenzen an Shoegaze, Indie-Rock und Synthie-Pop der Neunziger an – eine eigenwillige, undogmatische und fabelhafte Mischung: "Psychopomp" besticht in erster Instanz durch ein verstörend schönes Zusammenspiel aus lieblichen Melodien und ambivalenten Texten für gebrochene Menschen. Auf allen Ebenen offensiv wird Zauner am ehesten noch in "Jane Cum", wenn sie gegen die Wall Of Sound und alle Verlustängste dieser Welt ansingt.
Ansonsten bewahrt sich Michelle Zauner etwas, das vielleicht wirklich im Sinne des titelgebenden Psychopomps steht: eine Urteilsfreiheit, eine vermittelnde Rolle zwischen vermeintlich gegensätzlichen Welten: Leben und Tod, Liebe und Verachtung und den ganzen anderen verkorksten Wendungen, die das Leben so bietet. Dafür, dass dieses fesselnde Album lediglich um die 25 Minuten lang ist, eine durchaus sensationelle Leistung. Dass der Kopf hinter Japanese Breakfast jetzt für eine Japanerin gehalten wird, ist da nur die Tragik am Rande.
Highlights
- In Heaven
- Everybody wants to love you
- Jane Cum
Tracklist
- In Heaven
- The woman that loves you
- Rugged country
- Everybody wants to love you
- Psychopomp
- Jane Cum
- Heft
- Moon on the bath
- Triple 7
Gesamtspielzeit: 25:26 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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saihttam Postings: 2460 Registriert seit 15.06.2013 |
2024-06-07 01:54:36 Uhr
Oh, schön, dass du das Album noch mit Verspätung für dich entdeckt hast. Leider haben mich ihre Alben danach nicht mehr so berührt wie dieses hier. Aber empfehlenswert sind sie trotzdem. Halt deutlich mehr Pop und weniger Shoegaze.Auch empfehlenswert ist die alte Band von Michelle Zauner, Little Big League. Sehr verspielter Indie-Rock mit einigen Einflüssen von Midwestern Emo. Vor Allem das erste Album These Are Good People. ist grandios. |
Ituri Postings: 420 Registriert seit 13.06.2013 |
2024-06-06 14:17:56 Uhr
Japanese breakfast.Obwohl ich Japan immer schon geliebt habe, gefiel mir der Bandname gar nicht. Ich assoziierte ihn auch jahrelang fälschlicherweise mit irgendwas in Richtung Schnusepop. Nun habe ich über Zufall in das Album "Psychopomp" rein gehört und... Ein großer Fehler, diese Band abzutun. Das Album ist herausragend. |
saihttam Postings: 2460 Registriert seit 15.06.2013 |
2016-12-01 14:16:31 Uhr
Immer noch toll! Wird weit vorne landen in meiner Endabrechnung. |
saihttam Postings: 2460 Registriert seit 15.06.2013 |
2016-08-09 13:54:10 Uhr
Oh ja! :DSorry, da du hier nur als User registriert bist und ja anscheinend auch noch nicht so lange dabei bist, hab ich dich nicht gleich erkannt. |
Sohiel Plattentests.de-Mitarbeiter Postings: 160 Registriert seit 01.06.2016 |
2016-08-08 21:51:38 Uhr
Ich bin der Depp, der die Rezension verfasst hat. |
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Referenzen
Asobi Seksu; The Smashing Pumpkins; The Radio Dept.; The Sundays; Sky Ferreira; The Microphones; Mount Eerie; The Pains Of Being Pure At Heart; Wild Nothing; Blonde Redhead; Prefab Sprout; Joy Division; The Joy Formidable; A Sunny Day In Glasgow; Slowdive; Film School; Ringo Deathstarr; White Poppy; Broken Social Scene; Pavement; Yo La Tengo; Grandaddy; Guided By Voices; Yeah Yeah Yeahs; Built To Spill; The Mary Onettes; Cross Record; Long Beard; Mitski; Big Thief; Frankie Cosmos; Mothers; Eerie Wanda
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