Blaney feat. Mark E. Smith - Urban nature
Yerrrr Pro / Cargo
VÖ: 08.07.2016
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
Street Credibility hoch zwei
Wo ist es hin, das Authentische und Glaubwürdige, das manche das Echte im Pop nennen? Es ist rar gesät. Zwar braucht es niemand für richtig gute Musik, aber verleiht es den Worten und Noten mehr Dringlichkeit. Wenn Typen mit der Stimme des mal müden, mal wütenden Barkeepers aus dem Pub nebenan über die britische Unterschicht singen und die ungeschminkte soziale Ungerechtigkeit anprangern, dann ist das besonders. Denn ihre Street Credibility unterscheidet sich von der eines Gangster-Rappers. Sie gaukeln nichts vor, glorifizieren nicht ihre eigene Biographie, sondern sind rau, düster, schmerzerfüllt. Wie eben Ed Blaney.
Aufgewachsen ist Blaney in Salford nahe Manchester, wo die Arbeitslosenquote besonders hoch ist und sich die Häuser ähneln – sie sind alle klein und backsteinfarben. Peter Hook und Bernard Sumner von Joy Divison stammen aus diesem Industrieloch von einer Stadt. Oder Mark E. Smith. Für dessen Underground-Ikonen The Fall fungierte Blaney als Manager, bevor er in der Neubesetzung von 2001 die Gitarre übernahm. Beide veröffentlichten bereits 2008 mit "Smith and Blaney" ein durchwachsenes Album, das allzu verliebt in elektronische Klangspielerei war. "Urban nature" ist der weit bessere Konterpart, auch weil die Platte nicht mehr zu verbergen versucht, dass sie in der Sammlung neben die The-Fall-Diskografie einsortiert gehört. Zwar schrieb Blaney alles selbst und Smiths abgehalfterte Stimme beschränkt sich auf fünf Songs, aber hier herrscht die gleiche Atmosphäre, die schon The Falls "This nation's saving grace" auszeichnete. Und Blaneys tiefes Timbre ähnelt dem des grantelnden Frontmanns zu sehr, um da einen Unterschied zu machen.
Mit "Diamond" gibt es schnelleren, wütenden Garagenrock, in "Thinking of you" dominiert ein Synthesizer, der mit wenigen Noten den New Wave früher Tage huldigt. "Secrets" wird durch Jenny Shuttleworths sanfte Stimme und dezenten Streichern zu einer poppigen Ballade, "The coat" ist eine Spoken-Word-Spielerei über erratisch-psychedelischen E-Gitarrenübungen. Und "Mettle claw p2" klingt wie die zurückgenommene Version von Iggy Pop aus dem Munde von Michael Gira. Smiths und Shuttleworths Stimmen vereinen sich in "Winner", einer psychedelischen Skizze, in der die Binsenweisheit "The winner takes it all" niedergerungen wird – denn niemand glaubt mehr an die Mär des Tellerwäschers, der sich zum Millionär mausert.
Salford erhält mit "Urban nature" eine eigenartige Hommage. Und muss sich damit abfinden, nur eine Szenerie zu bleiben, die ebenso überall stattfindet. Städte sind austauschbar, bei Blaney auch Schicksale und Menschen. Dass es hier etwas sozialkitschig wird, wenn er im Opener den Saulus gibt, der zum Paulus wird, ist zu verschmerzen: "You helped me turn my back on crime / You gave me rhythm and you gave me rhyme and I thank you." Die Liebe führt aus der Kriminalität, die Liebste funktioniert besser als jeder Sozialarbeiter. Das ist nicht neu, klingt aber immerhin durch die Produktion neu. Und da ist es wieder, das Authentische und Glaubwürdige.
Highlights
- Thinking of you
- Time for you to go
- Mettle claw p2
Tracklist
- High on you
- Poison fishes
- Thinking of you
- The coat
- Diamond
- Time for you to go
- Secrets
- Rude all the time
- Mettle claw p2
- Winner
Gesamtspielzeit: 32:43 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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Lichtgestalt User Postings: 6191 Registriert seit 02.07.2013 |
2016-08-02 22:01:41 Uhr
E. Smith finde ich gut! |
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 27656 Registriert seit 08.01.2012 |
2016-08-02 21:37:17 Uhr
Ups, korrigiert. |
Butty |
2016-08-02 21:34:50 Uhr
"Album der Woche".Armin, lieber mal schlafen gehen? ^^ |
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 27656 Registriert seit 08.01.2012 |
2016-08-02 21:33:35 Uhr
Frisch rezensiert. Meinungen? |
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Referenzen
The Fall; The Ex-Members Of The Fall Club; Trigger Happy; Happy Mondays; Social Distortion; Swans; Michael Gira; The Experimental Pop Band; Wire; Iggy Pop; The Stooges; Ikara Colt; Buzzcocks; Talking Heads; Joy Division; New Order; The Cure; Wipers; Sonic Youth; Interpol; The Undertones; The Velvet Underground; Blur; Sleaford Mods; Public Image Limited; Can; Neu!; Liars; !!!; The B-52s; DNA; Pavement; The Birthday Party; Nick Cave & The Bad Seeds; Philip Boa & The Voodooclub; The White Stripes; Girls Against Boys; Pere Ubu; Modest Mouse; Josef K; The Streets; Au Pairs; A Place To Bury Strangers; Art Brut; Babyshambles; Bad Lieutenant; Black Lips; Grinderman; Manic Street Preachers; Naked Lunch; Suuns; The Libertines; The Men; Xiu Xiu
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- Blaney feat. Mark E. Smith - Urban nature (4 Beiträge / Letzter am 02.08.2016 - 22:01 Uhr)