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Bear's Den - Red earth and pouring rain

Bear's Den- Red earth and pouring rain

Communion / Caroline / Universal
VÖ: 22.07.2016

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Flieht, Ihr Narren

Manchmal bleibt nur die Flucht. Gerade wenn solche Geschichten wie auf "Red earth and pouring rain" aufzuarbeiten sind: Der Freund hängt über einem verdammten Glas Napoleon-Brandy und stammelt die immergleichen Sätze vor sich her. Der Großvater kämpft mit Alzheimer um seine Erinnerungen. Die Geister zerbrochener Liebe schwirren überall umher. Und die Tragödien in Form von Folk-Songs auf "Islands" sind in den vergangenen zwei Jahren natürlich auch noch längst nicht abgehakt.

Manchmal setzt man sich dann hinter das Lenkrad und fährt einfach los. Oder man steigt trotz des seltsamen Retro-Designs auf dem Cover in den Wagen von Bear's Den und erlebt, wie sich an jeder Straßenecke eine neue schicksalhafte Stätte aufbaut. Auf dem Asphalt hallen längst vergangene Stimmen wider, Vergangenheit und Gegenwart, Hoffnung und Angst verschmelzen zu einer überbordenden, fantastischen Version unserer Welt, während ein Auto einsam durch die Nacht rollt.

Untermalt von einer düsteren und synthiegetränkten Klangkulisse tauchen aus dem Nichts Orte namens "Greenwoods Bethlehem", "New Jerusalem" oder sogar die sagenumwobene Steinformation "Auld Wives" auf. An der ersten Station stellen sich die besungenen Bäume, die einst jungen Liebenden Zuflucht boten, als ein die ehemaligen Liebhaber verfolgender Fluch heraus. Damit ist die Ausgangslage ähnlich angelegt wie in Springsteens "The river". Während der "Chronist Amerikas" seine überlebensgroßen Helden im Konflikt mit den sie umgebenden Gesellschaftsstrukturen besingt, befindet man sich aber in "Greenwoods Bethlehem" im Kopf ganz gewöhnlicher Figuren. Diese Herangehensweise steht symbolisch für "Red earth and pouring rain", dem Zweitling der Londoner von Bear's Den, nun ohne den ausgestiegenen Joey Haynes.

Bear's Den gelingt es dabei wie kaum einer anderen Band, starke Bilder für emotionale Zustände zu finden, die jedem bekannt sind, und diese durch religiöse Symbole und Mythen mit tiefer Bedeutung aufzuladen. "Though the morning light / Will burn away all the fog the night creates / There'll still be a trace of our love left behind / In the dew upon the vine", heißt es da an einer Stelle, anderswo sehnt sich ein Bruder nach einem "New Jerusalem", wo er seine Schwester noch vor ihren Dämonen beschützen könnte. Inhaltlich verknüpft diese melancholische Sehnsucht und die damit verbundene Suche nach einem Ort, an dem es vielleicht doch besser ist, die zwölf Kleinode.

Da jedoch keine wirkliche Lösung in Sicht ist – "I can't tame my heart / It's like lightning trying to put out a spark" – und selbst die Rebellion gegen das Schicksal – "But I swam across the ocean to find your memory / A trace of all you left behind / And the auld wives swore / That you would die without a child / For to call out your name / But I call your name" – nicht ins große Glück führt, bleibt nur noch die für Bear's Den typische Flucht in die Musik. Auf dieser Ebene haben Andrew Davie und Kevin Jones das auf "Islands" dominante Banjo beinahe komplett gestrichen sowie weitere Folk-Elemente in den Hintergrund treten lassen. Synthies und elektrische Gitarren bestimmen nun das Bild und erschaffen einen atmosphärisch-geschlossenen Sound, der sich durch alle Songs zieht und so für eine unheimlich dichte Stimmung sorgt, die stellenweise von den charakteristischen Harmonien der Briten aufgebrochen wird. Eine bemerkenswerte Weiterentwicklung.

Ob man sich nun in die Bärenhöhle flüchtet oder wie in "Where the wild things are" (woran der Bandname übrigens angelegt ist) sogar auf eine einsame Insel fährt und sich dort mit wilden Kreaturen umgibt, ist natürlich jedem selbst überlassen. Was man aber auf jeden Fall tun sollte, wenn selbst der letzte hoffnungsvolle Bläser aus "Napoleon" ausgeklungen, man aber noch nicht am Ziel angekommen ist: Wieder auf Play drücken und weiterfahren. "What I found in you love / No one can ever take that away / Something forever / In the red earth and the pouring rain."

(Marcel Menne)

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Highlights

  • New Jerusalem
  • Auld Wives

Tracklist

  1. Red earth and pouring rain
  2. Emeralds
  3. Dew on the vine
  4. Roses on a breeze
  5. New Jerusalem
  6. Love can't stand alone
  7. Auld Wives
  8. Greenwoods Bethlehem
  9. Broken parable
  10. Fortress
  11. Gabriel
  12. Napoleon

Gesamtspielzeit: 60:37 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

BadaBing

Postings: 134

Registriert seit 27.06.2013

2020-10-07 09:41:50 Uhr
"Napoleon" ist schon ein überragender Abschluss des Albums.
Editor
2017-04-29 06:54:49 Uhr
Eines der besten Alben der letzten Jahre.
Der Sound ist ein Traum und die Lyrics unlaublich stark.

Gordon Fraser

Postings: 2537

Registriert seit 14.06.2013

2017-01-18 19:15:33 Uhr
etwas wenig abwechslungsreich

Das trifft's ganz gut. Dadurch wirkt die Platte auch noch länger, als sie sowieso schon ist.
B
2017-01-18 18:48:55 Uhr
Ich mochte Islands doch sehr, aber das hier?

Die Synthies und dieses unglaublich furchtbare 80s Schlagzeug? Not my cup of tea. Zumal ich im ersten kompletten Durchhören die Platte auch etwas wenig abwechslungsreich fand.

seno

Postings: 3549

Registriert seit 10.06.2013

2016-12-14 09:24:53 Uhr
Neuer Song

Sehr schön.
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