Margaret Glaspy - Emotions and math
ATO / [PIAS] / Rough Trade
VÖ: 17.06.2016
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
Die Lust, nicht zu streiten
Da streiten zwei. Und es fallen Worte, die lieber nicht fallen sollten. Der ganze Schmodder einer Beziehung kriecht unaufhaltsam hervor. Und weil Margaret Glaspy darauf keine Lust hat, schiebt sie Streitereien lieber auf. Da kann es noch so desaströs aussehen. In "You and I" erklärt sie ihm, zu aufgegeilt zu sein, um zu reden. Sex: ja, dabei aber bitte Ruhe. Gleichzeitig weiß Glaspy, dass das nicht in Ordnung geht. Auf ihrem Debüt "Emotions and math" obduziert sie sich selbst und gesteht viele Fehler ein. Im Denken, Handeln, Erlebten. Sie windet sich in einer schmerzlichen Nabelschau, wird dabei nicht weinerlich, sondern klar, wie es sonst nur bei Elliott Smith oder Joni Mitchell vorkommt.
Als Kind lernte diese Amerikanerin das Geigenspielen. Später nahm sie lieber die Telecaster in die Hände. Eine kantige E-Gitarre prägt nun auch das Album. Auf deren Saiten lässt sich auch weit besser die innere, sich selbst hinterfragende Zerrissenheit niederringen. Glaspys Melodien sind wundersam eindringlich. Songs leiten mit schlichten Folkparts ein, bevor sie abrupt ins Verzerrte schlittern. Dabei singt eine leicht kindliche, leicht schiefe Stimme, die manchmal an den eigenen Worten zerbröckelt. Schlagzeug und Bass begleiten – wenn überhaupt – zurückhaltend. Das pampige "Situation" hat dabei vieles vom Grunge der 90er-Jahre intus und eine Wut im Bauch, die besser verschluckt bleibt. "Memory street" übt sich an einem altmodischen Blues.
Mal setzt die Gitarre ganz aus, mal verklingt sie milde. Glaspy lässt einen leeren Raum, der sich langsam ausdehnt. In diesem bringt sie ihre Spinnereien unter. Sie versetzt sich in den schüttelnden Elternkopf, der auch nur überfordert ist, aus der Heranwachsenden schlau zu werden. Kratzbürstig erinnert "Parental guidance" an die junge Leslie Feist. Irgendwann hat Glaspy aufgegeben, diese Welt, die ihr in den Ohren liegt, verstehen zu wollen. Ob emotional oder rational, das blockiert sich bei ihr gegenseitig. Daher winkt sie allzu behäbig dem zerflossenen "Antony" hinterher, der auch nur zu einer Fußnote in der eigenen Biographie verkommt.
Lange könne sie sich mit gebrochenen Herzen nicht aufhalten, schließt eine markige Glaspy in "Black is blue" ab. Die Hommage an Joni Mitchell wird deutlich. Deren engelhafte Vertonung der kaputten Liebe, die vollkommene, schimmernde Introspektion, war unerreichbarer Leitstern. In "Somebody to anybody" heißt es, dass diese junge Songwriterin für niemanden bestimmt sei, nichts könne. Das ist ganz schrecklich falsch.
Highlights
- Emotions and math
- Somebody to anybody
- Parental guidance
- Black is blue
Tracklist
- Emotions and math
- Situation
- You and I
- Somebody to anybody
- No matter who
- Memory Street
- Pins and needles
- Anthony
- Parental guidance
- You don't want me
- Love like this
- Black is blue
Gesamtspielzeit: 34:29 min.
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Referenzen
Feist; Joni Mitchell; Fiona Apple; Janis Joplin; Sheryl Crow; Elliott Smith; Patti Smith; PJ Harvey; Tegan And Sara; Laura Gibson; Cat Power; Dear Reader; Aoife O'Donovan; Courtney Barnett; Pixies; Aimee Mann; Liz Phair; Lana Del Rey; Laura Marling; Anna Ternheim; Marissa Nadler; Beth Orton; Heather Nova; Joanna Newsom; Waxahatchee; Jolie Holland; Marianne Faithfull; Norah Jones; Bill Callahan; Alabama Shakes; Andrew Bird; Neil Young; Tori Amos; William Fitzsimmons; k.d. lang; Bat For Lashes; Charlotte Gainsbourg; KT Tunstall; Julia Stone; Lykke Li; Sophie Hunger; Dusty Springfield; The Duke Spirit; Sharon Van Etten; Lessie; Margo Price; Francis
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