Flume - Skin
Transgressive / [PIAS] Cooperative / Rough Trade
VÖ: 27.05.2016
Unsere Bewertung: 6/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
Unberührt
Harley Streten weiß ja, wie es sich mit dem zweiten Album verhält. Und im Vergleich zu anderen erfolgsverwöhnten Nachwuchskünstlern jeder Couleur spricht er offen, aber vor allem ohne Versteckspiel über den vertrackten Entstehungsprozess des ach so wegweisenden Nachfolgers. Natürlich gebe es so etwas wie das Zweite-Album-Syndrom. Er beschreibt das als endlosen Kampf mit sich, seinem Künstler-Ich Flume und dessen Kreativität. Immer dann, wenn man versucht, sich eben nicht zu verändern, dann an die Zuschauermassen in Paris und auf dem Lollapalooza denkt und die langsamen Beats schnell in der untersten Schublade versteckt. Wenn der neue Song krachen und zucken muss, aber Flume lieber etwas zurückfahren möchte, aber nicht kann – dann, sagt er, fühle es sich an, als stecke man in einer zweiten Haut, die nicht so recht passen will.
Die Zeiten für Kinderzimmerproduktionen sind eben auch bei ihm für immer vorbei. Mit seinem selbstbetitelten Debüt ist er über Nacht zum Hoffnungsträger des Electronica-Genres avanciert, das in letzter Zeit etwas geschlummert zu haben scheint. "Skin" habe mehr an den Kräften gezehrt, gibt er unumwunden zu. Erst als er mit "Numb and getting colder" drei komplett unterschiedliche Songs vereinte, habe sich das Resultat nach Zukunft, nach seiner Zukunft angefühlt. Dem Hörer macht es dieser epiphanische Moment nicht einfacher. Auch jener Song fährt nicht direkt unter die Haut. Nicht beim zweiten Anlauf, nicht beim dritten. Ein etwas sperriger Zweitling hüpft da über den Plattenspieler. "Skin" braucht Zeit. Nicht nur augrund der expandierenden Länge von einer guten Stunde. Sondern auch, um sich in den etwas lose nebeneinander stehenden Songs zurecht zu finden.
Dank der Soloproduktionen wie "Wall fuck", "Pika", "3" oder "Free" fällt das Warmwerden dann stellenweise doch etwas leichter. Der junge Australier ist dann ganz bei sich, wenn sich "Wall fuck" düster zitternd nach der samtenen Popnummer "Say it" mit den Vocals der Schwedin Tove Lo erhebt. Aus der erst etwas kruden Struktur von "Skin" entwirren sich die wirklich genialen Momente erst nach und nach. Wenn Streten – zweifellos ein Höhepunkt – das schmiedeeiserne Wortgefecht von Vince Staples in "Smoke & retribution" zwischen Instrumentals verpackt und mit Kuckas hauchzarten Stimmchen konterkariert. Zweifellos ein Geniestreich.
Gäbe es nur mehr davon. Die Platte nistet sich auf einem konstant hohen Niveau ein. Aber die Glanzlichter sind spärlich gesät. Trotz Unterstützern, die so im Vorfeld wahrscheinlich niemand auf dem Schirm hatte, bleibt Flume hinter seinen Möglichkeiten, ja, eben hinter sich selbst zurück. Raekwon liefert zusammen mit Allan Kingdom grundauf ehrlichen Rap zu Flumes Sphärenwummern. Auch die Nummer "Take a chance" mit Little Dragon entwickelt Eigenleben zwischen den gewohnt ambitionierten Dream-Pop-Passagen. Und wie unterstützt man AlunaGeorge? Wie der Titel sagt. "Innocence" lässt den Hörer seltsam unberührt. Auch Beck schafft am Ende nicht mehr das ganz große Kunststück, das ein ambitioniertes Album zu einem wegweisenden anwachsen lässt. "Tiny cities" erweist sich als gute Konstante auf einem Zweitwerk, das überraschend wenig über Flumes künftige Entwicklung preis gibt.
Highlights
- Wall fuck
- Smoke & retribution (feat. Vince Staples & Kucka)
Tracklist
- Helix
- Never be like you (feat. Kai)
- Lose it (feat. Vic Mensa)
- Numb & getting colder (feat. Kucka)
- Say it (feat. Tove Lo)
- Wall fuck
- Pika
- Smoke & retribution (feat. Vince Staples & Kucka)
- 3
- When everything was new
- You know (feat. Allan Kingdom & Raekwon)
- Take a chance (feat. Little Dragon)
- Innocence (feat. AlunaGeorge)
- Like water (feat. MNDR)
- Free
- Tiny cities (feat. Beck)
Gesamtspielzeit: 60:34 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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cargo Postings: 718 Registriert seit 07.06.2016 |
2016-06-29 22:00:08 Uhr
Kommt mir hier zu schlecht weg. Wer hat denn dieses Jahr bitteschön schon solche Hits wie "Never Be Like You" oder "Say It" veröffentlicht? Ich bin auch nicht der Meinung, dass die eigenen Nummern die Stärken von Flume am besten repräsentieren. Die wirken für mich eher wie Füllmaterial. Die große Kunst ist es vielmehr all den Features den richtigen Song parat zu stellen und das kann Flume momentan wie kaum ein anderer Produzent. |
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 27707 Registriert seit 08.01.2012 |
2016-06-29 20:28:15 Uhr
Frisch rezensiert.Meinungen? |
OuterHeaven |
2016-06-08 11:33:25 Uhr
Numb and getting colder ist hervorzuheben. |
Cosmig Egg Postings: 766 Registriert seit 13.06.2013 |
2016-06-04 21:33:25 Uhr
wirklich etwas zu R`n`B- lastig. Aber dennoch ein großartiges Album geworden. Auftritt auf dem Maifeld Derby war auch super. Leider wieder total untergegangen auf PT. |
vinifera_unangemeldet |
2016-06-01 13:36:04 Uhr
Finds nach dem ersten Hören auch sehr gut und abwechslungsreich. Ein bisschen zu R'n'B-lastig (oder wie auch immer man das nennen mag) für meinen Geschmack, aber die Songs sind schon sehr catchy |
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Referenzen
XXYYXX; Ta-Ku; Kygo; Jamie xx; Flight Facilities; Anderson Paak; Gold Panda; Hudson Mohawke; Purity Ring; Caribou; Daphni; Bonobo; Duke Dumont; Diamond Message; Flying Lotus; Seekae; SBTRKT; Shlohmo; SG Lewis; Diplo; Ghost Loft; Tycho; TNGHT; Jai Paul; Dream Koala; RJD2; Little People; The Weeknd; Letherette; Mark Pritchard; Mount Kimbie; Henry Krinkle; Jon Hopkins; Four Tet; Darkside
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