Listen




Banner, 120 x 600, mit Claim


Duesenjaeger - Treibsand

Duesenjaeger- Treibsand

Grabeland Schallfolien / My Ruin
VÖ: 30.06.2016

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Mollig drauf

Duesenjaeger sind alte Hasen in der Deutschpunk-Szene. Der Vierer aus dem Nordwesten treibt sein Unwesen nun schon über 15 Jahre. Fast zehn solche sind seit "Schimmern" schon wieder vergangen. Weiterhin musiziert man unterhalb des Radars auf eigenem Label, fernab von üblichen Gepflogenheiten der Musik-Promotion. Duesenjaeger könnten das ändern. Gerade jetzt, wo Deutschpunk beinahe salonfähig scheint, wo Weggefährten wie Turbostaat oder Captain Planet mit ihren LPs kürzlich gar Chart-Erfolge feierten, würde die fünfte Duesenjager-Platte "Treibsand" im medial günstigen Fahrtwind durchaus eine passable Figur abgeben. Möchten Duesenjaeger nicht. Sie verkaufen auch keine CDs bei Amazon, weil kein einziger Silberling gepresst wird – "Treibsand" gibt es nur auf Vinyl, als MC und als Download über die Plattform Bandcamp. Und diese Rezension? Braucht die Band sicherlich auch nicht. Sorry, Duesenjaeger, diesen Gefallen tut Euch Plattentests.de leider nicht.

Irgendwer muss das ja mal angehen, die Chose mit der Aufmerksamkeit. Denn die wäre zweifelsohne verdient, auch abseits der einschlägigen Punker-Kreise. Räudig, schmutzig, spartanisch, drahtig, düster – was Duesenjaeger seit jeher und nunmehr auch auf "Treibsand" darbieten, ist emotional, ohne klassisch Emo zu sein, klingt apathisch und gleichzeitig bewegend: Punkrock in E-Moll, wenn man so will. "Wozu noch geben / Wenn alles abgehört und in den Mund gelegt? / Wozu das alles? / Irgendwo klingelt die Kasse / Bestimmt nicht bei Dir", holt "Woanders mit Dav" gleich zum Auftakt die hoffnungsfroh Party-Ballons vom Himmel. Auch die übrigen Songs lassen das Konfetti stecken, denn Vieles dreht sich vor allem um Ohnmacht und Aussichtslosigkeit Einzelner in der schnelllebigen, oberflächlichen Gesellschaft, in einem für viele perspektivlosen System. "Rastlos und kalt" darf hier als Pars pro toto herhalten, und auch der "Jauchetaucher" sehnt sich nach klaren Aussichten, die jedoch irgendwo hinter einem trüben Dickicht an Hindernissen verbaut sind und so fast unerreichbar scheinen.

Stagnation und Alltagstristesse werden im Hause Duesenjaeger nicht nur zelebriert, sondern auch treffend analysiert – mit vergleichsweise simplen, aber effektiven Mitteln: In "Wie lange noch", einem klassischer Midtempo-Punker, verfällt die Bridge unter wirrem Geschwafel verschiedener Stimmen in bloße Orientierungslosigkeit. Sicher ist nur: "Es ist fünf nach zwölf." Ein Schelm, der da an so manche politische Debatte der jüngeren Vergangenheit denkt. "Horde" und "Kehren vor den Bekehrten" zollen nicht minder lautstark aktuellen national-konservativen Entwicklungen Tribut und stellen rechten Populismus als Mob aus längst überwundenen Zeiten bloß, der sich die falschen Feindbilder sucht – es tritt sich eben leichter nach unten aus. All das sitzt "Tief" und man traut sich derzeit kaum noch, in die angeblich so sozialen Netzwerke zu blicken. "Grabeland", der Popsong der Platte, sticht thematisch hervor, weil er sich die Entwicklungen auf dem zerrütteten Feld der Zweisamkeit vorknöpft und dabei etliche emotionale Narben zählt. In letztere legt "Treibsand" den Finger, versammelt zehn ernste und ernstzunehmende Songs, für die es keine hübschen Fleißkärtchen geben wird und für die einen üblicherweise keiner mal schnell in den Arm nimmt. Wir erbarmen uns und halten es frei nach Pascow: "Danke, Duesenjaeger!"

(Eric Meyer)

Bei Amazon bestellen / Preis prüfen für CD, Vinyl und Download
Bei JPC bestellen / Preis prüfen für CD und Vinyl

Bestellen bei Amazon / JPC

Highlights

  • Woanders mit Dav
  • Wie lange noch
  • Grabeland
  • Tief

Tracklist

  1. Woanders mit Dav
  2. Jauchetaucher
  3. Wie lange noch
  4. Kehren vor den Bekehrten
  5. Horde
  6. Grabeland
  7. Rastlos und kalt
  8. Kreislauf
  9. Sintflut
  10. Tief

Gesamtspielzeit: 31:13 min.

Album/Rezension im Forum kommentieren (auch ohne Anmeldung möglich)

Einmal am Tag per Mail benachrichtigt werden über neue Beiträge in diesem Thread

Um Nachrichten zu posten, musst Du Dich hier einloggen.

Du bist noch nicht registriert? Das kannst Du hier schnell erledigen. Oder noch einfacher:

Du kannst auch hier eine Nachricht erfassen und erhältst dann in einem weiteren Schritt direkt die Möglichkeit, Dich zu registrieren.
Benutzername:
Deine Nachricht:
Forums-Thread ausklappen
(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

VelvetCell

Postings: 6453

Registriert seit 14.06.2013

2021-04-06 19:50:29 Uhr
Rotiert hier gerade. Tolles Album: Gute Songs, treibender Punkrock-Sound, die richtige Attitüde und ziemlich gute Texte, die vieles offen lassen und doch alles sagen.

Muss da unbedingt mal auf ein Konzert.
Ach, Konzerte ...

Autotomate

Postings: 6174

Registriert seit 25.10.2014

2016-07-01 17:36:13 Uhr
Gutes Album, war nicht anders zu erwarten. Nette Rezi.
KapitänHuuk
2016-06-30 14:21:03 Uhr
Klar kann ich so tun als obs die Wahrheit wäre das habe ich irgendwo gelesen oder im Fernsehen gesehen .. und ich finde den Kram den ich erzähle hört sich doch auch gut an!
Sau gut
2016-06-30 12:31:00 Uhr
Besonders das Lied Horde

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 26212

Registriert seit 08.01.2012

2016-06-29 20:27:15 Uhr
Frisch rezensiert.

Meinungen?
Zum kompletten Thread

Hinterlasse uns eine Nachricht, warum Du diesen Post melden möchtest.

Bestellen bei Amazon

Weitere Rezensionen im Plattentests.de-Archiv

Threads im Plattentests.de-Forum

Anhören bei Spotify