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Bat For Lashes - The bride

Bat For Lashes- The bride

Parlophone / Warner
VÖ: 01.07.2016

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Die Glocken nie klingen

Die Hochzeitseinladungskarte hat Natasha Khan im Video zu "I do" ausgelegt. "Save the date, 1st July 2016." Machen wir doch selbstredend, wenn die als Bat For Lashes bekannte Britin ruft. Das war irgendwann im Frühjahr 2016. Inzwischen wissen wir, dass Datum und Song gleich mehrerlei Bedeutung haben: der erste Juli als Termin einer fiktiven Hochzeit und gleichsam Veröffentlichungstag von Khans viertem Studioalbum "The bride" über jene geplante Vermählung. Und mit "I do" – angelehnt an ihren gleichnamigen Film – leitet die 36-Jährige nicht nur das Album ein, sie serviert in den zwei Minuten aus zerbrechlichem Porzellan auch die Basis dieses Konzeptalbums. Jede Geschichte braucht ihren Anfang. Hier ist es der Vortag der Hochzeit: "Tomorrow you'll ask me, if I do", säuselt Khan, während spieluhrähnliche Klänge ertönen. Aber so, wie sie es singt, schimmert nebst der märchenhaften Anmutung das Wimmern des Unheilvollen mit.

Man erwartet bei Bat For Lashes auch kein fröhliches Tralala-Statement zu Tortenguss, Brautstrauß und kirchlichem Gelübde. Khan greift für "The bride" wieder einmal auf ein selbst kreiertes Figurenkabinett zurück. Darunter Joe, der Bräutigam, der im Vorfeld der Hochzeit sehr schlecht träumt, während musikalisch "Twin peaks" auf Goldfrapps jüngstes Werk "Tales of us" trifft. "He saw angels at his bedroom door and dead body on a checkered floor / ... / What does it mean, the bad things that I've seen?" Es bedeutet, dass Joe nicht zur Hochzeit erscheinen wird. Die künftige Angetraute wartet zwar "In God's house", bleibt mit den introspektiven wie einnehmenden Synthies aber alleine am Altar. Joe stirbt bei einem Unfall und als Khan "Fire" japst, wird klar: Diese Braut traut sich tatsächlich nicht. "I'll always be the girl that was denied."

Natürlich ist das Sujet der Hochzeit, dem vermeintlich glücklichsten Tag des Lebens, als Tragödie kein neues. Aber Bat For Lashes findet genug Anker, das ausdrucksstark auf ein Album zu strecken. Weinerliche Details weichen nachvollziehbaren Gedankenspielen, wenngleich die alleinige Begehung der Flitterwochen eine Selbstkasteiung erster Güte gleichkommt. Man stelle sich das Übermittelte mal vor: Die Braut düst alleine im Wagen und mit einer Hand auf dem leeren Sitz orientierungslos durch die zerfahrene Dream-Pop-Landschaft. Der tragikomische Road-Trip "Honeymooning alone" – eingeleitet mit Unfallgeräuschen – dürfte Quentin Tarantinos Mundwinkel zucken lassen. "Widow's peak" gibt sich als gänzlich anderer Trip. Gekleidet als inszenierte Lyrik, respektive Spoken-Word-Hörspiel, wandelt Khans Figur im Traum unter zerberstenden, pinken Sternen auf einem Pfad, den Nick Cave sicherlich im Handumdrehen zu entmystifizieren wüsste. Nicht zuletzt, weil kurz darauf sein "Jubilee street" im Gitarrenspiel von "Land's end" zumindest dezent anklingt.

"The bride" konserviert keine Sammlung an Pop-Hooks, auch wenn "Close encounters" eine ergreifende wie exzellente Ballade stellt, "Sunday love" immerhin einen Beat im klassischen Sinne und die Stoik der wenig überraschenden Erkenntnis "I will love again" verführerisch um Duettpartner Simon Felice (The Felice Brothers) und eine Echogitarre buhlt. Der Kern ist aber die Geschichte und so steht auch die thematische Geschlossenheit über der musikalischen. Schwarz angemalt sind alle Songs. Ob sie das verkörpern in synthetischen Molltönen, gedämpften Kirchenglocken oder den durchgehend extrahierten Basslinien und Gitarrenklängen, wie man sie auch von The xx und Lana Del Rey kennt, ist sekundär. Nur geht in der überwiegend minimalistisch arrangierten Tragödie aus Art-Dream-Pop die Empathie von Zeit zu Zeit verloren. Vielleicht auch, weil Bat For Lashes, liest man zwischen den Zeilen, die Einsamkeit mit etwas Abstand nicht verteufelt. Hinter dem "Circle of grief" verbirgt sich eben auch nur der "Circle of life".

(Stephan Müller)

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Highlights

  • I do
  • In God's house
  • Close encounters
  • I will love again

Tracklist

  1. I do
  2. Joe's dream
  3. In God's house
  4. Honeymooning alone
  5. Sunday love
  6. Never forgive the angels
  7. Close encounters
  8. Widow's peak
  9. Land's end
  10. If I knew
  11. I will love again
  12. In your bed

Gesamtspielzeit: 48:02 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag
quasinebenbei
2016-08-12 18:02:08 Uhr
Läuft bei mir wider Erwarten 'rauf und 'runter.

Starkes Trio im Auftakt. Ohrwürmer im Mittelteil und ein zum Weinen schöner Ausklang.

Gehört für mich zum Wichtigsten des Jahres.
crispin1
2016-07-12 12:17:09 Uhr
"Joe's Dream" fehlt mir persönlich auch bei den Highlights. Erinnert zwar mehr als nur ein bisschen an "Laura", ist aber dennoch ein bockstarker Song.

cargo

Postings: 616

Registriert seit 07.06.2016

2016-06-29 21:51:30 Uhr
Schönes Album ist es geworden, auch wenn es mir streckenweise etwas zu "ruhig" daherkommt. Bei den Highlights fehlt natürlich mit "Honeymooning alone" der beste Song der Platte ;)

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 24630

Registriert seit 08.01.2012

2016-06-29 20:26:17 Uhr
Frisch rezensiert.

Meinungen?


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User und Moderator

Postings: 1926

Registriert seit 15.05.2013

2016-06-23 17:22:43 Uhr
Jetzt im Stream: http://www.npr.org/2016/06/23/483110049/first-listen-bat-for-lashes-the-bride
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