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Oracles - Bedroom eyes

Oracles- Bedroom eyes

This Charming Man / Cargo
VÖ: 27.05.2016

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 8/10

Traumfänger

Eine Konstruktion aus Holzperlen, Lederriemen und Federn kann aufgrund seiner Bestandteile zu kaum mehr als Kitsch taugen. Wohl auch deshalb findet man indianische Traumfänger nur selten außerhalb von Jugendzimmern, deren Bewohner den Übergang von esoterischer Pubertätsphase zum Auszug aus dem elterlichen Heim noch nicht gemeistert haben. Dabei ist die Vorstellung, dass ein Traumfänger schlechte Träume filtert und der Morgensonne zum Fraß vorwirft, im Grunde überaus poetisch. Auch Oracles haben ein sehr gutes Maß angelegt und die bösen Träume und schlechten Ideen konsequent aussortiert. Übrig bleibt ein sonnendurchflutetes, psychedelisches und flirtendes Debütalbum: "Bedroom eyes".

So sind die 50 Minuten der fünfköpfigen Berlin/Köln-Verbindung deutlich fokussierter als die schon erfolgreich vorangestellte EP "Stanford torus", und das, obwohl nun deutlich ausuferndere Passagen zu finden sind. Schon "Lacerate slowly" nimmt sich eine Handvoll Minuten Zeit, um das Unterbewusstsein des Hörers anzusprechen und auf das Folgende vorzubereiten. Was kommt, ist eine gekonnte Zusammenstellung aus zarten Akustikgitarren, verträumten Chören und okkultem Utopismus, die Oracles zu einer (klang)ästhetischen Zwischenwelt zusammensetzen, welche sie sich brüder- und schwesterlich mit Fenster teilen.

Überhaupt sind das Zusammenkommen und Zusammenfügen große Themen auf "Bedroom eyes": Von "We're all incomplete" in "Amoeba" sollte man sich nicht in die Irre führen lassen. In einer Sphäre, in der sich Planeten mühelos und butterweich verschieben lassen, ist das passende Puzzlestück jederzeit nur einen Griff zum Kaleidoskop entfernt. Klack. Rot zu Grün. Klack. Grün zu Gelb. Auch deshalb ist "Stunted" mit seinem verschleppten Beat wohl so verführerisch und sinnlich geraten. Und auch "Chardonnay" klingt nicht weniger lustvoll, wenn es die Synthies die Tonleitern nach oben schickt. Gut, dass wenigstens eine leichte Brise zur Abkühlung durch "Agharta" zieht. Ein wenig lüftet sie auch den Schleier, der permanent über dem Schlafzimmergesang der wechselnden Stimmen liegt, und die zweite Albumhälfte gibt so auch auf das erste Hören etwas mehr vom Text preis. Es sollte aber auch rein gar nichts den fulminanten Eindruck von "Cries & whispers" verstellen. Während die Synthieflächen ihre Arme zu Beginn noch weit öffnen, überwirft sich das Abschlussstück schließlich in einer Wolke aus Rauschen und Kratzen, bis sich die letzten Töne komplett auflösen und nur ein einsames Schnurren bleibt.

Unvorbereitet trifft einen das dann schon nicht mehr, auch in "Thoughts of love on the verge of sleep" rasselt und rattert es schon als Beiwerk. Es ist der erste Track, in dem das Schlagzeug die Lokomotive gibt und den willentlich lethargischen Trott durchbricht. Auch "Amphibian rule" hebt sich in Sachen Tempo und Dynamik deutlich vom Rest der Platte ab. Damit erinnern beide Stücke nicht nur am meisten an die "Stanford torus"-EP, sondern obendrein gut platziert daran, dass es ohne einen wachen Geist den Kontrast zum Traum nicht geben kann. Die Guten also wirklich ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen. Bei der Songauswahl auf "Bedroom eyes" machen Oracles von A bis O alles richtig. In ihrer nativen Mischung aus Psychedelia und Krautrock lassen sich allerlei Feinheiten entdecken, die einen mehr als gut über den nächsten oder gleich mehrere Sommer bringen.

(Andreas Menzel)

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Highlights

  • Constellations
  • Stunted
  • Thoughts of love on the verge of sleep
  • Cries & whispers

Tracklist

  1. Lacerate slowly
  2. Constellations
  3. The lethargy of many
  4. Stunted
  5. Thoughts of love on the verge of sleep
  6. That was I
  7. Returning never
  8. Agharta
  9. Chardonnay
  10. Amphibian rule
  11. Amoeba
  12. Cries & whispers

Gesamtspielzeit: 50:19 min.

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User Beitrag

Armin

Plattentests.de-Chef

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Registriert seit 08.01.2012

2016-06-23 21:06:45 Uhr
Frisch rezensiert.

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