Moby - Music from Porcelain

Embassy Of Music / Warner
VÖ: 03.06.2016
Unsere Bewertung: 6/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10

Tied to the 90s
Sex, Drogen und Exzesse sind nicht unbedingt Dinge, die man mit Richard Melville Hall alias Moby in Verbindung bringt. Doch der heute vegan und enthaltsam lebende US-Musiker hatte nach seinen ersten Erfolgen Anfang der Neunzigerjahre auch eine wilde Phase, in der er vor seiner Läuterung die Clubs von New York unsicher machte und keinen Rausch ausließ. Dieser prägende Lebensabschnitt wird in seiner Biographie "Porcelain" ausgiebig beschrieben – den passenden Soundtrack dazu liefert die begleitende Compilation "Music from Porcelain". Eine Hälfte zeichnet Mobys eigenes Schaffen von 1990 bis 1999 chronologisch nach, der zweite Part zollt hingegen seinen musikalischen Einflüssen Tribut, welche im Buch auch ihre entsprechende Rolle finden.
Dabei stellt die erste CD eine deutlich interessantere Auswahl dar als das 2006 erschienene "Go - The very best of Moby". Schließlich umfasst jene zusätzlich nur die eher unspannenden Alben "18" und "Hotel" – somit ist auf "Music from Porcelain" mehr Platz für einen tieferen Blick ins lohnendere Frühwerk. Präsent sind natürlich auch hier die wichtigen Erfolge des Jahrzehnts. Neben dem Karrierestarter "Go!" von 1991 mit der prominenten Verarbeitung in "Laura Palmer's theme" aus "Twin Peaks" ist zum Beispiel "Feeling so real" an Bord, welches allerdings mit seiner starken Verbindung zum Eurodance ziemlich altbacken aus der Wäsche schaut. Selbstverständlich gibt es zum Abschluss der Dekadenschau ganze fünf Singles aus dem Megaseller "Play" – alle solide bis sehr gut, jedoch schon sattsam bekannt.
Der zusätzliche Platz wird gut genutzt: Neben seiner allerersten, noch recht erfolglosen Single "Mobility" sind eher unbekanntere Tracks wie "Ah ah" vom selbstbetitelten Debüt oder das ausladende "God moving over the face of the waters" von "Everything is wrong" dabei. Überraschend gut weg kommt "Animal rights", sein viel geschmähter Ausflug in den Alternative Rock. Das Mission-Of-Burma-Cover "That's when I reach for my revolver", welches auf der letzten Best-Of noch fehlte, überzeugt mit seiner Hook voll und ganz. Und was weitere Highlights angeht: Die frühe B-Seite "Thousand" ist vornehmlich für ihre Steigerung in ein Tempo von – richtig – satten 1000 BPM bekannt. Was jedoch zu wenig gewürdigt wird, ist vor allem die düstere, abseitige Paranoia, welche das Stück verbreitet und es so zum einem echten Unikat in Mobys Katalog macht.
Auf der zweiten Scheibe liegt der Fokus auf House-Tracks und Old-School-HipHop. Vor allem in der ersten Kategorie ist herauszuhören, wie prägend die Songs für Moby waren. Razes "Break 4 luv" könnte mit einem leichten Update sogar glatt von Hot Chip stammen, die Soundelemente sind zumindest fast die gleichen. A Tribe Called Quest und Big Daddy Kane zeigen mit ihren Rap-Klassikern, dass schon damals ein guter Flow wichtig war, welchen beispielsweise die Jungle Bros in "I'll house U" mit antiquierten Lines vermissen lassen. In genau diesem Track trifft man auch auf das "Oh yeah"-Sample wieder, welches bereits in Mobys eigenem "Thousand" zu hören war. Auch Dream Frequencys "Feel so real" scheint mehr als nur ein Händchen in der Entstehung von "Feeling so real" gehabt zu haben.
"Music from Porcelain" ist eine äußerst unterhaltsame Zeitreise, wenngleich sowohl die Zusammenstellung der Moby-Songs als auch der Mix seiner Einflüsse Kohärenz vermissen lassen. Richard Melville Hall wollte sich eben selbst nie auf einen Sound festlegen, die zweite Hälfte schwankt dagegen eher wahllos zwischen den Genres hin und her. Und natürlich klingt einiges heutzutage doch recht angestaubt – schließlich haben sich sowohl Rapper und Beats als auch die Möglichkeiten der elektronischen Musik über die Jahre weiterentwickelt. Für einen Nostalgie-Trip in das New York der Neunziger aus Sicht eines durchaus prägenden und gemeinhin unterschätzten Künstlers taugt diese Zusammenstellung aber voll und ganz.
Highlights
- Go! (Woodtick mix)
- Thousand
- That's when I reach for my revolver
- Porcelain
- Scenario (A Tribe Called Quest)
- Follow me (Aly-Us)
- Raw (Big Daddy Kane)
- Plastic dreams (Jay Dee)
Tracklist
- CD 1
- Mobility
- Go! (Woodtick mix)
- Ah ah
- Next is the E
- Rock the house
- Thousand
- Feeling so real
- God moving over the face of the waters
- Come on baby
- That's when I reach for my revolver
- Honey
- Natural blues
- Bodyrock
- Why does my heart feel so bad?
- Porcelain
- CD 2
- Break 4 luv (Raze)
- Pacific state (808 State)
- Scenario (A Tribe Called Quest)
- Definition of a track (Precious)
- I'll house U (Jungle Bros)
- Top billin' (Audio 2)
- Follow me (Aly-Us)
- Raw (Big Daddy Kane)
- Pause (Run DMC)
- Energy flash (Joey Beltram)
- Anasthesia (Out of history mix) (t.99)
- Feel so real (Dream Frequency)
- Plastic dreams (Jay Dee)
- Set it off (Strafe)
Gesamtspielzeit: 140:57 min.
Album/Rezension im Forum kommentieren (auch ohne Anmeldung möglich)
Teile uns Deine E-Mail-Adresse mit, damit wir Dich über neue Posts in diesem Thread benachrichtigen können.
(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
---|---|
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 27940 Registriert seit 08.01.2012 |
2016-06-23 21:06:19 Uhr
Frisch rezensiert. Meinungen? |
Hinterlasse uns eine Nachricht, warum Du diesen Post melden möchtest.
Referenzen
Goldfrapp; Röyksopp; Air; Imogen Heap; Róisín Murphy; Hooverphonic; Zero 7; William Orbit; M83; Sébastien Tellier; Rob Dougan; Chicane; Deep Dish; Groove Armada; Massive Attack; Pet Shop Boys; Cold Specks; Miike Snow; Brian Eno; De Phazz; Kosheen; Trentemøller; Inyang Bassey; Faithless; Enigma; Delerium; Arms And Sleepers; Broken Bells; Thievery Corporation; Coldcut; Basement Jaxx; The Chemical Brothers; Raze; 808 State; A Tribe Called Quest; Precious; Jungle Bros; Audio 2; Aly-Us; Big Daddy Kane; Run DMC; Joey Beltram; t.99; Dream Frequency; Jay Dee; Strafe
Bestellen bei Amazon
Weitere Rezensionen im Plattentests.de-Archiv








