Jake Bugg - On my one
EMI / Universal
VÖ: 17.06.2016
Unsere Bewertung: 4/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
Der Spielverderber
Wer schon einmal allein nachts um die Häuser gezogen ist, weiß ja, wie das ist. Der Abend kann das werden, was ambitionierteste Independent-Streifen auf die Leinwand bringen. Ein skurriler Traum, der verrückteste Abenteuerspielplatz aller Zeiten. Die Menschen: jeder auf seine Art spannend. Man atmet ein und die Welt strömt pulsierend durch die Lungenflügel. Dann gibt es aber aber auch die anderen Abende. Man selbst schüchtern, die anderen Schattengestalten besoffen oder langweilig. Jedenfalls so, dass man einfach nicht mit auch nur einem Menschen das gleiche Level erreicht. Man geht in die Kneipe und es ist so stickig wie im britischen Kohlerevier weit vor der Ära Thatcher. Man verlässt sie wieder und es regnet. Wenn Jake Buggs neuster Streich mit einer Version zu vergleichen ist, dann zwangsweise mit einem solchen Katastrophenabend.
Die Vorlage für den Vergleich hat der Engländer selbst geliefert. "On my one" soll im besten Nottingham-Slang wieder genau an den Punkt zurückführen, wo das Leben des 22-Jährigen plötzlich an Aufmerksamkeit gewann. Ein Junge und seine Gitarre. Ganz auf sich allein gestellt, als sein eigener Produzent, ohne Songschreiber und Kollaborationen. Und trotz gigantischer Shows auf noch größenwahnsinnigeren Festivals irgendwie einsam. Er wäre nicht der erste, der durch Rückbesinnung und Demut Kreativität und Energie tankt. Doch irgendetwas ist schiefgelaufen. Auf "On my one" hat sich Bugg auf alles andere als auf sich selbst konzentriert. Und so kommt am Ende eine Platte heraus, die kaum zerfahrener und nichtssagender sein könnte.
Was den Jungen einst ausgezeichnet hat, diese Leichtlebigkeit in seinen unprätentiösen Songs, ging dem Neuzwanziger quasi gänzlich verloren. Er gräbt sich durch Genres, in denen er alles andere als zu Hause ist und geht letztlich darin verloren. "Gimme the love" ist der bis in den letzten Akkord zerschossene Versuch eines im Dreieck springenden Indie-Rock-Hits. Alles zuviel, nur zu wenig er selbst. Da hilft es nicht einmal, sich wie im Opener "On my one" Einsamkeit einzureden. "Three years on the road / 400 shows / Where do I go home? / No place to go / Where do I belong? / Oh, I'm so lonesome on my one" – man mag es kaum glauben und kann es auch nicht. Doch nicht genug damit, dass die Texte ohne Umwege in Skripte für Reality-TV-Shows hergenommen werden könnten.
Bugg unternimmt auch ziellose Streifzüge durch Americana wie in "Put out the fire" oder abtörnenden Soul in "Never wanna dance", und zu allem Überfluss hat er sich auch noch von einem Treffen mit Beastie Boy Mike D inspirieren lassen. Und der Gipfel der Peinlichkeit ist erreicht, wenn er als Jake B in "Ain't no rhyme" versucht, Reime zu kicken wie sein Vorbild: "Keep up, keep up and listen slow / Trying to picture this but still nobody knows." Yo. Die beiden unbeseelten Balladen "Love, hope and misery" und "All that" brechen dem Selbstfindungstrip endgültig das Genick. Nur dann, wenn Bugg zu seinem vereinfachten Bob-Dylan-Folk zurückkehrt wie im Eingangssong, öffnet er wieder einen Spalt die Tür zu dem Jungspund, der vor vier Jahren als Lazarus eines totgeglaubten, klassischen Rocksounds gefeiert wurde. Mit Reibeisenstimme und einem gesunden Maß an Allüren, dank dem er mit nur einen Song die misslungensten Nächte retten konnte. Doch im Moment ist er wohl eher der Spielverderber des Abends.
Highlights
- On my one
- Bitter salt
Tracklist
- On my one
- Gimme the love
- Love, hope and misery
- The love we're hoping for
- Put out the fire
- Never wanna dance
- Bitter salt
- Ain't no rhyme
- Livin' up country
- All that
- Hold on you
Gesamtspielzeit: 33:10 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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Helle Diefenbach |
2017-04-13 20:44:21 Uhr
Auch ich war vor wenigen Jahren angetan von der Leichtigkeit und der Power von Jake Bugg, wie er seine Konzerte auf der Bühne dem Publikum präsentierte. Bislang überzeugt mich die "On My One" noch nicht. Vielleicht reicht ein mal hören nicht. Eine kleine Kritik: Jake Bugg hat vieles - aber sicher keine Reibeisenstimme, wie oben beschrieben! Genau die fehlt dem Album... |
jule |
2016-06-29 12:49:19 Uhr
Läuft hier völlig unter Wert. Warum nur soll der Junge sich nicht verändern dürfen. Gerade der Souleinschlag steht ihm vorzüglich. |
Mister X Postings: 3401 Registriert seit 30.10.2013 |
2016-06-24 21:22:55 Uhr
den gibts noch ? das debut fand ich toll und das zweite gut. aber das interesse an ihm ist vorbei. war auch som hype |
MM13 Postings: 2354 Registriert seit 13.06.2013 |
2016-06-24 15:58:35 Uhr
die rezi fällt zu schlecht aus,es stimmt seine stärken sind im bluesrock wie bei on by one und put out the fire,trotzdem finde ich die abwechslung auf dem album richtig gut.gerade das hier verschmähte aint no rhyme,oder the love we`re hoping for gefallen mir sehr gut. 7/10 |
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 26212 Registriert seit 08.01.2012 |
2016-06-23 21:03:36 Uhr
Frisch rezensiert. Meinungen? |
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Referenzen
The Tallest Man On Earth; Miles Kane; Alex Turner; George Ezra; The Last Shadow Puppets; Arctic Monkeys; Catfish And The Bottlemen; The Vaccines; Foster The People; Jamie T; The Strokes; Beady Eye; Noel Gallagher's High Flying Birds; Oasis; Bob Dylan; James Vincent McMorrow; Eugene McGuinness; The Fratellis; Ed Sheeran; Two Door Cinema Club; Ben Howard; The Libertines; Babyshambles; Peter Doherty; Kodaline; Noah And The Whale; King Charles; The Courteneers; Admiral Fallow; Dylan LeBlanc; Dry The River; Paul Weller; Erland & The Carnival; Mumford & Sons; Of Monsters And Men; Bombay Bicycle Club; The Lumineers; The Mountain Goats; Johnny Flynn; Vance Joy; The 1975; Kaiser Chiefs; The Maccabees; The Stone Roses; Buddy Holly; Donovan; Johnny Cash; Woody Guthrie
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