Pulp - Hits
Island / Universal
VÖ: 02.12.2002
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10
Pulp fiction
Nach über 20 Jahren Bandgeschichte erscheint es durchaus legitim, daß nun auch Pulp eine Best Of-CD auf den Markt werfen. Hinter dem schlicht "Hits" betitelten Platte steckt aber mehr als nur die musikalische Werkschau des Sextetts um den charismatischen Jarvis Cocker. Schließlich gehörten auch Pulp genauso wie Suede oder Blur zu den Bands, die einen Welle losgetreten haben, deren Auswirkungen auch heute noch durch die Landschaft irren. "Hits" - ein Britpop-Geschichtskurs für Neulinge und Historiker.
Nüchtern betrachtet wirkt die Ausstattung allerdings ziemlich mager. Gerade mal einen neuen Song ("Last day of the miners strike") bescheren Pulp ihren Fans zum Weihnachtsfest. B-Seiten oder Raritäten: Fehlanzeige. Der Inhalt hält also, was der Titel verspricht. So wird die Frühphase, in der sich Cocker & Co. mit griffigen Popsongs einen Namen machten, gerade mal mit vier Tracks gewürdigt - deren Auswahl aber ist über alle Zweifel erhaben. Ohrwürmer wie "Babies" oder das grandiose "Razzmatazz" klingen heute noch frischer als so manches, was gegenwärtig auf der Insel fabriziert wird. Schon damals gab Cocker den sympathisch-arroganten Loser, der mit viel Pathos und unverkennbarer Stimme schlüpfrige Geschichten erzählt.
Das Herzstück von "Hits" bilden natürlich die Singles der Hochphase Mitte der Neuziger, als der Longplayer "Different class" von 0 auf 1 in die UK-Charts schoß, Songs wie "Common people" und "Disco 2000" überall rauf- und runtergespielt wurden und die Band endlich auch kommerziell groß abräumen konnte. Dies war die Zeit, in der Pulp auf der Insel zu Superstars wurden und Cocker als skandalumwittertes Sexsymbol in der Medienlandschaft ommnipräsent erschien. Der Abschied vom heiteren Popstar-Leben kam dann 1998, als mit "This is Hardcore" erschien. Filigran gestrickte Nummern umrahmen einen fragilen Jarvis Cocker, der sich mitten im Umbruch befindet. Rauschende Parties, Drogenexzesse und flüchtige Beziehungen können die innere Leere nicht mehr ausfüllen. Der Rückzug ins Private erscheint Cocker als die einzige Lösung - und selbst dieser Prozeß ist mit Qualen verbunden.
Mit dem countryfiziertem 2001er-Album "We love life" wird die Selbstkatharsis auf die Spitze getrieben. Songs wie "Trees" oder das herzerweichende "Bad cover version" zeigen einen Jarvis Cocker, der versucht, im Schoße der Natur sein Heil zu finden. Back to the roots lautet das Motto, das seinen vorläufigen Höhepunkt schließlich in der letztjährigen Mini-Tour durch englische Wälder fand. Das hübsche "Last day of the miners strike", das wohl aus den "We love life"-Sessions übrig geblieben ist, reiht sich hier nahtlos ein.
Auch wenn Pulp anno 2002 längst nicht mehr so präsent sind, belegen die "Hits" deutlich die Klasse dieser Band. Ausgemachten Fans wird zwar so mancher Song fehlen - alle anderen sei diese gelungene Compilation durchaus ans Herz gelegt. Bleibt nur die Frage offen, was man von dieser Band noch erwarten kann. Ein endgültiger Abschied soll "Hits" jedenfalls nicht darstellen, auch wenn Pulp nach diesem Album ihr Label verlassen und eine längere Pause einlegen wollen. "We'll be in touch", schreibt Cocker am Schluß im Booklet. Das läßt hoffen.
Highlights
- Razzmatazz
- Common people
- This is hardcore
- Bad cover version
Tracklist
- Babies
- Razzmatazz
- Lipgloss
- Do you remember the first time
- Common people
- Sorted for E's & Wizz
- Disco 2000
- Something changed
- Help the aged
- This is hardcore
- A little soul
- Party hard
- Trees
- Bad cover version
- Sunrise
- Last day of the miners strike
Gesamtspielzeit: 72:45 min.
Referenzen
Suede; The Divine Comedy; My Life Story; Rialto; New Order; James; The Charlatans; The Psychedelic Furs; The Smiths; Morrissey; Manic Street Preachers; A-Ha; Eskobar; Vega 4; Placebo; JJ 72; Saybia; The Verve; Richard Ashcroft; Scott Walker; Barry Ryan; The Moody Blues
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