Gojira - Magma

Roadrunner / Warner
VÖ: 17.06.2016
Unsere Bewertung: 8/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10

In Stein gebrannt
Weniger ist mehr. Klingt abgedroschener als ein Getreidehalm im Herbst, ist aber in der Tat so. Ziehen wir also zum Vergleich einmal die ewig junge Diskussion heran, wie oft eine Band denn nun Alben zu veröffentlichen habe. Gojira haben sich, das ist für Fans der Band nicht so furchtbar neu, auf einen Zeitraum von drei bis vier Jahren festgelegt. Gut, das reicht nicht an die Dimensionen von Metallica heran, aber hey, überdurchschnittlich lang ist es schon. Nur dass die Franzosen um Joe und Mario Duplantier dieses Mal gleich mehrere handfeste Gründe dafür hatten. Dass die Brüder mitten im Songwriting-Prozess den Tod ihrer Mutter zu verkraften hatten, ist einer davon. Ein anderer ist natürlich, dass selbst die beiden wohl nicht in ihren kühnsten Träumen damit gerechnet hatten, wie bahnbrechend, wie monumental 2012 "L'enfant sauvage" geraten sollte. Die Floskel "mit Spannung erwartet" ist daher drastisch untertrieben, wenn es um die Erwartungshaltung an "Magma" geht – Platte Nummer eins seit dem künstlerischen Durchbruch, das sechste Studioalbum insgesamt.
Auftakt. Über eine Minute lang formulieren Gojira ein Riff. Bearbeiten, modulieren, verfeinern es. Bis es unwiderruflich im Hirn des Hörers landet. Plötzlich beschwörender Klargesang – wer hält hier was zusammen, der Gesang die Songstruktur oder umgekehrt? Auf jeden Fall wird bereits hier deutlich, dass die Franzosen mittlerweile weit, weit entfernt sind vom ungestümen Gerüpel der ersten Alben. Denn auch das folgende "Silvera" verzichtet nahezu komplett auf jegliche Raserei, erzeugt eben durch das reduzierte Tempo enorme Dichte und gibt der filigranen Gitarrenarbeit von Joe Duplantier und Christian Andreu reichlich Platz zur Entfaltung. Erst "The cell" tritt erbarmungslos aufs Gaspedal, streut Breaks ein, für die sich die Legionen an Modern-Metal-Bands vom Reißbrett mindestens ein Testikel ohne Betäubung entfernen ließen – und über allem thronen Duplantiers so majestätische wie melodische Schreie. Und nein, Letzteres ist kein Widerspruch.
Denn auch "Stranded" weiß nicht zu überzeugen. Sondern zu begeistern. Zu faszinieren. Ein Groove, der selbst einen Tommy Victor, seines Zeichens Chef der ungekrönten Groove-Könige von Prong, bei allem gebotenen Respekt vermutlich als schluchzendes Bündel zurückließe. Garniert mit sägenden Tom-Morello-Gedächtnis-Effekten, setzt dieser Song erneut Maßstäbe im Genre, bis endlich der Titeltrack ähnlich wie das namensgebende Vulkangestein alles niederwalzt, was sich ihm in den Weg stellt. Und das folgende "Pray" bedeutet nicht etwa Zuversicht, sondern vereint düster beschwörende, choralartige Melodiebögen mit zerstörerischen Riffs über brutalst donnernder Doublebass.
Irgendwo muss doch irgendwann ein Schwachpunkt kommen, irgendetwas, um die Skeptiker zu befriedigen. Allein: Es kommt keiner. Wer keine Instrumentals mag, wird möglicherweise am kurzen Zwischenspiel "Yellow stone" mäkeln, die Prügelfraktion sich darüber mokieren, dass sich die Franzosen nahezu ausnahmslos in gemäßigtem Tempo bewegen. Doch das Gegenteil ist der Fall. Denn die Atmosphäre und die wahnwitzigen Spannungsbögen, die "Magma" zu erzeugen imstande ist, verbreiten eine alles verzehrende Intensität. Und in dem Moment, da man selbst ekstatisch dem Frontmann das Mikro aus der Hand reißen will, löst Duplantier die Spannung. Das ist nichts anderes als hohe Kunst, das ist extremer Metal in Perfektion. Gojira erfüllen nicht nur die eingangs erwähnten Erwartungen. Sie pulverisieren sie geradezu. Und liefern mit "Magma" bei aller Vorsicht mit Superlativen ein Album, das seinesgleichen sucht – ein Ehrfurcht gebietender Monolith voller einzigartiger, mitreißender, faszinierender Momente.
Highlights
- Silvera
- Stranded
- Magma
- Pray
Tracklist
- The shooting star
- Silvera
- The cell
- Stranded
- Yellow stone
- Magma
- Pray
- Only pain
- Low lands
- Liberation
Gesamtspielzeit: 43:51 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
---|---|
Franzmann |
2017-02-24 09:10:40 Uhr
LTTP...aber was für ein göttliches Brett von einem Album! |
@oh |
2017-02-05 23:24:50 Uhr
Meinst du La Dispute? |
The MACHINA of God User und Moderator Postings: 34412 Registriert seit 07.06.2013 |
2017-02-05 22:47:16 Uhr
Tolles Album. |
oh |
2016-09-15 01:51:19 Uhr
klingt ja fast schon poppig.und fast so wie diese eine deutsche metal-/hardcore-truppe, die mal ihr album der visions gratis beigelegt hatten (name der band leider entfallen)... |
The MACHINA of God User und Moderator Postings: 34412 Registriert seit 07.06.2013 |
2016-06-29 11:28:49 Uhr
Der Stil ist etwas mehr hin zu Atmosphäre und Schwere gegangen, weg von der rohen Brachialität eines "Mars". |
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Referenzen
Opeth; Tool; Voivod; Watchtower; Meshuggah; Dagoba; Mastodon; Ihsahn; Vildhjarta; Between The Buried And Me; Baroness; Isis; Neurosis; Tool; The Ocean; Cult Of Luna; Disillusion; In Flames; Dark Tranquillity; Children Of Bodom; Fear Factory; Decapitated; The Haunted; Into Eternity; Strapping Young Lad; Hacride; Zero Hour; Textures; Animals As Leaders; Machine Head; Lamb Of God; Nevermore; Communic; Devin Townsend; TesseracT; Leprous; Cynic
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