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Augustines - This is your life

Augustines- This is your life

Caroline / Universal
VÖ: 10.06.2016

Unsere Bewertung: 6/10

Eure Ø-Bewertung: 6/10

Mehr Stück als Werk

"This is your life" schreit Billy McCarthy kurz bevor mit "Book of James" einer der ergreifendsten Songs der letzten Jahre, nach extralangem Intro beginnt. Die Stimme zittert und faucht, der Kopf färbt sich vor lauter Sauerstoffmangel rot. Schweiß tropft McCarthy aus allen Poren, sodass man kaum merkt, wie nahe der Frontmann der Augustines den Tränen ist. Es ist ein aufrüttelnder Moment, der die DNA dieser Band perfekt einfängt: Oft sind es simple Worte, hinter denen sich die emotionalsten Augenblicke auftun und an die jeder noch jahrelang denkt, der das Trio je live erleben durfte. Wenn die drei Herren ihr nunmehr drittes Album "This is your life" nennen, schwingt also einiges mehr mit als die Phrase vermuten ließe. Vor allem riesige Erwartungen angesichts des selbstbetitelten Vorgängers oder gerade wegen des Debüts Rise ye sunken ships", dessen Intensität beinahe an Frightened Rabbits Meisterwerk "The midnight organ fight" heranreicht.

Die Vorabsingle "Are we alive" erinnert an diese Anfangstage. Von jetzt auf gleich zieht der Song an, entwickelt einen stampfenden Sog, die Tinte geht vom Papier gleich unter die Haut, in die Beine und in die whiskyzerfressenen Stimmbänder, aus denen man voller Begierde "Rip my fucking clothes off / She says" mitschreit. Der bereits in "Now you are free" beschworene Aufbruch vom leidvollen Familiendrama scheint hier wie auf dem kompletten Album endgültig vollzogen. Niemandem wäre es mehr zu wünschen als McCarthy. Wo der neue Standort ist, von dem aus Augustines ihre mit Euphorie durchtränkten Dramen voll offener Wunden erzählen, ist jedoch noch unklar, zu viele Eindrücke aus dem Leben, welches aus nicht abreißenden Touren und Reisen zu bestehen scheint, wollen verarbeitet werden. Im Schlagzeug des gelungenen "The forgotten way revised" lässt The-National-Produzent Peter Katis mehr denn je seine Handschrift durchscheinen. Das von Eric Sanderson geschriebene "May you keep well" reflektiert gerade gegen Ende viel stärker als bereits "Cruel city" die Erfahrungen des kurzzeitigen Lebens in Afrika. "When things fall apart" setzt wesentlich konsequenter als zuvor auf Synthies.

Lyrisch dreht sich vieles um existenzielle Themen wie Flucht oder die Einsamkeit, die man bei der Suche nach einer geistigen Heimat erlebt. Bei den zahlreichen musikalischen Experimenten allerdings verstricken sich Augustines ein wenig bei dem Versuch, diese zwischen Songs mit von ihnen gewohnter Struktur einzugliedern. Was in einzelnen Tracks meist gut aufgeht, lässt das Album in viele Stücke zerfallen, lediglich McCarthys unverwechselbarer Gesang verbindet die Einzelteile dieser thematischen wie musikalischen Standortbestimmung namens "This is your life". Augustines hätten mit diesen Songs die Wahl gehabt, entweder ein experimentelles Album aufzunehmen oder ein schnörkelloses, intensiv-dichtes Album wie "Rise ye sunken ships". Gerade für letzteres wäre das schon seit Jahren über die Bühnen peitschende und leider noch immer nicht aufgenommene "Ballad of a patient man" wie geschaffen gewesen. Stattdessen liefern die New Yorker mit "This is your life" ein auf Nummer sicher gehendes Potpourri ab, dessen starke Versatzstücke nicht über ein leicht ernüchterndes Gesamtergebnis hinwegtäuschen können.

Der energische Titeltrack aber ist ein Highlight: Das Stück schreit förmlich danach, live inmitten des Publikums gespielt und Arm in Arm zelebriert zu werden. Beginnt der Song zurückhaltend, schwingt er sich im Refrain zur Hymne auf, kommt fast schon zum Ende, bevor das Mantra "Knock me down my friend / I'll just get back up again" noch einmal treibt und zur finalen Lärmorgie explodiert. Wer so viele energiegeladene Shows spielt, dem ist eine kleine Schwächephase vielleicht zu verzeihen. Und glücklich sei ohnehin der Songwriter, der Glanztaten wie das fantastische "Landmine" vollbringen kann und sich dennoch Vorwürfe machen lassen muss. Wenn "This is your life" allerdings der Tiefpunkt der noch jungen Karriere der Augustines ist, dann sollte man gespannt auf den sicher folgenden Aufstieg warten. Schließlich ist kaum eine andere Band-Biografie so von dieser Thematik durchzogen, was sicher auch die Dokumentation "Rise – The story of Augustines" noch einmal unterstreichen wird. Am Ende ist man sich sicher: "Honey, we'll be alright."

(Marcel Menne)

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Highlights

  • Are we alive
  • Landmine
  • This is your life

Tracklist

  1. Are we alive
  2. When things fall apart
  3. The forgotten way revised
  4. Running in place
  5. May you keep well
  6. Landmine
  7. Hold me loneliness
  8. No need to explain
  9. This is your life
  10. Days roll by

Gesamtspielzeit: 43:41 min.

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User Beitrag

Croefield

Postings: 1717

Registriert seit 13.01.2014

2016-09-08 02:24:57 Uhr
Jepp. Das Debut und Pela waren wirklich großartgig und in der Tat ist der "Chapel Song" unsterblich. Danach wurd's halt sehr stadionmäßig..

seno

Postings: 3549

Registriert seit 10.06.2013

2016-09-07 12:25:43 Uhr
Sehe ich ähnlich. Irgendwie ist ihnen mit den letzten beiden Alben das verloren gegangen, was am Debut und der Vorgängerband Pela so großartig war. Kann es nur schwer beschreiben. Das Debut hat mich wirklich mitgerissen. Beim zweiten Album war das schon nicht mehr der Fall, auch wenn ganz nette Songs drauf waren. Und das aktuelle habe ich noch gar nicht und weiß auch nicht wirklich, ob ich es brauche.

eric

Mitglied der Plattentests.de-Chefredaktion

Postings: 2794

Registriert seit 14.06.2013

2016-09-07 12:18:23 Uhr
Bis auf das schöne Debütalbum hat man denen dann meiner Meinung auch nichts verpasst. "Chapel song" bleibt ein wunderbares Lied.

Croefield

Postings: 1717

Registriert seit 13.01.2014

2016-09-07 12:10:17 Uhr
Lösen sich auf.

https://www.facebook.com/weareaugustines/posts/1142883442419844:0
Stefanie
2016-07-14 11:52:50 Uhr
Nachdem ich das Album 3 mal angespielt hatte, haben sich die meisten Songs schon in den Kopf gehämmert und es ist ein schönes Sommeralbum. Mit einem Glas Wein zu "The Forgotten Way" durch den Garten schweben... Allerdings würde ich für das nächste Album wieder rockiger und BITTE BITTE ohne diese Afro-Gesänge bevorzugen!
Meine Favoriten: Are we alive und Landmine
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