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Neonschwarz - Metropolis

Neonschwarz- Metropolis

Audiolith / Broken Silence
VÖ: 06.05.2016

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 8/10

Halt die Fresse, wir sind Punker

"Schwarz ist gar keine Farbe!" – Mei o mei, wie sehr müssen solcherlei spaßbefreite Konsorten, die bei jeder Gelegenheit den Farbenlehrer raushängen lassen, bei einem Bandnamen wie Neonschwarz abkotzen? Blöder Name, ja. Aber das ist Antilopen Gang auch. Ja, auch The Beatles ist eine tatsächlich ziemlich bescheuerte Benennung. Was Neonschwarz wohl ausdrücken soll, das sind die Gegensätze. Ying und Yang in ungünstig formuliert quasi. Damit kann man doch was anfangen. Und mit der Musik der Hamburger Truppe sowieso. Auf ihrem neuen Album "Metropolis" liefern Captain Gips, Johnny Mauser, Marie Curry und Spion Y ein Potpourri aus Pop, Punk, HipHop und Attitüde. Wobei die beiden letzten Punkte deutlich im Vordergrund stehen.

Hamburger HipHop ist nämlich genauso lebendig wie das kulturelle Leben in und um die Rote Flora, für die Neonschwarz einst musikalisch eintraten. Und so lässt sich das Quartett nicht lumpen, wenn es rappender Weise anprangert, was in diesem Land so dermaßen schief läuft. Vor kurzem noch mit ihrem Track "2014" auf dem Sampler "Refugees welcome" vertreten, legt die Crew nun mit "2015" nach und begeht eine Rückschau auf ein Jahr zum Schämen. Mit flirrenden Geigen und Boom-Bap-Beats erkennen Neonschwarz: "Alles nur noch schlimmer!" So treten sie dem Mob voller Wut entgegen und fragen dabei: "Ab wann richtet sich die Besorgnis der Bürger gegen rechts?" Es ist nicht zu vermeiden, dass ein Song wie dieser Sympathien schafft. Und ganz allgemein halten die selbsternannten Zeckenrapper ihre Meinung auf "Metropolis" nicht zurück.

"Check yo'self" mit wohlklingendem, hochgepitchtem Sample und seiner unangehm ehrlichen Tanzbarkeit mahnt Selbstreflexion an, in "All inclusive" erzählen die Rapper vom Mittelmeer-Urlaub, der jäh von verreckenden Flüchlingen "gestört" wird. Sarkastisch, aber wirkungsvoll, auch wenn Fatoni & Dexter auf "Yo, Picasso" bereits die gleiche Idee hatten. Die gesungene Hook von Marie Curry macht Spaß und zeigt, dass die Dame wirklich alles kann, was in Richtung vokaler Musikbegleitung machbar ist. "Rapstars" kommt infernaler daher, wütende Violinen untermalen den in-die-Fresse-Rap, dessen Verse Neonschwarz irgendwo zwischen Party-Crew und Kamikaze-Kommando verorten lassen und demjenigen, der sie als "Rapstars" betitelt entgegenbringen: "Halt die Fresse, wir sind Punker!" In "Kennenlernrunde" und "Drahtesel" wird eine angenehm nostalgische Rückschau auf die Bandgeschichte begangen, die beide Male nahe am HipHop des Golden Age verläuft – mit feinen Scratchings und ein bisschen The-Sugarhill-Gang-Dynamik – obgleich die Wurzeln tatsächlich mehr oder weniger im Punk liegen.

Wütend, launig, nostalgisch – ein Gefühl fehlt noch in der illustren Achterbahnfahrt: die Melancholie. "Die Kinder aus Asbest" ist ein Song, wie ihn Ok Kid nur allzu gerne einmal schreiben würden: Mit Kinderchor, aber trotzdem nicht peinlich. Da machen Neonschwarz die Gesellschaft zum sozialen Slum und sehen letztlich die Utopie als letzten Ausweg: Man flieht nach "Metropolis". Der entsprechende Titel wird mit freudvollem Piano eingeleitet und die besungene Stadt zu jenem Ort erklärt, wo die Natur sich durchsetzt, wo der Löwenzahn durch den Beton bricht wie die Herzen der Menschen neu aufkeimen. Neonschwarz schaffen es in über einer Stunde Spielzeit permanent zu unterhalten, dabei munter durch die Genres zu hüpfen und facettenreich auszugestalten, was dem Hörer verbal aufgetischt wird. Zu jeder schwarzgemalten Gegenwartsanalyse gehört eben eine bunte Zukunftsfantasie, mag sie auch noch so utopisch erscheinen.

(Pascal Bremmer)

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Highlights

  • Check yo'self
  • Kennenlernrunde
  • Drahtesel
  • 2015
  • Rapstars

Tracklist

  1. Dies das Ananas
  2. Atmen
  3. Check yo'self
  4. Kinder aus Asbest
  5. Metropolis
  6. Kennenlernrunde
  7. Drahtesel
  8. Back to the streets
  9. Standstreifen
  10. 2015
  11. Rapstars
  12. Jogginghosentag
  13. All inclusive
  14. Das goldene Ticket
  15. Küstenfieber
  16. Die Eskalation
  17. Doppeldeckerbus

Gesamtspielzeit: 62:47 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag
Gerade erst entdeckt
2016-08-21 22:45:56 Uhr
Metropolis ist ein totaler Hit
ferenc
2016-05-19 20:03:50 Uhr
super album. 8/10
Einrot
2016-05-18 14:35:09 Uhr
Nicht jeder den du dafür hältst ist Castorp.
Einrot
2016-05-18 14:11:57 Uhr
Binsch natürlich de Casti. :))
Einrot
2016-05-18 14:01:04 Uhr
Und was sehen meine Augen da in der PT-Rezi...Neonschwarz waren bereits auf dem Sampler "Refugees welcome" vertreten.

okay, habe keine weiteren Fragen mehr....
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