Richard Ashcroft - These people

Righteous Phonographic Association / Cooking Vinyl / Indigo
VÖ: 20.05.2016
Unsere Bewertung: 6/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10

Passive aggressive
Richard Paul Ashcroft hatte es nicht leicht in den letzten Jahren. Bekannt geworden als Frontmann der Psychedelic-Britpopper The Verve, die mittlerweile zum dritten Mal aufgelöst sind, konnte er solo weder künstlerisch noch kommerziell die Erfolge der Hauptband wiederholen. Wenn der Promoter jetzt ankündigen muss, dass Ashcroft mit "These people" wieder "zu alter Stärke" zurückfindet, wird quasi indirekt zugegeben, dass Platten wie "Keys to the world" und "United nations of sound" wirklich nicht der Brüller waren. Die Häme, die der Sänger dafür einstecken musste, hat sich in eine Verbitterung seinerseits umgewandelt. Schlechte Reviews nimmt er sich zu Herzen, ein Typ habe nach einer vernichtenden Live-Kritik sogar eine sehr unangenehme Begegnung mit Ashcroft in einer Bar gehabt. Sein aktueller Look mit fast kahlrasiertem Kopf, Porno-Sonnenbrille und eingefallenen Wangenknochen schüchtert passenderweise ein und hätte das Video zu "Bitter sweet symphony" noch bedrohlicher gemacht.
Ein einsichtiger, umgänglicher Mensch war und ist er eben nicht, was mit Sicherheit auch seinem langen Kampf gegen Depressionen geschuldet ist. Seine resultierte passiv-aggressive Abwehrhaltung gegen alle möglichen Menschen und doch niemand konkreten steht ebenfalls auf den Texten seines aktuellen Albums "These people" im Vordergrund. Richard Ashcroft ist mit der Welt nicht im Reinen, was er bei jeder sich bietender Gelegenheit anprangert. "They don't own me" heißt ein Song, "I ain't nobody's fool" singt er im selbigen. Dazu allerorts Beteuerungen, dass er sich "like number one again", ja sogar "born again" fühlt und "back on the game" ist. Ein schwieriger Ansatz, um erloschene Sympathien wiederzuerlangen. Aber Ashcroft verstellt sich nicht und ultimativ ist dies der größte Gewinn, den "These people" für sich verbuchen kann.
Zugegeben, die elektronischen Einschübe klingen nicht selten unprofessionell. Vor allem dem Drumcomputer und den Synthie-Blubbereien hört man oft an, dass die Platte in seinem Privatkeller neben Kindererziehung und Gassigehen zusammengezimmert wurde – angeblich den aktuellen Umständen im Musikbusiness geschuldet. Seine Ticks wird er zudem in diesem Leben wohl nicht mehr los. Der Anteil an Prediger-Lyrics ist immerhin geringer als noch auf "United nations of sound", natürlich plagen Ashcroft jedoch nach wie vor keine Selbstzweifel auf seiner Mission. Hier und da hätte den Stücken etwas Kürzung gut getan, an jede freie Stelle passt noch ein eingeschobenes "yeah-yeah" oder "ah-hah" und die Streicher aus der Konserve sind selbstverständlich auch in jedem Song zu finden. Und doch hat "These people" trotz seinen Schwächen etwas, das den Vorgängeralben abging, und es zu seinem besten Output seit langer Zeit macht. Es ist was dran an der propagierten Rückkehr.
Erwähntes "They don't own me" beispielsweise klaut zwar an allen Stellen vom seligen "Lucky man", vermittelt dennoch ein Gefühl, das man von Ashcroft schon ewig nicht mehr wahrgenommen hat. Da ist eine Seele, das will berühren – und das gelingt auch. Außerdem oben mit dabei ist die erste Single "This is how it feels", die sich nach irritierendem Intro in einen euphorischen Lauf steigert. An einigen Stellen packt er dann sogar die Discokugel aus und drückt aufs Tempo. Funktioniert in "Hold on" dank eingängiger Hook erstaunlich gut, der Opener "Out of my body" ist hingegen mit billigem Bumsbeat eine Fehlzündung, die vielen Zweiflern beim Ersteindruck Bestätigung geben wird. Geschenkt, da in der Tat der einzige wirklich schwache Song auf dem Album. "Ain't the future so bright" vocodert sich da besser entspannt durch die Gegend und "Songs of experience" entlässt den Hörer mit treibendem Rhythmus und mitreißendem Groove. "These people" kann alte Anhänger zurückgewinnen, trotz – oder gerade aufgrund – seiner Unperfektheit und ständigen Defensivhaltung, welche es mit dem hörbaren Engagement Ashcrofts wieder wettmachen kann. "Back on the game"? Aber hallo.
Highlights
- This is how it feels
- They don't own me
- Songs of experience
Tracklist
- Out of my body
- This is how it feels
- They don't own me
- Hold on
- These people
- Everybody needs somebody to hurt
- Pictures of you
- Black lines
- Ain't the future so bright
- Songs of experience
Gesamtspielzeit: 51:09 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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Felix H Mitglied der Plattentests.de-Chefredaktion Postings: 10364 Registriert seit 26.02.2016 |
2021-07-28 13:34:27 Uhr
Sehr seicht oder was ist das Problem?Ja, absolut belanglos und öde. |
Klaus Postings: 10332 Registriert seit 22.08.2019 |
2021-07-28 13:11:48 Uhr
In dem Kontext übrigens:https://www.rollingstone.de/richard-ashcroft-kein-fan-vom-staatlichen-corona-testprogramm-2328517/ |
Kojiro Postings: 4220 Registriert seit 26.12.2018 |
2021-07-28 13:08:30 Uhr
Ja, Natural Rebel war wirklich absoluter Müll. |
The MACHINA of God User und Moderator Postings: 34223 Registriert seit 07.06.2013 |
2021-07-28 11:28:49 Uhr
So schlimm? Hab irgendwie immer nur das Debut gehört. Sehr seicht oder was ist das Problem? |
Felix H Mitglied der Plattentests.de-Chefredaktion Postings: 10364 Registriert seit 26.02.2016 |
2021-07-28 11:18:09 Uhr
Die 6/10 würde ich heute auch nicht mehr geben, ein Punkt weniger tut's auch.Aber ja: Beim Nachfolger bleibe ich bei 3/10. Der war wirklich furchtbar. |
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Referenzen
RPA & The United Nations Of Sound; The Verve; Oasis; Paul Weller; The Tears; The Shining; Swervedriver; Keane; Starsailor; Embrace; Andreas Johnson; David Gray; Ian Brown; The Music; Delays; Suede; The Stone Roses; Bernard Butler; Mansun; Moke; Ocean Colour Scene; Saybia; Belasco; Kubb; Lowgold; Morning Runner; Vega 4; Idlewild; Kula Shaker; Stereophonics; Pulp; The Charlatans; The Clash; The Veils; Boston; REO Speedwagon; Gary Moore; Spiritualized; U2; Coldplay; Radiohead
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