Bibio - A mineral love
Warp / Rough Trade
VÖ: 01.04.2016
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
Locker und leichtfüßig
Elektronische Musik wird ja oftmals sehr zweckdienlich ihrer Verwendung zugeführt. Hohe Umdrehungen, laute Bässe, dazu tanzt, schwitzt und vibriert man dann fröhlich und selbstvergessen vor sich hin, in stillgelegten Fabrikhallen, Großraumdiskos oder anderen möglichst schalldichten Räumen. Stephen Wilkinson kann mit dieser Reduktion aufs Grobe, Körperliche, Extrovertierte offensichtlich eher wenig anfangen. Als Bibio schustert der Brite seit 2005 eingängige Electro-Miniaturen, die sich viel mehr auf die Introspektion fokussieren: Seine Songs sind leise, akustisch, naturverbunden. Sie fließen sanftmütig vor sich hin, leben verträumt in den Tag hinein und liegen nachts lieber auf einer saftig grünen Blumenwiese als im Club den Massen einzuheizen. Böse Zungen würden diese Musik als harmlos und trivial bezeichnen, und auch in diesen Aussagen steckt sicherlich ein Funken Wahrheit. Doch im Grunde prallt jegliche Kritik ab: Zwei Durchgänge von "A mineral love", und man liegt tiefenentspannt und friedliebend neben Bibios Kompositionen im Park und schaut den Sternen beim Leuchten zu.
"A mineral love" ist die siebte Platte von Wilkinson, und sie erinnert im Sounddesign doch sehr an seinen größten Erfolg, "Ambivalence avenue", aus dem Jahr 2009. Seine lichtdurchfluteten Songs integrieren wieder stärker sanfte Gitarrenpickings, fusionieren gekonnt zarten Folk und sepiafarbene Electronica zu einem recht einzigartigen Konstrukt. Als bestes Beispiel kann direkt der Opener "Petals" angeführt werden: Schöner und melancholischer könnte man sich elektronische Musik kaum ausmalen. Der sachte, leicht funkige Beat des Titelstücks kullert hingegen ganz gut gelaunt aus den Boxen und sorgt dafür, dass man bereits früh morgens frohgemut durch die Wohnung tänzelt. Und "Raxeira" ist so dermaßen smooth, man könnte sich diese Nummer auch prima als Untermalung eines Vorspanns für eine US-amerikanische Sitcom vorstellen. Alles cool, bisschen cheesy vielleicht, aber zum Runterkommen und so genau das Richtige. Entschleunigung ist das Stich- und Zauberwort.
Apropos Käse: "Feeling" startet mit unglaublich viel Saxophon-Schmalz und entwickelt sich im Verlauf zu einem hüftschwingenden Soulmonstrum, das auf keiner Jacht-Party zwischen Monte Carlo und Nizza fehlen darf. Und trotzdem wirken jene Momente nicht störend, sondern stellen vielmehr weitere Facetten in der unendlich scheinenden Entspanntheit im Schaffen Bibios dar. Fürs verträumt vor sich hin hallende Zwischenspiel "The way you talk" engagierte Wilkinson dann den schon fast in der Versenkung verschwundenen Gotye, kurz bevor sich "Why so serious?" eine ordentliche Scheibe von Hot Chip abschneidet. Im akustischen "Wren trails" wird kurz vor dem Albumfinale noch mal offenkundig, wie ausgeklügelt Bibios Musik die Balance zwischen Traum und Realität austariert: "A mineral love" entscheidet sich für das Dazwischen, für das Wandeln auf der Linie zwischen den Stilen, zwischen den Welten. Ein Spaziergang, dem man sich nur zu gerne anschließt.
Highlights
- Petals
- Raxeira
- Wren trails
Tracklist
- Petals
- A mineral love
- Raxeira
- Town & country
- Feeling
- The way you talk (feat. Gotye)
- With the thought of us
- Why so serious? (feat. Olivier St. Louis)
- C'est la vie
- Wren trails
- Gasoline & mirrors (feat. Wax Stag)
- Saint Thomas
- Light up the sky
Gesamtspielzeit: 45:38 min.
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