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White Lung - Paradise

White Lung- Paradise

Domino / GoodToGo
VÖ: 06.05.2016

Unsere Bewertung: 6/10

Eure Ø-Bewertung: 8/10

Lärmende Leere

"Paradise", das vierte Werk der kanadischen Band White Lung, ist vieles. Zumindest kann man viel darüber sagen: Es ist, auch ohne maximales Aufdrehen des Reglers, ein verdammt lautes Album. Es ist rotzig, frech, ungestüm, dennoch auch etwas glatter, als man es bisher von Sängerin Mish Barber-Way und ihren Kollegen gewohnt war. Es ist mit nicht mal ganz einer halben Stunde Spielzeit wohl von perfekter Dauer für die Mischung aus Punk und Indie Rock. Und stellenweise ist es eklig, oder zumindest arg illustrativ: "I will give birth in a trailer / Huffing the gas in the air / Baby is born in molasses / Like I would even care", singt Barber-Way etwa in der zweiten Single "Kiss me when I bleed" so eindringlich, dass man ihr vor lauter Verzweiflung ein Pflaster reichen möchte, als ob es irgendwas bringen würde.

Über das vierte Album von White Lung kann man also viel sagen, und vielleicht sollte man das auch. Denn "Paradise" sagt selbst nur wenig, anders als sein aufschreiender, brillanter Vorgänger "Deep fantasy" von 2014, der das Quartett vom Keller auf die zwar schmutzigen, aber ungleich größeren Rockbühnen der Welt verfrachtete. "Paradise" lärmt in nicht mal ganz einer halben Stunde vor sich hin, wirbelt mit zehn Songs ordentlich Staub auf, wirkt aber nur selten nach. "Kiss me when I bleed" ist, trotz seiner – nennen wir es mal plastischen – Lyrik ein Brett, weil es in all seiner Scheißegal-Attitüde noch eine Aussage hat: Es handelt sich um ein Liebeslied. Ein krachendes, ja, aber nicht weniger liebevoll: Barber-Way schert sich nicht um die äußeren Umstände ihres Daseins, solange ihr Mann an ihrer Seite ist.

An anderer Stelle wird es etwas zu leicht: In der ungewöhnlich poppigen ersten Single "Hungry" etwa vergleichen White Lung den Drang nach Aufmerksamkeit und die damit verbundenen, teils drastischen Maßnahmen mit einem ewig andauernden Hungergefühl. Dass die Band gerade hier die Härte drosselt und den Song zu einer irgendwie beliebigen Indie-Rock-Nummer verkümmern lässt, ist schade, wird aber durch das wirklich hervorragende Musikvideo zumindest ein wenig gerettet. Auch sonst gelingt es White Lung auf "Paradise" nicht so recht, Musik, Gesang und Inhalt miteinander in Einklang zu bringen und auf gleichhohem Niveau zu halten. So überzeugt "Narcoleptic" mit einer bärenstarken Barber-Way hinterm Mikrofon, bleibt melodisch trotz rauchender Gitarrensaiten aber schnell auf der Strecke.

Sie haben ein Album machen wollen, das klingt, als sei es 2016 entstanden, ließen die Kanadier vorab verlauten. Zu oft seien sie mit Bands aus der Vergangenheit verglichen worden, mit denen sie selbst sich in keiner Weise identifizieren würden. Dass sie ihr eigenes Ding machen wollten, ehrt White Lung natürlich – umso bitterer ist es, dass sie in Songs wie "Demented" oder dem etwas dünn geratenen "I beg you" dennoch wie eine schwächere Kopie von Sleater-Kinney daherkommen. Große Momente wie im vielschichtigen "Below", das sich bis zum Bersten steigert, gibt es auf "Paradise" nur selten, und sie überheben sich hörbar beim Versuch, über die Himmelspforte zu klettern: Der Abschluss- und gleichzeitige Titeltrack etwa schafft das erst im zweiten Anlauf und kommt ohne kleinere Schürfwunden nicht davon. Aber einer Band wie White Lung steht ja jedes Pflaster. Sogar, wenn es mitten im Gesicht klebt.

(Jennifer Depner)

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Highlights

  • Below
  • Kiss me when I bleed
  • Paradise

Tracklist

  1. Dead weight
  2. Narcoleptic
  3. Below
  4. Kiss me when I bleed
  5. Demented
  6. Sister
  7. Hungry
  8. I beg you
  9. Vegas
  10. Paradise

Gesamtspielzeit: 28:28 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

saihttam

Postings: 2570

Registriert seit 15.06.2013

2016-06-03 02:42:34 Uhr
Ich finds ziemlich gut. Irgendwie hymnischer als der Vorgänger. Tut aber dem Drang, der von den Songs ausgeht, keinen Abbruch. Hungry ist super.

Bonzo

Postings: 3193

Registriert seit 13.06.2013

2016-06-02 19:40:25 Uhr
Besser als die Vorabsingles es erwarten ließen.

Ob es mit Deep Fantasy gleichzieht weiß ich noch nicht. 7/10 auf jeden Fall.

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 27819

Registriert seit 08.01.2012

2016-04-26 23:26:52 Uhr
Frisch rezensiert.

Meinungen?

Cocoon

Postings: 34

Registriert seit 09.06.2014

2016-03-30 21:06:44 Uhr
Zweiter Song vom neuen Album:

Kiss Me When I Bleed

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 27819

Registriert seit 08.01.2012

2016-03-26 22:00:36 Uhr
"Hungry" finde ich super. Brauchte aber ein paar Anläufe.
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