Jack Garratt - Phase
Island / Universal
VÖ: 19.02.2016
Unsere Bewertung: 6/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
Bravheart
Eine große Überraschung stellen die bestplatzierten Künstler der BBC-Liste "Sound of" schon seit ein paar Jahren nicht mehr da. Der prognostizierte kommerzielle Durchbruch verbunden mit der berechtigten Hoffnung auf musikalische Substanz dürfte auch bei Jack Garratt greifen, der die Liste 2016 anführt. Schon im Vorjahr bespielte er das Vorprogramm von Ben Howard und Mumford & Sons, Critics-Choice-Gewinner bei den Brit Awards war er ebenso, die erste EP erschien bereits 2014. Also: Man wusste, mit wem man es zu tun hat und was man kriegt. Talent etwa. Das darf man dem bärtigen Kappenträger schon anheimstellen. Im Prinzip mimt der 24-Jährige die One-Man-Show, setzt (E-)Drums in Szene oder rhythmische Grundgerüste, spielt Gitarre(n) und Keyboard – und macht dank Loop-Stations und -spielzeugen die Unterstützung einer Backing-Band obsolet.
Natürlich hat Garratt auf "Phase" das großartige "The love you're given" an Bord, mit der Dauerschleife eines opernhaften, vokalischen Exzerpts, das nach dreieinhalb Minuten vom boxenzerfetzenden Bass höflich niedergetrampelt wird. Und "Breathe life". Die Single hat sich innerhalb des Songs gleich mehrere synthetische Etappen vorgenommen, taucht an der Textstelle "Take my silence as a warning" ab in rein unterdrückte Bassarbeit und verbaut im Finale einen E-Piano-Part. Diese Breaks, die vermeintlichen Wendungen, der Wechsel von ruhigen und eruptiven Elementen werden aber gerade in der ersten Hälfte von "Phase" zusehends erwartbare Stilmittel.
Bei der Lobpreisung darf man sich durchaus fragen, womit der junge Mann aus Buckinghamshire heraussticht. Die Antwort: schwierig. Es ist nicht das Gefühl, das sich vermutlich im electrosouligen Grundansatz spiegeln sollte. Ob Garratt eine Interpretation von Gospel probiert in "I know all what I do" oder immer wieder in die Kopfstimme wechselt, das ändert am Eindruck gedrungener Oberflächlichkeit nichts. An Facettenreichtum mangelt es dem 24-Jährigen hingegen nicht. Immerhin ginge "Weathered" als mit Synthies gefärbtes Mumford-&-Sons-Material durch, bietet "Fire" eine Dubstep-Probe und schließt das Album mit der Elektronik-freien Piano-Ballade "My house is your home". Möglicherweise kommt Garratt einfach ein paar Jahre zu spät, um Memorables zu bieten oder zu überraschen. Das 90s-Rework von "Chemical" ist durch Disclosure längst salonfähig und in "Synesthesia pt. III" ist Sohns Einfluss sicher nicht zu leugnen. So bleibt ihm eine handwerklich gute State-of-the-art-Platte, die für Nachhaltigkeit vor allen Dingen eines ist: zu brav.
Highlights
- Breathe life
- The love you're given
Tracklist
- Coalesce (Synesthesia pt. II)
- Breathe life
- Far cry
- Weathered
- Worry
- The love you're given
- I know all what I do
- Surprise yourself
- Chemical
- Fire
- Synesthesia pt. III
- My house is your home
Gesamtspielzeit: 46:58 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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~°°~ |
2016-03-08 21:49:11 Uhr
Ohne die Platte in Gänze gehört zu haben - die neueren Songs kenne ich nicht - kann ich mich dem Fazit (brav statt brave) gut anschließen. Aber: live hat Garratt beeindruckende Power, gewinnen nahezu alle seiner Tracks ungemein. Das sollte nicht unerwähnt bleiben. |
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 27656 Registriert seit 08.01.2012 |
2016-03-08 21:29:40 Uhr
Frisch rezensiert!Meinungen? |
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Referenzen
Krrum; Sohn; Drax Project; Chet Faker; Jai Paul; Troye Sivan; Josef Salvat; Ben Khan; How To Dress Well; Kelela; Future Brown; James Blake; Oh Wonder; Flume; James Vincent McMorrow; Disclosure; AlunaGeorge; Rudimental; Leyya; Banks; Doe Paoro; FKA Twigs; Seinabo Sey; SIBA; Shlohmo; Mount Kimbie; The Range; Nosaj Thing; Honne; London Grammar; Chromatics; Sam Sparro; Bipolar Sunshine; Jono McCleery; Rhye; Wet
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