Big Ups - Before a million universes
Tough Love / Cargo
VÖ: 04.03.2016
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10
Schlimmer geht immer
Angepisstheit hat einen Namen. Spätestens seit Big Ups 2014 im Stück "Justice" der schmutzigen Realität ein ebenso dreckiges "Everybody says it's getting better all the time / But it’s bad, still bad" entgegenblafften. In der Schriftform durfte man das Wort "bad" durch zusätzliche Vokale ins Endlose strecken, so wutentbrannt kam die betreffende Zeile daher. Sicher war es ein gehörfreundlicher Zug, dass die Brooklyner für ihr Debüt "Eighteen hours of static" keine halbe Stunde benötigten, doch sobald Frontmann Joe Galarraga aufgebracht "If I had just one wish / I'd wish for justice" japste, war zumindest inhaltlich klar: Nichts wird gut. Und das ist auch richtig so – hätte man beim fiebrigen Hören dieses fantastisch unflätigen Splitterbömbchens von einem Album fast hinzufügen mögen.
Wäre da am Ende nicht ein Hoffnungsschimmer in Form einer Andeutung der meist positiver gestimmten Kollegen von The Thermals gewesen. Doch da Besserung in absehbarer Zeit wohl nicht eintreten wird, ist es mit der Selbstbeherrschung auch auf "Before a million universes" zum Glück nicht allzu weit her – da kann der Opener "Contain myself" heißen, wie er will. Nach kurzem Zupf-Intro rumpelt das Quartett vielmehr mit Getöse seine Post-Hardcore-Maschinerie an, und Galarraga hält es keine Minute aus, ehe er sich zum ersten Mal mächtig aufregt. Trotzdem kotzen Big Ups nicht bloß ins Blumenbeet, sondern entwerfen hinter den Lärmwänden streng strukturierte Songs, die sich im einen Moment kleinlaut durch prekäre Situationen tasten und im nächsten genauso rabiat detonieren wie der Dispokredit, wenn am Ende des Geldes zu viel Monat übrig ist.
Dem unruhig rotierenden Doppel aus rohem Bassspiel und ständig Haken schlagenden Drums kommt dabei die gleiche Bedeutung zu wie präzisen Licks und brachialen Gitarrenschlägen – der Vierer fährt die ätzend scheppernden Grobheiten von Fugazi oder Fudge Tunnel gedanklich ähnlich vor die Wand wie unlängst die kanadischen Geistesverwandten Greys oder einst Big Black im Zustand murmelnder Verzagtheit. Zwar tritt die Unbill des Daseins vorübergehend in den Hintergrund, wenn "Capitalized" wild entschlossen den Moshpit stürmt oder sich das hyperaktive "Feathers of yes" auf den letzten Metern einen zweiten Song im Song improvisiert – der nächste Anfall desillusionierter Selbstverleugnung kommt aber bestimmt: "Dropped that I had cancer / But I didn't care at all." Big Ups gehen kaputt, der Hörer geht mit.
Und auch bei etwas hochgeschraubter Spielzeit lassen sich die New Yorker auf diesem großartig unumgänglichen Album nie mehr Zeit als nötig, um ihre Reflexionen über missratene Sozialgefüge und eigene Unzulänglichkeiten durchzuboxen. Die drohende Ouvertüre zum verschleppten "Negative" funkt aus einem Sonic-Youth-Paralleluniversum, "Hope for someone" gibt einen so hämischen wie dynamischen Punkrocker ab, und die ruppige Single "National parks" errichtet Galarragas treusorgender Mutter ein bröckeliges Denkmal, bis der Sänger ganz außer Puste ist. Zum Schluss arbeitet sich das mehrstöckige "Yawp" wiederholt aus einem schwarzen Noise-Rock-Loch empor und kollabiert schließlich krachend in stoischem Stakkato. Es bleibt gerade noch genug Kraft, sich zum Fenster zu schleppen. Aha: Das Wetter wird auch scheiße. War ja klar.
Highlights
- Contain myself
- Capitalized
- Hope for someone
- Yawp
Tracklist
- Contain myself
- Capitalized
- Posture
- Feathers of yes
- Meet where we are
- Negative (Intro)
- Negative
- Hope for someone
- Knight
- National parks
- So much you
- Proximity effect
- Yawp
Gesamtspielzeit: 42:34 min.
Album/Rezension im Forum kommentieren (auch ohne Anmeldung möglich)
Teile uns Deine E-Mail-Adresse mit, damit wir Dich über neue Posts in diesem Thread benachrichtigen können.
(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
---|---|
nörtz User und News-Scout Postings: 15107 Registriert seit 13.06.2013 |
2018-06-28 00:36:53 Uhr
Überzeugt mich leider nicht. :/ |
nörtz User und News-Scout Postings: 15107 Registriert seit 13.06.2013 |
2018-06-19 20:36:50 Uhr
Habs gar nicht mitbekommen. Werd ich mal angehen. |
wilson (ausgeloggt) |
2018-06-19 13:33:30 Uhr
@saihttam: doch, ich habe es mitbekommen!@Der Untergeher: doch, ich bin auch begeistert! |
Der Untergeher User und News-Scout Postings: 1871 Registriert seit 04.12.2015 |
2018-06-19 13:27:16 Uhr
Ich schrieb es schon vor kurzem im "Welches Album ..?" Thread: Ich bin begeistert vom Ding. Sonst wohl aber niemand. Es wundert mich auch, dass es kaum Reviews gibt, wo die Vorgänger doch so umjubelt wurden. |
saihttam Postings: 2562 Registriert seit 15.06.2013 |
2018-06-19 13:09:52 Uhr
Neues Album draußen und keiner hats mitbekommen? Ich werde demnächst mal reinhören. |
Hinterlasse uns eine Nachricht, warum Du diesen Post melden möchtest.
Referenzen
Greys; Pissed Jeans; So Pitted; Metz; Big Black; Rapeman; Fudge Tunnel; Shellac; Melvins; Fugazi; Wipers; Ought; Girl Band; Cloud Nothings; Unsane; Pigs; KEN Mode; Perfect Pussy; White Lung; Flipper; The Jesus Lizard; Scratch Acid; Girls Against Boys; Drive Like Jehu; Naked Raygun; Nation Of Ulysses; Helmet; Quicksand; Feedtime; Drunks With Guns; Throwers; Killdozer; Jawbreaker; Black Flag; Refused; Squirrel Bait; Bastro; Polvo; June Of 44; Slint; Meat Puppets; Mudhoney; Descendents; Minor Threat; Child Bite; Off!; Dag Nasty; Adolescents; Gorilla Biscuits; Cerebral Ballzy; The Bronx; Gallows; Destruction Unit; Dope Body; Japanther; Fidlar; Plague Vendor; Institute; Pile; California X; Japandroids; The Thermals; No Age; Beach Slang; Sorority Noise; Fist City; Fucked Up; La Dispute; Touché Amoré
Bestellen bei Amazon
Threads im Plattentests.de-Forum
- Big Ups - Before a million universes (13 Beiträge / Letzter am 28.06.2018 - 00:36 Uhr)