Listen




Banner, 120 x 600, mit Claim


The Scenes - Sex, drugs & modern art

The Scenes- Sex, drugs & modern art

BB Island / Cargo
VÖ: 26.02.2016

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Entropie

Am Anfang war das Chaos – so oder so ähnlich fangen ja alle bekannten Schöpfungsgeschichten an, egal ob alttestamentalisches Tohuwabohu oder Urknalltheorie. Das Chaos, finnisch übrigens "Sotku" genannt, ist auch die Keimzelle des dritten Albums von The Scenes, "Sex, drugs & modern art". Dabei oszilliert die Truppe um Sänger Konsta Koivisto auf ihrem neuen Langspieler nicht nur zwischen eben jenem anarchischen Urzustand und moderner Ordnung, sondern auch zwischen den 70er und 90er Jahren des letzten Jahrhunderts.

So beginnt das Album der Finnen sogar wortwörtlich mit oben erwähntem "Sotku": "This chaos is so great it seems like order" lauten die ersten Zeilen von "Catch-22", das einen mit den gewitternden Gitarren von Atte Loponen und Miki Liukkonen direkt an die 90s-Ikonen Pearl Jam und Soundgarden denken lässt. Das darauffolgende "Petals" dreht die Uhr noch ein Stück zurück und begibt sich in die Hochphase des Punk, 1977. Treibender Beat und noch etwas lo-fi-lastiger, Koivistos Stimme ist fast bis zur Unkenntlichkeit gefiltert und erinnert an die manierierte Intonation eines Joey Ramone. Die romantischen Blütenblätter werden durch eine koffein-induzierten Halluzination zu einer gruseligen Szenerie. Mit "Hypermobility" schubst einen das Album brachial in Richtung D.C. Hardcore, in dem es mit "Despair of zeitgeist", der ersten Singleauskopplung, dann vollends ankommt. Mit martialischem Beat und pathetischem Gesang erinnert das Stück schwer an den Dead-Kennedys-Klassiker "California über alles", Koivisto orakelt düster: "I am a twisted fuck but I won't take my pills."

Nach einem weiteren Schwenker in Richtung 90er-Alterna-Rock mit "Amusing notes for cynics" dann plötzlich der Bruch: Aus anarchischem Gitarrengedonner und Krakeelgesang löst sich "Louis Wain" als getragene Piano-Ballade heraus, Dead Kennedys werden hier zu The National. Warum der Song nach einem britischen Katzenmaler aus dem 19. Jahrhundert benannt ist, bleibt ebenso enigmatisch wie die übrigen Texte des Albums, die aus Liukkonens Feder stammen. Aber es ist ja schließlich auch moderne Kunst, und die muss nicht immer logisch sein. Ebenso sanft kommt "Always lie about your childhood" daher, das in seiner minimalistischen Zerbrechlichkeit an Cat Power aus der "Moon pix"-Phase erinnert.

Dem Chaos setzen diese beiden Songs eine wenn auch fragile Ordnung entgegen, die sich allerdings am Schluss noch einmal auflöst: das sägende Stoner-Stück "Death of a common", das angenehm an Black Rebel Motorcycle Club gemahnt, und "Absolution, please", eine nirvanaeske Grungenummer, in der es weniger nach Teen Spirit als nach "old Calvin Klein aftershave" riecht, führen das Album wieder an seinen Anfang zurück. Schließlich – da sind sich Physiker und Evangelisten einig – steuert alles Sein früher oder später wieder auf die Entropie zu. Und das ist, zumindest im Fall von The Scenes, auch gar nicht schlimm.

(Martina Bähring)

Bei Amazon bestellen / Preis prüfen für CD, Vinyl und Download
Bei JPC bestellen / Preis prüfen für CD und Vinyl

Bestellen bei Amazon / JPC

Highlights

  • Despair of zeitgeist
  • Louis Wain
  • Always lie about your childhood
  • Death of a common

Tracklist

  1. Catch-22
  2. Petals
  3. Hypermobility
  4. Despair of zeitgeist
  5. Amusing notes for cynics
  6. Louis Wain
  7. Fainting Clerks
  8. Always lie about your childhood
  9. Death of a common
  10. Absolution, please

Gesamtspielzeit: 35:47 min.

Album/Rezension im Forum kommentieren (auch ohne Anmeldung möglich)

Einmal am Tag per Mail benachrichtigt werden über neue Beiträge in diesem Thread

Um Nachrichten zu posten, musst Du Dich hier einloggen.

Du bist noch nicht registriert? Das kannst Du hier schnell erledigen. Oder noch einfacher:

Du kannst auch hier eine Nachricht erfassen und erhältst dann in einem weiteren Schritt direkt die Möglichkeit, Dich zu registrieren.
Benutzername:
Deine Nachricht:
Forums-Thread ausklappen
(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag
Angefixt
2016-02-24 16:51:40 Uhr
Klasse Album! Kannte die Jungs nicht, das wird sich ändern.

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 25235

Registriert seit 08.01.2012

2016-02-18 22:55:32 Uhr
Frisch rezensiert!

Meinungen?
Zum kompletten Thread

Hinterlasse uns eine Nachricht, warum Du diesen Post melden möchtest.

Bestellen bei Amazon

Threads im Plattentests.de-Forum

Anhören bei Spotify