Eleanor Friedberger - New view

Frenchkiss / Membran
VÖ: 22.01.2016
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10

Augen geradeaus
Eleanor Friedberger lebt zwei voneinander unabhängige Leben. Mindestens. Und hat sich längst daran gewöhnt – anders kann man sich nicht erklären, wie sie so spielerisch zwischen den verschiedenen Welten wandelt, in denen sie sich aufhält. Hat sie gemeinsam mit ihrem älteren Bruder Matthew bei The Fiery Furnaces fantastische bis fanatische Konzept-Kunst gemacht – unvergessen ist das 2005er Meisterwerk "Rehearsing my choir", welches elf Songs rund um das Leben der verstorbenen Großmutter strickte –, ist sie seit deren Verkündung einer zeitlich unbestimmten Pause auf Solopfaden unterwegs. Die gestalten sich deutlich weniger verkopft, sondern in der Tat sogar sehr zugänglich. So auch ihr dritter Alleingang "New view", der sich dennoch ein wenig von seinen beiden Vorgängern unterscheidet: Friedberger hat abgeschlossen.
Es stimmt: Die Gute hat ihre Band hinter sich gelassen. Selten klang eine Friedberger weniger wie die Friedbergers als Eleanor es hier schafft. Und "New view" offenbart noch mehr: Sie ist mit sich und ihrem Handeln im Reinen. Von welcher Trennung auch immer sie singen mag – von Freunden, von Partnern, von ehemaligen familiär nach wie vor verbandelten Bandmitgliedern –, sie kommt zurecht, weil sie ihre Sichtweise geändert hat. Und wie jeder gute Singer-Songwriter lässt sie ihre Hörerschaft an dieser durchaus lobenswerten Einstellung teilhaben. Dass sie dennoch ein empathisches Wesen ist, schließt sich dadurch zum Glück nicht aus: Tröstend legt sie ihre Hand auf den traurigen Kopf ihres weiblichen Gegenübers in "Sweetest girl" und wird dabei ebenso emotional: "Sweet girl with a broken heart / Stop crying so I won't start", bittet sie, gefolgt von einem überraschenden Anfall von Euphorie. Arsch hoch, Augen geradeaus, zurückgeblickt wird hier nur noch mit einem milden Lächeln im Gesicht beim Blick ins vergilbte Fotoalbum.
So etwa in der synthiegeladenen und rhythmisch starken Pop-Ballade "Cathy with the curly hair", in der sie den Ex nicht gerade subtil nach seiner Neuen ausfragt, oder dem grundehrlichen und doch stets hoffnungsvollen "Two versions of tomorrow", das mit einem sicher gewagten, aber gelungenen Fleetwood-Mac-Vibe spielt. "Today I am frozen / But tomorrow I'll write about you", singt sie derweil nicht ohne Wehmut, aber nie in Selbstmitleid zerfließend im entspannt folkigen Opener "He didn't mention his mother", dessen letzte 40 Sekunden zu den besten Momenten auf "New view" gehören. Zurückhaltender gibt sich Friedberger in "Never is a long time", das zudem einmal mehr unter Beweis stellt, was für eine wandlungsfähige Sängerin sie ist – falls es überhaupt noch jemand angezweifelt haben sollte. Und dass sie dabei auch eine formidable Geschichtenerzählerin sein kann, zeigt der Abschlusstrack "A long walk", der Beginn und Ende einer Beziehung in das Abenteuer eines einzigen Tages packt und dabei doch nie in Trivialitäten abdriftet: "We left my place together / But I wrote this song alone", merkt sie an und macht sich dann gemeinsam mit den letzten Tönen von "New view" auf in Richtung Sonnenuntergang. Und hinter ihr? Da sieht man nur noch ihren immer länger werdenden Schatten.
Highlights
- He didn't mention his mother
- Never is a long time
- Cathy with the curly hair
Tracklist
- He didn't mention his mother
- Open season
- Sweetest girl
- Your word
- Because I asked you
- Never is a long time
- Cathy with the curly hair
- Two versions of tomorrow
- All known things
- Does turquoise work?
- A long walk
Gesamtspielzeit: 45:12 min.
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Herr Postings: 2707 Registriert seit 17.08.2013 |
2016-02-16 09:07:55 Uhr
Grandiose Songs. Was für eine unauffällige aber umso eindringlichere Stimme.Textzeile des Monats: Your beauty stands along Amongst all known things |
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 27965 Registriert seit 08.01.2012 |
2016-02-10 22:23:14 Uhr
Frisch rezensiert!Meinungen? |
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