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Francesca Lago - Mirrors against the sun

Francesca Lago- Mirrors against the sun

T3 / Urtovox / Galileo
VÖ: 15.01.2016

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 9/10

Höhensonne

Früher hat Symbolik ganz anders funktioniert. Da waren die Geierwally und der Bärenjosef, lange Röcke und dicke Felle, trittfestes Schuhwerk und hochalpine Leidenschaft, die an den Scheitelpunkten zwischen Liebe und Hass, sich in Sonnenschein und Sturm entlud. Soviel zum Heimatfilm. Francesca Lago hat sich für das Video zu "Where do we go" ihre schönste Alu-Silber-Glitzer-Jacke aus dem Schrank geholt, ihrer Band handkäsgroße Spiegel in die Pfoten gedrückt und ist mit ihnen zum Filmdreh die Schweizer Alpen hochgegondelt. Mit Sicherheit war die Luft dort oben dünn, aber wer sich vier erwachsene Männer mit neckischen Spiegeln in der Hand vorstellt, die abwechselnd ihre Frontfrau, die Kamera und Pferde beim Grasen blenden, muss eingestehen: Das wirkt unfreiwillig komisch. Da wünscht man sich Unwetter und große Gefühle, den Bärenjosef, die Geierwally und die klar gemaßregelte Symbol-Kiste in der Bergwelt der Alpenromanze zurück – schon alleine vor lauter Angst, dass der verrufene deutsche Heimatfilm in den Fünfzigern durchdachter gewesen sein könnte als reflexive Musikvideos im Schweizer Dream-Pop anno 2016.

Augen zu und durch ist die bessere Alternative: Denn Lago auf das ein oder andere befremdlich anmutende Video zu reduzieren, wäre wie Alm-Abtrieb ohne Glocken. Die bislang weitflächig unbekannte Italienierin, die in Lugano lebt, hat dann doch mehr zu bieten als Lichtspielchen. "Mirrors against the sun" ist ihr drittes Album und bei weitem virtuoser, erwachsener und ausgefeilter als die Vorgänger. Lago hat sich so ehrlich dem Pop verpflichtet wie der Bärenjosef der Jagd. Verträumt und idealisiert beginnt der Opener "Where do we go" mit Wolfsgeheul und Habichtsschrei. Eine knappe Reminiszenz zu Fever Rays "When I grow up"? Jedenfalls war der Tipp mit dem Augenschließen ernst gemeint. Belohnt wird derjenige, der sich auf die Musik konzentriert. Die Stimme der Wahl-Schweizerin wirkt lange nach, geistert weiter durch den Kopf, wenn die Strophen längst verhallt ist. Der Grund ist naheliegend: Ähnlich wie Soap & Skin schafft sie es genau an den Stellen der Songs, an denen die Stimmung ins Verträumt-Schmalzige zu kippen droht, dem Stück einem neuen Dreh zu geben.

Der bezauberndste Moment findet sich in "The desert" exakt bei Minute 3:19. Der vor sich hinschwelgende, streichelnde Song ist quasi vorbei. Stille. Plötzlich eine Urgewalt, ein panisches Ende, das überrascht, ja, noch einmal an dem Berg aus Liebesleid rüttelt und erschüttert. "Odd one out" ist kräftiger, beatlastiger als die düsteren Stücke der Platte wie "Out in the blue", "Breathe through life" oder auch "Horses". "DNA" zerfließt vor Schmerz. Die einen werden in der Stimme schwimmen, anderen Hörern könnte genau bei diesem Song das Maß zum Kitsch überschritten sein. Nichtsdestotrotz ist "Mirrors against the sun" facettenreich genug, um mit einem Netz aus starkstimmigen Pop-Songs, wie "Modular C" und "Greedy" es sind, die Tristesse abzufangen. Es ist eben doch immer das gleiche in den Bergen: Es endet versöhnlich. Am Ende wird geheiratet. Schön, wenn Francesca Lago dann zur Hochzeit aufspielt.

(Bastian Sünkel)

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Highlights

  • Where do we go
  • Modular C
  • The desert

Tracklist

  1. Where do we go
  2. Odd one out
  3. Out in the blue
  4. DNA
  5. Breathe through life
  6. Modular C
  7. The desert
  8. Greedy
  9. New song
  10. Horses

Gesamtspielzeit: 36:57 min.

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User Beitrag

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 27171

Registriert seit 08.01.2012

2016-01-20 22:10:30 Uhr
Frisch rezensiert!

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