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Evangelist - Evangelist

Evangelist- Evangelist

Underscore Collective / Al!ve
VÖ: 15.01.2016

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 10/10

Die Lebenden und der Tote

Gavin Clark gehört nicht zum Klub der mit 27 verblichenen Musiker. Sonst hätte er nicht mit seiner Band Clayhill fünf Platten einspielen können, wäre nicht mehr oder weniger fester Vokalist bei U.N.K.L.E. gewesen und hätte auch nicht The Smiths' "Please please please let me get what I want" für den Abspann von Shane Meadows' Spielfilm "This is England" gecovert. Trotzdem sollten Kollegin Depner und Ex-Kollege Gerhardt anlässlich "End titles ... Stories for film" und "Mine at last" tragischerweise recht behalten mit der Feststellung, Clark singe sich um Kopf und Kragen oder klinge gar wie ein halbtoter Mann. Im Februar 2015 ist der Brite, in dessen Stimme sich zu gleichen Teilen Melancholie und oft pure Verzweiflung Bahn brachen und der zeitlebens mit seinen Dämonen zu kämpfen hatte, nämlich im Alter von nur 46 Jahren verstorben.

Was seine U.N.K.L.E.-Mitstreiter Pablo Clements und James Griffith, die außerdem zusammen das Elektronik-Duo Toydrum bilden, bei aller Trauer auch in Zugzwang brachte: Die Arbeit am neuen gemeinsamen Projekt Evangelist war bereits weit fortgeschritten, die Vocals im Kasten – was tun also mit dem groovig rockenden bis teils düster-folkig wühlenden Material, das per losem Konzept einen spirituellen Filter über Clarks Biografie legt? Natürlich ein Album fertigstellen, auf dem der Frontmann nun mit Gott, Jesus und sich selbst mauschelt und das als eindrucksvolles musikalisches Vermächtnis fungiert. Und der minimalistische Opener "The world that I created", bei dem auch James Lavelle mit einer Andeutung des "Be there"-Intros zumindest geistig kurz vorbeischaut, zeigt Clark gleichermaßen als skeptischen Schöpfer und als gütiges Astralwesen.

Körperlos geht es auf "Evangelist" deswegen aber noch lange nicht zu: Nach dem zurückhaltenden Einstieg drehen Clements und Griffith bei "Spirit" schwer atmende Beatboxen auf und nehmen psychedelische Gitarren in den Schwitzkasten – wer sich an das formidable Debüt der kurzlebigen britischen Electro-Rocker Slo-Mo erinnert, wird gereizt mitzucken. "Same hands" holpert im Schweinsgalopp über einen infektiösen Uptempo-Beat, empfindet die Harmonien von Depeche Modes "Barrel of a gun" nach und riskiert auch einen Blick in die Gospel-Anwandlungen von Dave Gahan & Soulsavers. Und spätestens die angedüsterten, übersteuert um sich selbst rotierenden Bass-Monster "Know one will ever know" und "God song" drohen ähnlich wie die U.N.K.L.E.-Tracks "Hold my hand" und "Cut me loose" krachend die Tür einzutreten.

Oft genug senkt Clark jedoch auch die Stimme für seine brütende Zwiesprache mit dem Allmächtigen und mit sich selbst – und zuweilen entsteht der Eindruck, man wohne einer Personalunion bei, die den Sänger innerlich zerreißt. Ob er nun bei "The unbeliever (I'm never wrong)" den Unbelehrbaren gibt oder im doppelbödigen "Never feel this young" zu zerrenden Gitarren-Echos und vom Komponisten Ludovico Einaudi fein gesetzten Streichern in wehmütigem Falsett über die Vergänglichkeit sinniert. Ein tiefes emotionales Luftholen, ehe "I wanna lift you up" dem Hörer gegen Ende einen so fetten Batzen elektrifizierten Rave-Rock vor die Füße klatscht, als würden Kasabian "Roadhouse blues" von den Doors im Umspannwerk nachspielen. Eine ähnlich irreale Vorstellung wie ein zweites Album von Evangelist – doch wenigstens dieses erste kann einem niemand mehr nehmen.

(Thomas Pilgrim)

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Highlights

  • Same hands
  • Know one will ever know
  • Never feel this young
  • I wanna lift you up

Tracklist

  1. The world that I created
  2. Spirit
  3. Same hands
  4. I'm in love tonight
  5. Know one will ever know
  6. Never feel this young
  7. God song
  8. The unbeliever (I'm never wrong)
  9. I wanna lift you up
  10. Whirlwind of rubbish
  11. Holy holy

Gesamtspielzeit: 41:21 min.

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User Beitrag

The MACHINA of God

User und Moderator

Postings: 31659

Registriert seit 07.06.2013

2016-01-27 15:35:03 Uhr
Oh, ich mochte seine Stimme bei UNKLE ja immer. Wusste gar nicht, dass er gestroben ist.

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 26212

Registriert seit 08.01.2012

2016-01-20 22:09:05 Uhr
Frisch rezensiert!

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