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James McMurtry - Complicated game

James McMurtry- Complicated game

Blue Rose / Edel
VÖ: 27.02.2015

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 5/10

Leben, das Geschichten schreibt

"Honey, don't you be yelling at me when I'm cleaning my gun" – die ersten Zeilen von "Copper canteen", dem Opener von "Complicated game", könnten die Einleitung zu einer furchtbaren Redneck-Litanei sein. Aber nichts wäre weiter entfernt vom Songwriting, das James McMurtry auf seinem neunten Album zelebriert. "Complicated game" ist bis zur letzten Sekunde vollgepackt mit interessanten, nuancierten Charakteren, berührenden Geschichten zwischen verflossener Liebe und dem Leben im ruralen Amerika und cleveren Arrangements, die zum Glück oftmals die Grenzen simpler Countrysongs sprengen.

McMurtry schwelgt in geigengetriebenen Folk, rumpelt sich im Sprechgesang durch Truckersongs und watet durch sieben Minuten lange Balladen über verarmte Fischer. Ohne dem instrumentalen Teil der Stücke dabei zu nahe treten zu wollen, entfalten sich alle zwölf Songs hauptsächlich durch ihre brillanten Texte. "Songs" ist eigentlich falsch, "vertonte Kurzgeschichten" trifft es wesentlich besser. Zwar singt McMurtry an einer Stelle "She writes a fine prose / I have to say, finer than mine", aber das ist zweifellos falsche Bescheidenheit.

In dem bereits zitierten "Copper canteen" geht es um eine zu früh geschlossene Ehe, die zwei Menschen am Rande der Zivilisation miteinander führen müssen, nicht immer unglücklich, aber oft an den Kräften zehrend und voller Existenzängste. "We grew up hard / And our children don't know what that means", heißt es später und die finale Nicht-Lösung kann nur lauten: "Hold on to your rosary beads / And leave me to my mischievous deeds like we always do." "You got to me" erzählt danach die Geschichte einer verlorenen, vielleicht sogar nie erwiderten Liebe vor dem Hintergrund einer Hochzeit, auf welcher der Erzähler in seiner Heimatstadt zu Gast ist. Die Geißeln des Arbeitslebens und die verdammte Liebe sind die beiden Themen, zu denen McMurtry immer wieder zurückkehrt.

In "How'm I gonna find you now" verbindet er beides in einer atemlosen Aneinanderreihung aus Onelinern und trockener Beschreibung eines Truckerlebens: "I've got a cup of black coffee so I don't get lazy / I've got a rattle in the dashboard driving me crazy / And if I hit it with my fist it'll quit for a little while." "Deaver's crossing" und "Carlisle's haul" sind komplexe Charakterstudien rund um typische Figuren aus dem Leben einer Kleinstadt, in der sich alle kennen: "Deaver's crossing" handelt von einem monolithisch erscheinenden Dorfältesten und was es bedeutet, wenn dieser stirbt. "Carlisle's haul" ist die Geschichte eines alten Fischers, der aufgrund von Fangquoten vor dem Ruin steht. Im Allgemeinen singt James McMurtry also über die Lieblingsthemen von Folkmusikern auf der ganzen Welt, die von ihm gewählten Aufhänger, Charaktere und Szenen sind aber absolut einzigartig und faszinierend.

Gegen Ende finden sich noch zwei der besten und gegensätzlichsten Songs auf "Complicated game". "South Dakota" handelt von einem heimgekommenen Veteranen, der sich in der Prärie ein neues Leben aufbauen will, aber an der rauen Ödnis scheitert wie in einem Roman von John Steinbeck oder T.C. Boyle. "Long Island sound" dagegen ist eine ironische Betrachtung des überraschend guten Lebens, das ein Einwanderer aus dem Mittleren Westen in New York gefunden hat: "Here's to all you strangers / The Mets and the Rangers / Long may we thrive on the Long Island sound."

(Maik Maerten)

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Highlights

  • Copper canteen
  • You got to me
  • South Dakota

Tracklist

  1. Copper canteen
  2. You got to me
  3. Ain't got a place
  4. She loves me
  5. How'm I gonna find you now
  6. These things I've come to know
  7. Deaver's crossing
  8. Carlisle's haul
  9. Forgotten coast
  10. South Dakota
  11. Long Island sound
  12. Cutter

Gesamtspielzeit: 55:21 min.

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Armin

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2016-01-05 00:28:33 Uhr
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