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Saffronkeira - Synecdoche

Saffronkeira- Synecdoche

Denovali / Cargo
VÖ: 27.11.2015

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 9/10

Physikmusik unter Sternen

Menschen bestehen aus nichts. Zumindest stellt sich das so dar, denn Atome sind ja nicht kugelrund mit Materie angefüllt, sondern um den Kern ist ja noch jede Menge Platz für Luft nach oben. Und da nun einmal alles aus Atomen besteht, teilt der Mensch das Schicksal aller Dinge: Eigentlich fühlt man sich komplett, voll und dicht, aber man besteht aus Löchern. Oder für auf einen Kalenderspruch runtergebrochen: Das Teil besteht aus dem Ganzen, das Ganze besteht aus dem Teil, und irgendwo dazwischen kommt noch die Leere. Das war für den Sardinier Eugenia Caria das Motiv für sein viertes Album als Saffronkeira. Physikmusik. Irgendwie. Denn Caria klopft mit verschiedenen Kollaborationen die Stille ab, setzt mal hier, mal da einen Rhythmus ein oder gibt einer getragenen Fläche von Synthies ein wenig mehr Raum. Würde Techno in sich zusammenfallen, implodieren, es würde so klingen wie "Synecdoche". Denn Caria verdeckt die Strukturen und Muster nicht, er lässt sie ab und zu aufstehen, sich winden und beben.

"Ouevre" nahm Caria gemeinsam mit dem Berliner Experimentalmusiker Sebastian Plano auf, die beiden Künstler zerstückeln darin verschiedene Ideen, eine Geige sagt ab, ein Beat verkümmert irgendwo in den paar Minuten, alles so kaum greifbar, bevor die Streicher in der Dunkelheit aufschreien. Bei jeder Kollaboration verschmilzt Carias Sound mit den Ideen seiner Gäste. Mit Subheim zerrt er an "Paragdimatic", der Produzent darf seine Takte installieren, die Synthies täuschen im Hintergrund Stimmen vor, bevor alles wieder verschwindet, verpufft, als hätte es nie existiert. Erschaffe und lasse vergehen. Auf seinem vierten Album schöpft Caria aus den Dingen, die sein könnten, nicht aus den Dingen, die bereits sind. Und wenn solche Sätze in Rezensionen fallen, dann weiß der Leser: Achtung, Trip.

Wer will, kann das diesem Album unterstellen, behaupten, dass es ganz weit draußen wäre. Doch das fasst den Sound von Caria nicht. Denn als Saffronkeira geht es ihm um alles. Und eben auch nichts. Das kristallisiert sich am deutlichsten in "Epifonema" heraus, das er mit dem Franzosen Witxes aufgenommen hat. Je mehr sich der Song materialisiert, umso mehr löst er sich eigentlich auf. Hatte William Basinski einst mit seinen Disintegration Loops den materiellen Verfall eines Sounds dokumentiert, hat Caria das seinen Stücken in ihre DNA eingepflanzt. Es geht nur in Richtung Ende. Denn erst so kann hier Neues entstehen, und die kalten Sterne starren von oben herab. Techno löst sich in Ambient auf, Ambient in Beats, Beats in Stille. Der Zersetzungsprozess hat längst angefangen. Und selten hat jemand daraus so schöne Musik gemacht wie Eugenia Caria.

(Björn Bischoff)

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Highlights

  • Paragdimatic (with Subheim)
  • Ouevre (with Sebastian Plano)
  • Chthonian (with Mia Zabelka)

Tracklist

  1. Gregueria (with Siavash Amini & Idlefon)
  2. Paragdimatic (with Subheim)
  3. Aforisma (with Witxes)
  4. Ouevre (with Sebastian Plano)
  5. Chthonian (with Mia Zabelka)
  6. Syntagmatic (with Field Rotation)
  7. Epifonema (with Witxes)
  8. Metonymy
  9. Memory of noone

Gesamtspielzeit: 56:00 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag
Peter Gewürz
2016-01-02 19:54:32 Uhr
Also Saffran ist sehr teuer. Aber gerade um es zu würdigen werde ich auf der Nachtsten Zugfahrt Saffran mit nehmen und mir reinfahren. Augen zu und klanglandsxhaften entdecken.

Herder

Postings: 1836

Registriert seit 13.06.2013

2016-01-02 19:51:34 Uhr
Puh, ein aufregendes Stück Musik, in das ich noch mehr Zeit investieren muss und werde, um halbwegs durchzusteigen. Für die nächste lange Zugfahrt vorgebucht...

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 26212

Registriert seit 08.01.2012

2015-12-21 21:50:26 Uhr
Frisch rezensiert!

Meinungen?
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