Baroness - Purple

Vertigo / Universal
VÖ: 18.12.2015
Unsere Bewertung: 6/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10

Blaue Flecken
Ein bisschen geschichtliche Einordnung vorweg: Baroness waren nie eine sehr dynamische Band, auch weil sie in einem nicht sonderlich dynamischen Genre zu Hause sind. Den Unterschied zwischen dem Mittelmaß im Sludge Metal und Baroness machte immer John Baizleys technisch brillantes Songwriting aus. Die rhythmischen Kinkerlitzchen, die immer wieder zitierten zweistimmigen Gitarrenriffs und Baizleys zweifellos gutes Gespür für fesselnde Gesangsmelodien waren die Eckpfeiler von "The red album" und "Blue record". Dass das vielleicht nicht für immer ausreichen würde, hat schon "Yellow & green" gezeigt, das unter den typischen Lückenfüller-Problemen eines fast jeden Doppelalbums litt.
All das sollte man im Kopf behalten, wenn man "Purple" hauptsächlich als das Comeback-Album einer Band versteht, die einen schlimmen Verkehrsunfall nur knapp überlebt hat und fast daran zerbrochen ist. Die genesenen Baroness sind zwar zu 50 Prozent eine andere Band, mit neuem Schlagzeuger und Bassisten, aber immer noch das Kollektiv von John Baizley, dessen Herangehensweise beim Songschreiben sich nicht geändert hat, inklusive aller Stärken und Schwächen. Die neun Songs auf "Purple" (das kurze Outro zählt nicht) ähneln sich in vielerlei Hinsicht. Oft etablieren flächige Keyboards die Atmosphäre, dann legt das Riff los und die Band hackt, zirkelt und filetiert sich durch vier bis sieben Minuten Midtempo-Metal. Bis auf die vermehrt auftauchenden Keyboards ist das ja soweit bekannt. Aber neben den wenigen großartigen Ideen stehen wie auch schon auf "Yellow & green" einige, die etwas blass wirken.
Ein Vergleichsversuch: "Chlorine & wine" ist eines der exzellenten Stücke auf "Purple". Nicht nur lockern die Akustikgitarren den Sound der Band auf, sie dienen sogar ganz vorzüglich der Progression des Songs, der zwar von vorne bis hinten ein stoisches Tempo einhält, durch das etappenweise Übereinanderstapeln von immer lauteren und gleichzeitig melodieverliebteren Gitarren und dem fantastischen Gesang aber einen großartigen Sog entwickelt, völlig losgelöst von konventionellen Songstrukturen. Das darauffolgende "The iron bell" zieht das Tempo leicht an, scheitert aber an dem Versuch, das sowieso schon unscheinbare Hauptriff zunächst durch einen Rhythmuswechsel aufzubrechen. Auch Baizleys Gesang bleibt eher eindimensional und der Versuch am Ende, den Song durch einige Störgeräusche zu dekonstruieren, endet nur in einer leicht atonalen Coda.
"Shock me" ist noch eines der besseren Stücke. Die drängende Leadgitarre drückt den Gesang fast in den hymnenhaften Chorus, aus dem am Ende wiederum die Harmonien wunderbar glatt wieder in die Strophe fließen. Baroness halten sich hier zwar an ein ganz klassisches Songschema, aber die Ausführung ist eine Punktlandung. Abermals hält der nächste Song das Niveau nicht. "Try to disappear" hat einen hübschen Refrain, aber der Rest zerfasert zwischen halbgaren Strophen, Bridges und Übergängen, die nur mit Mühe den Weg zurück finden. Natürlich sind auch die schwächeren Baroness-Songs technisch immer noch weit interessanter und eindrücklicher als der Genre-Durchschnitt. "Interessant" verwandelt sich beim Hören allerdings nicht immer in "begeisternd". Das technische Genie Baizleys hilft ihm oft genug dabei, großartige Songs zu schreiben, aber es ist keine Garantie. Der Mann durch die Folgen des Unfalls seiner Band zu einem anderen Menschen geworden sein, im Guten wie im Schlechten, wie es sich in Interviews anhört. Er ist aber nicht zu einem anderen Musiker geworden, eben mit allen Stärken und Schwächen.
Highlights
- Shock me
- Chlorine & wine
Tracklist
- Morningstar
- Shock me
- Try to disappear
- Kerosene
- Fugue
- Chlorine & wine
- The iron bell
- Desperation burns
- If I have to wake up (Would you stop the rain?)
- Crossroads of infinity
Gesamtspielzeit: 42:49 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
---|---|
Prog-Nose |
2016-02-16 17:07:56 Uhr
Also eigentlich fand ich die Produktionen von Dave Friedmann bei Sachen wie Mercury Rev, den Flaming Lips oder auch Tame Impala immer sehr gut, dieses schrottig-übersteuerte war ja wie schon oben erwähnt immer so eine Art Markenzeichen von ihm, aber es gab da auch immer genügend "Raum" in der Musik selbst für durchaus auch subtilere Soundnuancen. Aber das hier... auweia. Schade, weil ich das Album ja sonst durchaus sehr gut finde. Schöne Schnittmenge in Sachen Härte/Melodie/Komplexität aus Yellow/Green & Red/Blue ohne größeren Ausfall. |
nathan adler |
2016-01-18 17:44:33 Uhr
der beschissene klang verhindert das anhören meinerseits. |
Demon Cleaner User und Moderator Postings: 5646 Registriert seit 15.05.2013 |
2016-01-13 23:49:53 Uhr
Hier war "Death Magnetic" wohl Vorbild, Mann klingt das beschissen. |
Pink |
2016-01-05 10:45:59 Uhr
6/10? Naja dazu sag ich jetzt mal nix. Die Produktion lässt aber in der Tat sehr zu wünschen übrig. Dachte tatsächlich dass meine Kopfhörer kaputt sind... |
The MACHINA of God User und Moderator Postings: 34418 Registriert seit 07.06.2013 |
2015-12-23 16:50:18 Uhr
Ah oh gott. Ich las "leider Kein Stilmittel". Sorry. |
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Referenzen
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