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Library Voices - Lovish

Library Voices- Lovish

Nevado / Rough Trade
VÖ: 06.11.2015

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Auf den Straßen Reginas

Es gibt Arschlöcher auf dieser Welt. Die vier, fünf oder sechs Typen zum Beispiel, denen Library-Voices-Sänger Carl Johnson in seiner kanadischen Heimatstadt Regina vor zwei Jahren über den Weg lief. Weil der Schlägertrupp ihn und seinen ehemaligen Bassisten Eoin Hickey-Cameron für homosexuell hielt und selbst einen offen homophoben Lebensstil pflegte, verprügelten die Straßenrowdys die beiden nach Strich und Faden. Von hinten. Johnson hielt Hickey-Cameron übrigens im Arm, weil er nach seinem Junggesellenabschied nicht mehr richtig laufen konnte. Was dem Frontmann der Band am Ende blieb, war ein lückenhaftes Gedächtnis und eine Schädelfraktur. Außerdem kann er seitdem den Geruch von Benzin nicht mehr wahrnehmen, schreibt das Szenemagazin Vice.

Arschlöcher. Johnson regenerierte sich monatelang, obwohl er eigentlich Texte fürs dritte Album seiner Band schreiben wollte. Am Ende steuerte er immerhin sieben von elf Songs zu "Lovish" bei und ja, das Album beginnt nicht nur aggressiv und jährzornig, es ist so: "All of your heroes / They're assholes / But that don't mean / You should piss on your dreams." So wütend, wie kanadischer Indie-Pop nur sein kann, fuchtelt der Opener "Oh Donna" um sich. Mit einer Reminiszenz an den 1968er-Hit "Crimson and Clover" von Tommy James & The Shondells begräbt die Band ihre Jugend in Purpur und Klee.

Nicht nur in diesem Song, auch im relaxten "Sunburnt in LA" steht Brennan Ross am Mikro und vertritt seinen Kumpel so, wie es sich für Freunde gehört: Johnsons Anwesenheit ist auch in Ross' Zeilen spürbar. Denn Library Voices stehen, noch bevor Songs auf Platte gepresst werden, für eine unverrückbare Tatsache: Erst kam die Freundschaft, dann die Musik. Auch wenn drei ehemalige Bandmitglieder mittlerweile andere Wege gehen, sind immerhin sieben geblieben. Wenn sie auf der Straße so aggressiv auftreten würden, wie auf "Lovish", würden sie sicher auch eine anständige Gang abgeben.

"Slacker", "Zzyzx", "Fangs of love" und "Bored in Berlin" gehen ungewohnt schlagkräftig nach vorne. Auf den ruhigeren Etappen des Albums wie in "The wild roar of love" mit seinem langgezogenen "You were gone" und dem kurzatmigen "And I'm right here". Johnson beschreibt Regina nach dem Vorfall als dichotomische Stadt. Willkommensgruß und Hass liegen so nah beieinander, wie die Höhen und Tiefen eines Bachelor-Abends. Genauso klingt das Album. Ein Verzerrer hier, wie in "Escape artist", repetitive "Lost and found"-Passagen in "Death by small talk", ein bisschen Rock'n'Roll bei "Fangs of love" und ein dreiminütiges Ende im Weltenrauschen von "Every night".

Aus den belesenen Library Voices sind nun keine kulturpessimistischen Schopenhauers geworden. Sie sind weiter eine Band, die Song für Song ihren Emotionen freien Lauf lässt und darin Erfüllung findet. Das ist für sie Genugtuung und für ihre Fans ein Abtauchen ins Stimmungsbad. Die Arschlöcher wurden übrigens geschnappt.

(Bastian Sünkel)

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Highlights

  • Oh Donna
  • Escape artist
  • Bored in Berlin

Tracklist

  1. Oh Donna
  2. Sunburnt in LA
  3. Slacker
  4. Zzyzx
  5. Hey! Adrienne
  6. The wild roar of love
  7. Escape artist
  8. Fangs of love
  9. Death by small talk
  10. Bored in Berlin
  11. Every night

Gesamtspielzeit: 41:33 min.

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Armin

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2015-11-24 21:13:35 Uhr
Frisch rezensiert!

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