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Twice A Man - Presence

Twice A Man- Presence

Yellow Ltd. / Indigo
VÖ: 06.11.2015

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 10/10

Delirium-Präsens

"Aufgewacht mit schwerem Schädel, neben mir ein fremdes Mädel. Uhr im Pisspott, Geld ist weg, auf der Zunge Fliegendreck. Auch im Herzen bitt're Sorgen, ja, das ist der Sonntagmorgen." So reimt ein Trinker, dessen durchzechte Nächte sich härter als die eigene Leber anfühlen. Und dem der kalte Entzug nun die Sinne zerbröselt. Oder man ist Mitglied von Twice A Man und fragt sich zu Recht, ob das eigene Schaffen ebenso von Gedächtnislücken geprägt ist. Denn gegen die Intensität von "Presence" stinken viele Arbeiten seit den 1990er Jahren kaum mehr an. Synthi-Pop, ick hör Dir wachsen.

Auslöser dieses Neustarts ist Keyboarder Jocke Söderqvist, der zur Jubiläums-Tournee des 1984er Referenzwerks "From a northern shore" der schwedischen Legenden an seine Klimperkisten zurückkehrte. Da alte Besen besser fegen, kehrte er den drögen Electronica- und Ambient-Soßenbinder, durch den sich seine Kumpanen seit den 1990er Jahren manche Komposition ruiniert haben, prompt aus dem Studio. Freilich nur, um sich mit markanteren Songstrukturen Gehör zu verschaffen. "Presence" punktet mit breitschultrigen Analogflächen, munter knuspernden Rhythmusschleifen und nebeltrüben Sequenzen, gepaart mit der Gemütlichkeit einer Polarnacht im Freien. Wie beim Vorgänger "Icicles" geht es der steifen Ambivalenz von Alben wie "Clouds" oder "Agricultural beauty" mit eleganten Filter-Modulationen und eindringlichen Gesangslinien an den Kragen. Was überfällig war.

Sänger und Gitarrist Dan Söderqvist wirkt gelöster denn je. Er harmoniert zudem perfekt mit der dramatisch aufgetürmten Soundkulisse. Selbst Kollege Karl Gasleben stolpert nicht mehr durch seine Klangbibliothek, sondern setzt treffliche Widerhaken in das weiche Fleisch der Bestie namens "Presence". Einem geschundenen Wesen, das durch eine Welt voller Misstrauen, Fanatismus und Gier kriecht, unserer heutigen nämlich. Dessen Niedergeschlagenheit wird binnen einer Dreiviertelstunde in ein erhebendes Wohlgefühl verwandelt. Herzenswärme, eine in der elektronischen Musik oft unterschätzte Variable, die bei Twice A Man aber Gestalt annimmt, trotz aller damit verbundenen Widersprüche.

Das Trio beginnt seinen Weg durch die Unerträglichkeit des Seins mit finsteren Loops und gewaltigen Bläsern. Diese werden mitsamt eines Eingeborenengesangs jäh über die nächste Klippe geworfen, unter der sich "Here comes the rain" durch die zerklüftete Landschaft wälzt: Ein bombastischer Shuffle aus Click-Clickschen Bassfrequenzen und den vibrierenden Urschreien einer Synthesizer-Linie des Altmeisters Gary Numan. Einhalt gebieten hier das epochal-trippige "A world is gone", getränkt mit all dem Leid der frühen The Cure, die pumpenden Club-Kalfaktoren "Black", "Lines" und der stolze Gruß an Clock DVA in Form von "Presence", der sich ähnlich an der eigenen Trägheit ergötzt, wie dies die Briten auch gern tun.

Sie alle können aber nichts gegen den Endgegner dieses kurzweiligen und berührenden Albums ausrichten, jenen morschen Gefährten namens "High in the clouds", der alles Leid und sämtliche Wunden mit seiner quantisierten Güte und einer bittersüßen Frauenstimme bedeckt, so wie Hurts das nie hinbekommen haben. Ein Trostpflaster für diese fieberkranke Welt, die unter gehörigem Liebesentzug leidet.

(Andreas Knöß)

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Highlights

  • Here comes the rain
  • A world is gone
  • Black
  • High in the clouds

Tracklist

  1. A time of terror
  2. Here comes the rain
  3. A world is gone
  4. Black
  5. Lines
  6. Presence
  7. Kick the earthdrum
  8. Universal stream
  9. High in the clouds

Gesamtspielzeit: 44:57 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag
Beobachter
2015-11-27 20:16:02 Uhr
Diese arrogante Herablassung von Vermilion Smile. HV bist dus?
Honk
2015-11-27 20:15:26 Uhr
Wenn was verachtenswert ist, ist es das:

https://www.youtube.com/watch?v=B7E5ZJkT-eI

Psychic TV covert Funkadelic..
Paris, London, Rom, Frankfurt, Berlin
2015-11-27 19:41:13 Uhr
Genesis würde jeden verachten, der von "TG-Portfolio" spricht. Gute Güte.
Honky Tonk Fridolin
2015-11-27 19:39:17 Uhr
Ihr seid blöd. Mit euch spiele ich nicht mehr. Leistung lohnt sich wieder? Listen Leister sind dufte.
Vermilion Smile
2015-11-27 19:35:46 Uhr
Nur mal zur Klarstellung:
Honk und Vermilion Smile sind nicht ein und dieselbe Person. Dass das Forum Gastbeiträge zulässt und dies von angemeldeten Nutzern genutzt werden könnte, damit sie Beiträge inkognito schreiben könnten, ist eine weitere große Schwäche von PT. Sollte vielleicht mal über eine Änderung nachgedacht werden...
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