Tom Jones - Long lost suitcase

Caroline / Universal
VÖ: 09.10.2015
Unsere Bewertung: 6/10
Eure Ø-Bewertung: 4/10

Klappe, die Dritte
Er hat eine dieser Stimmen, die eine Karriere auch über 50 Jahre und länger tragen können. Eingesetzt hat er sie meist für die Songs anderer Leute. Ähnlich wie es Joe Cocker war, ist Tom Jones eben mehr Interpret als Songschreiber. Und doch hatten die letzten beiden Alben "Praise & blame" (2010) und "Spirit in the room" (2012) eine besonders starke persönliche Note. Der "Tiger" wählte für diese Alben ausschließlich Songs, die ihn über Jahre geprägt und begleitet haben. Ohne ein Auge auf mögliche Verkaufszahlen zu werfen, zollte der inzwischen 75-jährige Waliser damit nicht nur seinen Vorbildern Tribut, sondern gab etwa mit seinen Versionen von Bob Dylans "What good am I?" oder Blind Willie Nelsons "Nobodys fault but mine" auch tiefe Einblicke in sein Seelenleben. Beide Alben rissen zwar keine Bäume aus, ernteten aber viel Kritikerlob. "Long lost suitcase" wird es ähnlich ergehen. Es ist der letzte Teil dieser Trilogie. Und der beste.
Den Auftakt macht das nachdenkliche "Opportunity to cry", im Original von Willie Nelson. Der Tiger nagt den Song ab bis auf die Knochen und tränkt ihn in tiefschwarze Trauer. "Honey, honey" dagegen wird mit Country-Fiddle, Banjo und Gastsängerin Imelda May zum geselligen Gute-Laune-Track. Ähnlich wird der Stones-Blues "Factory girl" instrumentiert und gekonnt wiederbelebt. Es sind diese beiden Kategorien Songs, die gelingen: die kargen und düstreren Blues-Nummern ebenso wie wie die fidelen Country-Stücke. Schwierig wird es immer dann, wenn Sentimentalitäten ins Spiel kommen. Jahrzehntelang hat Jones seine Stimme darauf geeicht, gegen Orchester und Big Bands anzusingen und den potenten Entertainer zu geben. Immer volle Lunge am Maximum. Die leisen Töne wie etwa bei "He was a friend of mine" oder "Tomorrow night" geraten ihm deshalb seltsam unglaubwürdig. Am deutlichsten wird das in "Elvis Presley blues", in dem er deutlich überpowert. Ein bisschen weniger Tiger wäre hier angebracht gewesen.
Doch das soll den Gesamteindruck nicht schmälern. Tom Jones, der ehemalige Staubsaugervertreter aus Wales, hat seine Tribut-Reihe erfolgreich abgeschlossen und würdevoll den Hut vor seinen musikalischen Helden gezogen. Das ist gewiss auch der Verdienst von Produzent Ethan Johns, der den Altmeister ganz in der Manier eines Rick Rubin vom gewohnten Terrain weglockt hat und ihm so neue Seiten abgewinnt. Die Freude, die Jones dabei trotz aller Ernstahftigkeit hat, kann man deutlich hören. Sir Tom Jones hat sein Alterswerk begonnen. Dass er von hier aus noch einmal in modernen Songkostümen an die Spitze der Charts tanzt, ist unwahrscheinlich. Dass er beim nächsten Album noch tiefer ins Wesen seiner Seele vordringt, ist dagegen zu hoffen.
Highlights
- Honey, honey
- Factory girl
Tracklist
- Opportunity to cry
- Honey, honey
- Take my love (I want to give it)
- Bring it on home to me
- Everybody loves a train
- Elvis Presley blues
- He was a friend of mine
- Factory girl
- I wish you would
- 'Til my back ain't got no bone
- Why don't you love me like you used to do?
- Tomorrow night
- Raise a ruckus
Gesamtspielzeit: 42:07 min.
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