John Lemke - Nomad frequencies
Denovali / Cargo
VÖ: 25.09.2015
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10
Dann ist jetzt
Will man sich dem Schaffen von John Lemke nähern, muss man zunächst am Klavier vorbei. Das altehrwürdige Tasteninstrument stellt das Hauptwerkzeug des Schotten dar, wobei er das Piano lediglich zum Ausgangspunkt seiner Arbeit macht. Computergenerierte Klänge finden sich ebenso auf seinem neuen Werk "Nomad frequencies" wie opulent arrangierte Streicherpassagen und ins jazzige abdriftende Saxophonparts. Wie eine findige Spinne webt Lemke aus den einzelnen Fäden ein dichtes Netz akustischer Fangfäden. Nachzuhören etwa in "Corroder", einer beseelten Reise in unentdecktes Land.
Der Brite hat im Fach der sequentiellen Musik definitiv seine Hausaufgaben gemacht. Besonders "Vessel" ist hier aufgrund seiner repetitiven Pianofiguren und der statischen Rhythmisierung zu nennen. Ähnlich wie bei John Cage und Philip Glass genügt nur ein Mindesmaß an Variation, um die Spannung über die gesamte Spieldauer des Tracks hoch zu halten. Hin und wieder regieren jedoch auch ganz andere Töne: "At the dust boutique" und "Encounters" sind um entspannte Offbeats herum errichtet, wobei ersteres fast schon schelmisch daherkommt.
Unbestrittener Höhepunkt eines an Großtaten wahrlich nicht armen Werks ist indes "The unwinding". Was Lemke hier abbrennt, lässt selbst den erfahrensten Pyrotechniker vor Neid erblassen. Langsam und bedächtig beginnt der Track, einzelne Klaviertöne taumeln in den Vordergrund. Beinahe schüchtern fügen sich Töne aneinander, ehe schließlich ein karger Beat und sphärische Synthesizer das Heft in die Hand nehmen. Die unvermittelt einsetzende Hauptmelodie lässt dann engültig alle Zurückhaltung fahren. Das ist große Kunst und trotz aller kompositorischen Kniffe erstaunlich zugänglich.
Die zweite Hälfte des Albums schippert in ruhigeren Gewässern, wobei Stücke wie das mit einem feinen Breakbeat hinterlegte "Grass will grow" weit davon entfernt sind, bloße Begleiterscheinungen zu sein. John Lemke ist ein präzise arbeitender Minimalist, der genau weiß, wie viele Spuren nötig sind, um die maximale Wirkung auslösen zu können. Seine Musik ist Bedingung und Folge kunstseidener Epiphanien. Wenn regenschwere Wolken über leergefegten Landschaften hängen. Wenn sich der Morgen mühsam aus der Nacht schält und jedes noch so leise Geräusch viel zu laut scheint. Wenn hier woanders ist.
Highlights
- Of elsewhere
- The unwinding
- Corroder
- Grass will grow
Tracklist
- Of elsewhere
- The unwinding
- At the dust boutique
- Vessel
- Encounters
- Corroder
- Grass will grow
- To let it go
- Passenger
- Kleinod
Gesamtspielzeit: 47:53 min.
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2015-11-04 21:19:47 Uhr
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Referenzen
Wisp; Aphex Twin; Petrels; Hydras Dream; Burial; Four Tet; Hecq; John Cage; Philip Glass; The Octopus Project; Arvo Pärt; Max Richter; Mouse On Mars; Autechre; Deru; Ex Confusion; Orcas; Diamat; Jean-Michel Jarre; Tortoise; Grouper; The Chemical Brothers; Squarepusher; UNKLE; The Notwist; Phantom/Ghost; Tangerine Dream; To Rococo Rot; Schneider TM; DJ Koze; Bonobo; John Coltrane; Miles Davis; Kreidler; Tarwater; Kraftwerk; Mark Bell
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