The Icarus Line - All things under heaven

American Primitive / Agitated / Cargo
VÖ: 16.10.2015
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10

Das heftig hassende Ich
Mehrmals setzt Joe Cardamone im Opener "Ride or die" an. Er stammelt das "I", sein Ich, als müsse er es erst selbst finden, um es dann nach und nach brachial in die Außenwelt hinaus zu brüllen. Später wird er es noch wispern, stöhnen und ja, während diesen knapp 70 Minuten auch einmal singen. Wobei die Gesangsspuren sowieso oft in der lärmenden und dissonanten Musik untergehen. "All things under heaven" transzendiere alles, wozu The Icarus Line meinen, fähig zu sein, so Frontmann Cardamone. Was natürlich viel ist. Zu viel, mag man geneigt sein zu sagen. Das gehört zum Konzept dieser Band, die weiterhin den größten Mittelfinger der Rockmusik für sich beanspruchen. Totale Verweigerung, stellenweise auch gegenüber der eigenen Hörerschaft.
Hass ist im geläufigen Wortgebrauch oftmals ein zu starkes Wort. Doch The Icarus Line hassen alles, vor allem die Mitmenschen. Im Titeltrack geht das so weit, dass der Künstler Joe Coleman sich eines satanischen Poems ereifert, in welchem sich Mutter Natur um Junkies, Rassisten, Schwerverbrecher und sexuell Annormale kümmert. Das Problem, das sind die anderen. In "Little horn" schrammeln noch die E-Gitarren in einem Free Jazz, bis dann nach zwei Minuten ein Synthesizer den Takt vorgibt. Mit Bässen wie offene Pulsadern in "Total pandemonium", vibrierenden Gitarren, verstimmtem E-Piano.
Und Cardamone? Der macht dazu den Michael Gira oder den frühen Nick Cave, während die Mannen hinter ihm eine entsprechende Bühne für diese Totentänze bereiten. Passenderweise ist Bad Seed Warren Ellis mitverantwortlich für "Bedlam Blue", dem nur mit verhallenden Akustikgitarren und Streichern mäandernden Liebesstück, das nicht an einen, weil ja verhassten, Menschen, sondern mehr an die Liebe selbst gerichtet ist. Für Cardamone ist das Stelldichein sein Stellmichein. Seine Psychosen, die Nervenzusammenbrüche, sein Nihilismus – alles mündet ausweglos in "All things under heaven". "El sereno" ist noch der harmloseste Track. Mit ausmachbarer Melodie, klarer Struktur, wenig Kakophonie. Eben das, was The Icarus Line als Ballade verstehen.
Herzstück des Albums ist dann "Incinerator blue": Zwölf Minuten purer Irrsinn, geisterhafte Rasseln und wundervoll glimmerndes E-Piano münden in ein letztes Drittel der Schreie, Volatilität und des Lärms. "Mirror" hat dann den Ausspruch, der alles Eigentliche von diesem lebensüberdrüssigen Werk vereint: "Life is meaningless / Why don't you kill me?" Das ist gewollt heftig. Manchmal etwas zu gewollt, manchmal allzu heftig. Auch Ikaros wollte im Mythos nicht auf Daidalos hören und weiter fort gen Himmel, in allem Übermut emporsteigen. The Icarus Line fallen im Gegensatz zu Ikaros nicht wieder hinab. Sie verbrennen in einem schmerzlich schrillen, gleißenden Strich am Horizont.
Highlights
- Total pandemonium
- El sereno
- Incinerator blue
Tracklist
- Ride or die
- Total pandemonium
- El sereno
- All things under heaven
- Little horn
- Millenial prayer
- Incinerator blue
- Mirror
- Bedlam blue
- Solar plexus
- I don't wanna stay
- Sleep now
Gesamtspielzeit: 72:03 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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The MACHINA of God User und Moderator Postings: 29760 Registriert seit 07.06.2013 |
2017-09-22 10:49:36 Uhr
Ich muss immer an Swans in Punk denken. :D |
noise Postings: 919 Registriert seit 15.06.2013 |
2015-11-15 21:51:54 Uhr
Sehr gelungenes Album mit extrem düsterer Atmosphäre. Erinnert mich stark an "Grinderman".Sollten eigentlich mehr Aufmerksamkeit erhalten. |
The MACHINA of God User und Moderator Postings: 29760 Registriert seit 07.06.2013 |
2015-11-10 12:59:55 Uhr
Tolles Album. gestern mal beiim abendlichen stürmischen Herbstspaziergang. Was für ein schöner Albtraum. :) |
The MACHINA of God User und Moderator Postings: 29760 Registriert seit 07.06.2013 |
2015-10-29 18:05:17 Uhr
Irgendwie mag ich das Ding. Swans hör ich auf jeden Fall viel drin. Schöner Abgrund, das Ganze. |
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 24572 Registriert seit 08.01.2012 |
2015-10-28 21:18:50 Uhr
Frisch rezensiert!Meinungen? |
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Referenzen
Nick Cave & The Bad Seeds; Grinderman; Warren Ellis; The Birthday Party; Michael Gira; Swans; The World Of Skins; The Body Lovers; Liars; The Stooges; Iggy Pop; MC5; Burning Brides; Obits; Autolux; Imperial State Electric; The Men; Backyard Babies; Murder City Devils; Zen Guerilla; Helmets; Tokyo Sex Destruction; The Flaming Sideburns; Cave In; Queens Of The Stone Age; Eagles Of Death Metal; The Dead Weather; Band Of Skulls; Starvin Hungry; Blues Explosion; Rye Coalition; Protomartyr; Drive Like Jehu; The Mooney Suzuki; A Place To Bury Strangers; Mudhoney; Royal Trux; Black Bananas; ; The Sonics; The Hives; The Monks; The Chronics; Tad; The Jesus & Mary Chain; Wolf & Cub; Killing Joke; The Cult; Melvins; Wipers; Suicide; Part Chimp; These Arms Are Snakes; Mínus; Reykjavik!; Unsane; Modey Lemon; Christiansen; North Of America; The Blood Brothers; Jaguar Love; Black Flag
Surftipps
- http://theicarusline.com
- http://theicarusline.co.uk
- http://theicarusline.bandcamp.com
- http://www.cargo-records.de/de/item/87654/katalog_art.75.htm l
- https://en.wikipedia.org/wiki/The_Icarus_Line
- https://www.facebook.com/The-Icarus-Line-204884706254219/tim eline/
- https://twitter.com/theicarusline
- http://www.thelineofbestfit.com/features/interviews/intervie w-joe-cardamone-icarus-line-73348
- http://www.discogs.com/artist/113815-The-Icarus-Line
- http://motor.de/the-icarus-line/
- http://www.last.fm/music/The+Icarus+Line
- http://www.paraphiliamagazine.com/periodical/the-outsider-jo e-cardamone-vs-the-mainstream/
- https://www.youtube.com/user/gangbangpark/videos
- http://www.allmusic.com/artist/the-icarus-line-mn0000076151
- http://www.mojo4music.com/21710/the-icarus-line-enter-the-vo id-for-new-album/
- https://soundcloud.com/the-icarus-line
- http://www.visions.de/news/23401/The-Icarus-Line-kuendigen-n eues-Album-All-Things-Under-Heaven-an-und-streamen-ersten-So ng
- http://buzzbands.la/2015/08/06/stream-the-icarus-line-ride-o r-die/
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