Bryan Adams - Get up

Polydor / Universal
VÖ: 16.10.2015
Unsere Bewertung: 3/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10

Weichgekocht
Man muss sich vorstellen, wie Bryan Adams am Herd steht und Spaghetti Pomodoro kocht. Schublade auf, Messer raus, Tomaten klein schnippeln, ab in die Pfanne damit und Pasta in den Topf, Schublade zu, warten, servieren. Aber dann: Irgendetwas fehlt doch. Was kann das sein? Spaghetti? Sind da. Tomaten? Auch da. Salz? Mist, vergessen. Einmal kann das ja passieren, ein zweites Mal auch, aber nach dem dritten Mal sollte man vielleicht doch mal zum Arzt gehen. Aber wenn das seit 1983 immer so läuft? Das ist nicht normal, da passt etwas nicht.
Adams kennt man nun neben der Musik vor allem für seine Fotografien und nicht etwa wegen seiner Kochkünste. Außerdem verrät er auf seiner Facebook-Seite, dass er Spaghetti Pomodoro nicht selbst zubereitet: Er lässt kochen. Von Luciano Pavarotti, im Jahre 1995, als beide Urlaubsnachbarn waren. Aber Schluss jetzt mit italienischer Küche und Erinnerungen an bessere Zeiten. Es geht um Musik. Mit der verhält es sich aber ganz ähnlich wie mit den Küchenfertigkeiten des Kanadiers: Es fehlt das Salz. Seit 1984 "Reckless" erschien, das Album, von dessen Ruhm Adams bis heute zehrt, hat der Sänger all das gemacht, was Rocker im Zentrum des Mainstreams auszeichnet: die großen, alten Songs in noch größeren Stadien gespielt. Mehr oder weniger regelmäßig neue Musik aufgenommen. Hölzerne Texte aus dem Konformitäts-Kochtopf geschrieben und Sounds erzeugt, bei denen gelegentlich ein Hoffnungsschimmer aufflackerte, die meistens jedoch platt wie Heilbutt waren.
"Get up" könnte heißen, dass er es verstanden hat. Neubeginn auf die alten Tage, Aufbruch, Rock'n'Roll. Aber in Wirklichkeit ist es genau so, wie es sich anhört: eine Werbefantasie. Zweifellos: Der Beat von "You belong to me" zündet sofort, ist aber genauso schnell wieder vergessen. Spätestens wenn man die belanglosen Texte in Augenschein nimmt, zeigt "Get up" sein wahres Gesicht. Neun Songs plus vier davon als Akustikversion, 36 Minuten salzbefreite Zone. Im Opener rennt Adams seiner Liebe hinterher, bei "Go down rockin'" und "That's rock and roll" offenbart sich einmal mehr, dass es eben nichts mit Rock'n'Roll zu tun hat, wenn man nur wiederholt, dass es Rock'n'Roll ist und das "you" durch ein "ya" ersetzt: "Do ya wanna start a revolution? / Or do ya just wanna have some fun?" Beides schwer vorstellbar.
Die pathostriefenden Balladen "We did it all", "Don't even try" und "Yesterday was just a dream" sind inhaltlich wie musikalisch nur schwer zu ertragen. "You took the love she gave / And then you threw it all away" ist nur eines der vielen Textzitate, die eins um das andere veranschaulichen, wie man einem Song die Seele aus dem Leib kuschelt. Also lieber wieder Rock'n'Roll? "Thunderbolt" muss doch allein wegen des Namens zappeln wie Babyboomer auf dem letzten Rolling-Stones-Konzert? Denkste. Ein weiteres Klischee eines Rocksongs: "Like a thunderbolt – comin' straight down from the sky / Like a thunderbolt – don't it make you wonder why?" Nein, das Warum interessiert schon lange nicht mehr. "Brand new day" wagt wenigstens den Versuch, als ehrlich arbeitender Rausschmeißer durchzugehen. Äußerst simpel, aber gelungen, weil Adams zumindest an zwei Stellen kurz von seinem angestammten Platz in der Mitte aufspringt und für Sekunden auf das Standard-Gestöhne verzichtet.
Geschafft? Noch nicht ganz. Die vier Akustik-Songs warten noch – ansonsten wäre dieses Album mit 25 Minuten nämlich nicht viel länger als eine EP. Doch hier macht Adams bloß noch einmal das gleiche wie zuvor – nur ohne Strom. "Get up" war trotz des renommierten Produzenten Jeff Lynne von Electric Light Orchestra also genau so zu erwarten: ein paar vorhersehbar uninspirierte Songs, immer die gleichen Handgriffe. Wie beim Spaghettikochen. Nur, dass es nie schmeckt.
Highlights
- You belong to me
- Brand new day
Tracklist
- You belong to me
- Go down rockin'
- We did it all
- That's rock and roll
- Don't even try
- Do what ya gotta do
- Thunderbolt
- Yesterday was just a dream
- Brand new day
- Don't even try (Acoustic)
- We did it all (Acoustic)
- You belong to me (Acoustic)
- Brand new day (Acoustic)
Gesamtspielzeit: 36:03 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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gordon got a sting Postings: 29 Registriert seit 28.08.2014 |
2016-05-29 21:24:30 Uhr
Was habt ihr alle?Wenn Mando Diao so ne neue Platte herausbringen würden, wär das die Revolution vom Rock n´roll! Und der Mann ist 40 Jahre älter als die. Für sein Alter ein richtig frisches Album. Wenn man sich anhört, was seine alten Rocker-Kumpels an gebündelter Langeweile raushauen...echt Respekt! Geht mit den Ansprüchen runter, dann hört ihr ein gutes Rock-Album! |
Straight from the fart |
2015-12-29 12:30:17 Uhr
Endlich bei Helene Fischer angekommen. |
34 |
2015-12-18 08:45:16 Uhr
Geschmacksache, "Full Moon Fever" fängt für mich stark an und lässt stark nach. |
Menikmati Postings: 467 Registriert seit 25.10.2013 |
2015-12-16 13:21:17 Uhr
ich kann mich nicht erwehren, aber "we did it all" mausert sich zu meinem heimlich-peinlichen-ohrwurm. bereits der dritte song des albums, der ok ist. langsam wirds gefährlich.. |
@34 |
2015-12-16 09:55:41 Uhr
Na wenn das so ist dann müsste die Platte ja ziemlich gut klingen. Full Moon Fever war genial, und ELO zu verunglimpfen war früher mal. Heute sind wir da Gott sei Dank drüber hinaus. |
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Referenzen
Bon Jovi; John Mellencamp; Bruce Springsteen; Dire Straits; Tom Petty; Crosby, Stills & Nash; John Hiatt; Donovan; John Fogerty; Pat Benatar; Bob Dylan; Neil Young; Johnny Cash; Little Big Town; Sandi Thom; Sheryl Crow; Joe Cocker; Elvis Costello; Paul Westerberg; Counting Crows; Ryan Adams; T-Bone Burnett; Giant Sand; Dirtmusic; Dr. Dog; Wilco; Joe Henry; Gram Parsons; Hank Williams; Solomon Burke; Jack Logan; Van Morrison; Richard Marx; Phil Collins; Journey; Foreigner; Toto; Billy Joel; Roxette; Chris De Burgh
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