Listen




Banner, 120 x 600, mit Claim


Killing Joke - Pylon

Killing Joke- Pylon

Spinefarm / Universal
VÖ: 23.10.2015

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Gleichgewicht des Schreckens

Großzügig Kajal um die Augen geschmiert, Aluhut auf und möglichst irre in die Kamera gestarrt: Killing Joke lassen nicht locker. Warum auch, wenn sich auf der Erde in circa 35 Jahren Bandbestehen grundsätzlich nichts getan hat? Nach wie vor beuteln (Un-)Heilige Kriege die Menschheit, der alte Affe Technologie ist vom Segen längst zur Bedrohung geworden, und Freiheit bedeutet maximal die Freiheit des Nichtdenkenden. Zu Letzteren zählt Jaz Coleman keinesfalls – und verspürt deswegen ob globaler Missstände und drohender Apokalpyse regelmäßig das Bedürfnis, mit seiner Band gehörig auf den Putz zu hauen. Und das klingt dann ungefähr so, wie es sich anfühlt, wenn man den Baustellen-Leitkegel aus dem Titel des 15. Killing-Joke-Albums als Zäpfchen in den Allerwertesten verabreicht bekommt. Wo tut's denn weh? Ach so, überall. Umso besser.

Und so klackern Colemans Gehilfen Geordie Walker, Martin Glover und Paul Ferguson bereits verheißungsvoll mit ihren Arbeitsgeräten. Also mit holzfällenden Metal-Gitarren, Eingeweide-Bässen und Knalloballo-Drums, die immer auf dieselbe Stelle hauen. Und der Chef guckt ausnahmsweise einmal wohlwollend: So hat er's gern, wenn er die Songs zusätzlich mit unheilvoll sirrenden Keyboards unterlegt und stimmlich die Mitte zwischen bösem, überdimensionalem Rumpelstilzchen und pastoralem Prediger für eine bessere Welt trifft. Doch Coleman bleibt ein Rufer in der Wüste: Der "War on freedom" ist in vollem Gange, auch in "New Jerusalem" stehen die Dinge nicht gerade zum Besten – da kann "Autonomous zone" zu Beginn noch so rasant vorwärts hetzen, hämische Breaks einbauen und die Synthies wie Luftschutzsirenen heulen lassen. Das war nur der Anfang.

Und auch musikalisch ändern sich manche Dinge nie – ebensowenig auf dieser Platte, die immer wieder auf Elemente aus den verschiedenen Stationen der Band zurückgreift. Der Vorab-Brocken "I am the virus" erweist sich zu entfesseltem Geschrei und tobendem Uptempo in der Tat als unmöglich zu deinstallierender Wurm auf der zerfressenen Humanfestplatte, "Delete" geht sogar noch einen Schritt weiter: Das Amok laufende Bösewerk "The lightbringer" aus "Hosannas from the basements of hell" oder der Speed-Bolzen "Whiteout" vom "Pandemonium"-Album sind zum Greifen nahe. Und obwohl solche Referenzgrößen in Sachen Härte hier unerreicht bleiben, besteht kein Zweifel: Dieser Song kommt aus der Hölle. Oder wenigstens aus dem heißesten Geysir Islands, wohin Coleman in den Achtzigern angesichts atomarer Bedrohung zwischenzeitlich emigierte.

Passend dazu ist es fast schon eine Erholung, dass "New cold war" zielstrebig, aber vergleichsweise entspannt mit den Leads zwirbelt und der Frontmann beschwörend brüllsäuselt, während aus der politischen Doktrin der "Balance of Power" allmählich ein Gleichgewicht des Schreckens wird. "Euphoria" besinnt sich danach auf den elektronisch gepolsterten Bombast des Albums "Brighter than a thousand suns", und auch sämtliche durch die Mangel der Castingshows gedrehten 15-Minuten-Stars bekommen in "Big buzz" ihr abgesaugtes Fett weg. Medienexistenzen, über die Killing Joke weiß Gott nur gequält grinsen können, auch wenn ein Titel wie "Into the unknown" auf "Pylon" als Beschreibungsebene fehl am Platze ist: Hier weiß man von jeher, was man bekommt. Und solange das eine solche Klasse hat, steht weiteren 35 Jahren nichts im Wege.

(Thomas Pilgrim)

Bei Amazon bestellen / Preis prüfen für CD, Vinyl und Download
Bei JPC bestellen / Preis prüfen für CD und Vinyl

Bestellen bei Amazon / JPC

Highlights

  • Autonomous zone
  • New cold war
  • Delete
  • I am the virus

Tracklist

  1. Autonomous zone
  2. Dawn of the hive
  3. New cold war
  4. Euphoria
  5. New Jerusalem
  6. War on freedom
  7. Big buzz
  8. Delete
  9. I am the virus
  10. Into the unknown

Gesamtspielzeit: 57:03 min.

Album/Rezension im Forum kommentieren (auch ohne Anmeldung möglich)

Einmal am Tag per Mail benachrichtigt werden über neue Beiträge in diesem Thread

Um Nachrichten zu posten, musst Du Dich hier einloggen.

Du bist noch nicht registriert? Das kannst Du hier schnell erledigen. Oder noch einfacher:

Du kannst auch hier eine Nachricht erfassen und erhältst dann in einem weiteren Schritt direkt die Möglichkeit, Dich zu registrieren.
Benutzername:
Deine Nachricht:
Forums-Thread ausklappen
(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

MasterOfDisaster69

Postings: 936

Registriert seit 19.05.2014

2015-12-09 16:14:52 Uhr
Bei den Highlights liege ich ganz ähnlich wie Thanksalot, vielleicht eben plus Panopticon…
Jaz‘ Gesang und Geordie’s Gitarrenspiel sind einmalig. Das das nicht jedem gefällt war schon immer so und ist auch gut so.
Für mich natürlich die Platte des Jahres.

9/10
9of6
2015-12-08 04:51:10 Uhr
meiner Ansicht nach wächst es - und ich fand es eh schon gleich ziemlich gut.
Will sagen: Super. Und obgleich ich es zunächst auch als sehr homogen im positiven Sinne und gleichzeitig wenig abwechlungsreich im negativen Sinne erlebt habe; verstehe ich dieses Gefühl jetzt nicht mehr: Dawn Of The Hive, New Jerusalem, Big Buzz etc... das sind schon sehr verschiedene Vibes. Natürlich ganz subjektiv: Sehr hoch in meinen persönlichen KJ-Beste Alben-Charts.

Auch die Bonus Tracks haben meiner Ansicht nach Potiential zum Wachsen - Plague und Star Spangled zu allererst. Panopticon - an anderer Stelle hoch gelobt - hingegen tut gar nichts für mich.

Thanksalot

Postings: 545

Registriert seit 28.06.2013

2015-11-09 20:23:07 Uhr
Ein gutes Album ist es geworden. Aber besser als MMXII? Könnte durchaus sein. Mal gucken, wie es nach ein paar Monaten ausschaut.
In sich ist es auf jeden Fall geschlossener als die beiden Vorgänger und die Ur-Mitglieder klingen mehr denn je nach einer echten Einheit. Ich war erst ein wenig enttäuscht, weil sich ziemlich viele Songs gleich anhörten. Eine großartige Spannungskurve kann ich nicht erkennen. Eher ist es so, dass der erste Song ein Tempo vorgibt, das dann mehr oder weniger die ganze Platte lang durchgezogen wird. Das geschieht zwar auf einem hohen Niveau, gleichzeitig fehlt mir dadurch ein wenig die Abwechslung. Daneben ist mir die Produktion einen tick zu glatt.
Wegen seiner Homogenität, des hymnenhaften Charakters und Jaz' Gesangstil (hier brüllt er so gut wie gar nicht) erinnert mich Pylon sehr an Brighter Than A Thousand Suns, wobei natürlich die Gitarren eindeutig im Vordergrund stehen.

Und wenn ich mir nun so die Tracklist anschaue, um mir Favoriten rauszupicken, dann erkenne ich doch kaum Schwachpunkte und erhöhe von "gut" auf "toll". Einzig "Delete" fällt etwas ab.
Highlights: "Dawn Of The Hive", "Euphoria", "New Jerusalem", "War On Freedom", "Into The Unknown".

Mit den Songs von der Bonus-CD bin ich aber noch nicht warm geworden.
6of9
2015-11-06 01:37:14 Uhr
Obwohl Raven sicherlich der bessere Bassist war; ist Youth schon ein mit allen Wassern gewaschener Produzent. Das muß nicht zwangsläufig beeindrucken - es ist halt eine andere Qualität. Abgesehen von "Extremeties" und "Hosannas" hatte Youth aber eigentlich auch immer (vermutlich einigen) Anteil an den etwas härteren Alben, wie "Pandemonium", "2003" und den letzten drei inkl. dem aktuellen, was selbstverständlich absolut null mit "Altherrenband" zu tun hat.

Untätig war in den 90ern und 00ern beileibe keiner so wirklich - ob man das mag, was die sich da alle zusammengeschraubt/dirigiert/produziert haben, steht natürlich auf einem anderen Blatt. Ich staune ja immer wieder über Jaz, dass der solchen Kitsch produziert und dann wieder so rumschreit.
Nun, eindimensional unterwegs sind sie alle nicht - wenn überhaupt dann Geordie. Aber wenn es nur diese Dimension geben würde... wär auch nicht so schlimm.

MasterOfDisaster69

Postings: 936

Registriert seit 19.05.2014

2015-11-04 12:05:48 Uhr
bei BBC Rockalbum sogar Nº1
http://www.bbc.co.uk/radio1/chart/rockalbums
Zum kompletten Thread

Hinterlasse uns eine Nachricht, warum Du diesen Post melden möchtest.

Bestellen bei Amazon

Threads im Plattentests.de-Forum

Anhören bei Spotify