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Freiburg - Brief & Siegel

Freiburg- Brief & Siegel

This Charming Man / Cargo
VÖ: 16.10.2015

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Lieber Schnaps

Nicht lange schwafeln, heute fallen wir gleich mal mit der Tür ins Haus: "Brief & Siegel" klingt ungefähr so, als wenn Oma Hans die Trümmer ihres bisherigen Lebens hinter sich lässt und mitsamt ihrem Koeter, der auf den ulkigen Namen "Grand Griffon" hört und in Katzenstreik getreten ist, in Richtung des viel gelobten Landes Turbostaat aufbricht. Soweit alles klar? Falls nicht: Diese jungen Punkrocker hier taufen ihre Band Freiburg, obwohl sie aus Gütersloh kommen. Macht es nicht unbedingt logischer? Sei's drum. Sich mit konstruierter Logik um den Brei herum winden? Sollen doch die anderen. Ganz nach dem Motto des Openers "Der Fall ins Messer" halten es Freiburg da eher direkt: "Sekt oder Selters?" – "Lieber Schnaps."

Mit ihrer dritten Platte, die ja gerne mal in vertrauten Kreisen als Schritt heraus aus den Kinderschuhen gesehen wird, liefern Freiburg zehn kompromisslose, knochige Zwei- bis Dreiminüter ab, die niemand mit einem milden Lächeln und einem beiläufigen "Oh, lässt sich ja fein nebenbei hören" quittieren wird. Trotzdem wäre es natürlich fatal, nicht zuzuhören. Desillusion und Dekonstruktion sind Freiburgs Attitüde, man höre und staune etwa über "Kanüle abwärts", diesen Brocken aus Gift und Galle, der sich erst auskotzt und dann mal eben in seinem Erbrochenen badet. Auch "Große Träume, wa?" ist ähnlich gelagert ist, setzt die Rasierklinge aber scharf genug, um dem Hardcore keinen Hipster-Bart anzuheften. "Tote Herzen" sind meistens erstarrt und kühl, doch auch dieses Stück erinnert, wie die beiden zuvor erwähnten, in vielen Momenten an Grand Griffons "Mattachine, dieses Meisterstück der wütenden Ödnis.

"Brief & Siegel" bleibt im Klangbild fast durchweg pessimistisch. Tiefe Gitarren, von heulend-zackigen Post-Punk-Riffs bekleckert, wie man sie auch von den Flensburger Kollegen Turbostaat kennt, verweigern das Schöne und Anschmiegsame konsequent. Doch sie schälen sich dennoch nach und nach heraus, die versteckten Hymnen und nachhaltigen Haken für den Gehörgang. Zum Beispiel, wenn das polternde, um den persönlichen Seelenfrieden kämpfende "Sein Spaten" auf die Zielgerade biegt. Natürlich nicht, ohne vorher weise Zeilen in die Wand geritzt zu haben: "Weil Bilder im Kopf nicht ertrinken / Weil Schuld nicht einfach so brennt." Oder die melodische Anti-Romanze "Sommer, Roggen und Er", die inklusive Trauer-Korn-Begleitung und "Love will tear us apart"-Gedächtniszeile das Leiden zelebriert. Wie es jetzt weitergeht? Manchmal hilft eben nur noch ein Schnaps.

(Eric Meyer)

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Highlights

  • Sein Spaten
  • Sommer, Roggen und er
  • Kanüle abwärts

Tracklist

  1. Der Fall ins Messer
  2. Sein Spaten
  3. Große Träume, wa?
  4. Sommer, Roggen und er
  5. Im Moor
  6. Ihre Narben
  7. Unter der Mühle
  8. Kanüle abwärts
  9. Tote Herzen
  10. Es ist vergangen

Gesamtspielzeit: 27:01 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag
wilson (ausgeloggt)
2015-11-05 17:48:03 Uhr
@MM13: dabei ist turbostaat doch schon die angeschissen/blumen am arsch der hölle/dackelblut-kopie.

freiburg (und turbostaat) gefallen trotzdem!

eric

Mitglied der Plattentests.de-Chefredaktion

Postings: 2794

Registriert seit 14.06.2013

2015-11-05 09:56:11 Uhr
Haha, welcher Text war denn früher an? Hier lag die Rezension wegen VÖ-Schwemme drei Wochen auf Halde. Hatte ich zumindest nicht gelesen, hab' aber auch die Visions nicht. Ok, die Idee liegt dennoch zugegeben sehr nah. ;)

MM13

Postings: 2354

Registriert seit 13.06.2013

2015-11-05 09:12:54 Uhr
sind mir zu nah am "orginal" (tubostaat)dran.

Autotomate

Postings: 6174

Registriert seit 25.10.2014

2015-11-05 00:09:39 Uhr
Ja, war die Visions:

Im Turbostaat gibt es ein beschauliches Kleinod namens Freiburg, in der vier Punks Liebesbriefe an Oma Hans schreiben, nur um daraus Duesenjaeger zu falten - mit Herz- und Dackelblut, dissonanten Gitarren und genug Sturm und Drang, um ihren Idolen auf Augenhöhe zu begegnen.

PT dagegen:

Brief & Siegel klingt ungefähr so, als wenn Oma Hans die Trümmer ihres bisherigen Lebens hinter sich lässt und mitsamt ihrem Koeter, der auf den ulkigen Namen "Grand Griffon" hört und in Katzenstreik getreten ist, in Richtung des viel gelobten Landes Turbostaat aufbricht.

Ehrlich Jungs, reißt euch doch mal zusammen...

Autotomate

Postings: 6174

Registriert seit 25.10.2014

2015-11-04 09:06:48 Uhr
Gefällt mir ziemlich gut und tröstet tatsächlich ein klein wenig über die kürzliche Auflösung von Grand Griffon hinweg. Deren Mattachine liegt aber bis auf Weiteres erst mal noch ein paar Längen vor Brief & Siegel.

Die Idee mit der Name-Dropping-Intro für die Rezension hab ich neulich schon mal irgendwo gesehen, keine Ahnung, Visions vielleicht?
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