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Ryan Adams - 1989

Ryan Adams- 1989

PAX-AM / Sony
VÖ: 21.09.2015

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 9/10

Phönix aus der Asche

Sie hatte etwas Befremdliches an sich, diese Nachricht, die Anfang August 2015 über große Musikkanäle wie kleinere Blogs verkündet wurde: Ryan Adams covert Taylor Swift. Nun könnte man sicher eine ganze Doktorarbeit über das Für und Wider von Coverversionen verfassen, Beispiele raussuchen, bei denen das Original von der Neufassung noch übertrumpft wurde. All das würde aber nichts daran ändern, dass jene Nachricht eben vollkommen absurd war. Adams, seit rund einem Vierteljahrhundert im Geschäft, der gefühlt drei Alben pro Jahr veröffentlicht, covert Swift, die 2008 zunächst als prüdes Countrysternchen begann und sich innerhalb der vergangenen sieben Jahre zum gefeierten Popstar hochgeträllert hat. Und nicht nur einen Song wollte der 40-Jährige covern, sondern gleich ihr ganzes letztes Album, das gar nicht mal so üble "1989" – und zwar im Stile von The Smiths. Das musste ein Scherz sein. Oder doch nicht?

In den folgenden Wochen veröffentlichte Adams kleinere Soundhappen der Songs, Swift zeigte sich verständlicherweise hocherfreut und rund sechs Wochen nach der ersten Ankündigung gibt es das komplette und neue "1989" nun in voller Länge. Wie es dazu kam? In einer Zeit, in der man seine Solidarität mittels Hashtag verkündet und entweder #TeamTaylor oder #TeamMiley sein muss, um im Popzirkus mitspielen zu dürfen, entschied sich Adams im Dezember 2014 eben für Swift. Und damit für jene Sängerin, der vor einigen Jahren noch der fragwürdige Vorwurf gemacht wurde, sie würde alle drei Wochen einen neuen Freund haben, nur um nach der Trennung einen von Bitterkeit erfüllten Megahit zu schreiben. Adams, der zur damaligen Zeit bereits inoffiziell von seiner musizierenden wie schauspielenden Frau Mandy Moore getrennt war, fand in "1989" Trost – so sehr, dass es ihn auch über ein halbes Jahr später nicht losließ. Natürlich klingt sein Werk nicht wie das Swift'sche Original, auch nicht wirklich nach The Smiths. Sondern nach Ryan Adams, wie man ihn während seiner langen Karriere schon öfter kennengelernt hat: stellenweise entweder vom Leid geplagt, vom Leben enttäuscht oder von der Hoffnung inspiriert.

Sowohl Adams als auch Swift bezeichnen "1989" schließlich auch nicht wirklich als Coveralbum. Die Songs seien "Reimaginations", Eigeninterpretationen, Neufassungen. Freilich klingt das bei 15 Jahren Altersunterschied und völlig unterschiedlichen Erfahrungswerten hier und da ziemlich spannend: Der Opener "Welcome to New York", im Original eine aufgedrehte Pop-Perle voller jugendlicher Ekstase und Abenteuerlust, wird hier zur abgeklärten Alt.-Pop-Nummer. Adams ist längst im Big Apple angekommen, Beweise gibt es in seinem eigenen Songkatalog zu Genüge, man denke nur an "New York, New York" , "My blue Manhattan" oder "When the stars go blue". Er kennt die Stadt, sie schimmert für ihn längst nicht mehr, er weiß um die dunkelsten Ecken – was seine Liebe nicht schmälert. "Shake it off", einst Swifts augenzwinkernde Leadsingle, die den Hatern die eigene verlogene Doppelmoral um die Ohren haut, wirkt beim Mann aus North Carolina deutlich zögerlicher, ja, fast schon ängstlicher. In düsterer Bruce-Springsteen-Manier mag man ihm nicht ganz abnehmen, dass er die Gemeinheiten einfach so abschüttelt. Ganz anders klingt da schon das wunderbar entspannte "Wildest dreams", in dem deutlich wird, dass Adams der Romantik noch nicht ganz abgeschworen hat und bei allen traurigen bis schmerzhaften Erinnerungen die schönen nicht vergessen hat.

Ähnlich geschieht es auch in "This love", in welchem es dem 40-Jährigen gelingt, sich vom ursprünglich dick aufgetragenen Kitsch zu entfernen und eine klassische Piano-Ballade zu Tage zu fördern, bei der man verträumt "Ryan + Mandy" in den Holztisch ritzen möchte – nur um sich anschließend im wunderbar twanglastigen Highlight "I wish you would" dafür zu schämen. Im verhuschten "Blank space" igelt sich Adams unter einer Wolldecke ein, im nach vorne marschierenden "Bad blood" schmeißt er sie aber gleich wieder in die Ecke. Einen Platz in Swifts Kampftruppe wird er trotz seines Charmes wohl nicht ergattern, muss er aber auch nicht. Adams lässt sich eben nicht unterkriegen, sondern geht aus seinen Niederlagen scheinbar gestärkt hervor, selbst wenn er bestimmte Situationen dafür etwas anpassen muss: So wird die James-Dean-Referenz im aufgewühlten "Style" in der neuen Fassung zu einer durchaus passenden, da aufmüpfigen Hommage an Sonic Youth. Adams gönnt sich in diesem begrenzten Rahmen eben auch seine Freiheiten, und das ist richtig so. Anders hätte weder seine Version von "Clean" im Whiskeytown-Outfit wohl nicht so hervorragend funktioniert, noch wäre es derart faszinierend, wie gut das Ergebnis dieser einst befremdlichen und absurden Nachricht tatsächlich erfreut. "1989" nach Adams-Art kommt zwar vollkommen ohne Ironie aus, aber nie ohne Herzblut. Das muss man erstmal schaffen.

(Jennifer Depner)

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Highlights

  • Blank space
  • I wish you would
  • Wildest dreams
  • Clean

Tracklist

  1. Welcome to New York
  2. Blank space
  3. Style
  4. Out of the woods
  5. All you had to do was stay
  6. Shake it off
  7. I wish you would
  8. Bad blood
  9. Wildest dreams
  10. How you get the girl
  11. This love
  12. I know places
  13. Clean

Gesamtspielzeit: 54:43 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

jo

Postings: 6345

Registriert seit 13.06.2013

2016-01-05 21:17:52 Uhr
Also ich bin weder Ryan Adams noch Folk im Generellen abgeneigt, auch wenn ich Adams früher deutlich besser fand.

Ich fand Adams zwischendurch weniger spannend, aber mit dem letzten Album und auch "1989" hat er mich durchaus wieder überzeugt.

So übertrieben fand ich quasinebenbeis Beitrag aber nicht, da ja insgesamt eher gemutmaßt wurde, dass Swifts Version wohl weniger gefällt (und ihren Stil hat sie ja im Vergleich zur letzten Platte nicht radikal geändert).

"Gagatexte" muss jetzt auch nicht abgrundtief schlecht sein. Ich habe den Begriff oft auch zusammen mit Kiedis' (Red Hot Chili Peppers) Texten gehört, die ich trotzdem mag. Lyrische Meisterwerke gibt es in der Tat bei beiden nicht.

Demon Cleaner

User und Moderator

Postings: 5646

Registriert seit 15.05.2013

2016-01-05 19:13:26 Uhr
Ich habe ja zumindest beide Alben gehört. :-)

Also ich bin weder Ryan Adams noch Folk im Generellen abgeneigt, auch wenn ich Adams früher deutlich besser fand.
Was mich eher störte war die Aussage über Swifts Album, ohne es angehört zu haben. Stattdessen kam allein die Feststellung, Adams Version müsse ja sowieso besser sein.

Man kann sie auch ruhig besser finden, aber für sowas sollte man dann doch beide Versionen kennen. Und "Gagalyrics" erkenne ich bei Swift auch nicht. Das sind keine lyrischen Meisterwerke, aber ich finde einige Zeilen sehr gelungen und allgemein auch nichts Schlimmes (im Vergleich zu früheren Sachen wie "Trouble" vor allem).

jo

Postings: 6345

Registriert seit 13.06.2013

2016-01-05 18:10:48 Uhr
Das hier ist langweiliges Geklampfe, ödet mich nur an. Wie man einem Song wie "Blank Space" so die Energie entziehen kann...

Das ist echt so, wie ich mir den typischen "Indie-und-mehr-Hörer", der jetzt ganz opportunistisch mal Taylor Swift nicht schlecht findet, vorstelle ;).

Nein, im Ernst. Ich sehe es insgesamt aber ähnlich wie quasinebenbei, abgesehen davon, dass ich das Original kenne und ihm dennoch nichts abgewinnen kann. Ich kann solch nervigen Songs wie beispielsweise "Shake It off" einfach nichts Positives abgewinnen. Adams' Interpretationen leiden (wie in diesem Fall) natürlich auch an den Swiftschen Gagatexten, haben dafür aber auf musikalischer Seite klar mehr zu bieten.

Wenn man jetzt Adams generell öde findet, wundert es mich aber nicht, dass das bei dem Album auch der Fall ist. Er hat eben auch hier wieder die Songs von jemand anderem zu seinen gemacht (wie damals mit "Wonderwall", was ja zumindest Gallagher herausstellte).

Demon Cleaner

User und Moderator

Postings: 5646

Registriert seit 15.05.2013

2016-01-05 11:57:03 Uhr
wusste gar nix vom Original (bin nicht so der Radiohörer) [...] Die Platte ist trotz der Swift'schen Quelle gut geworden. [...]

Das ist echt so, wie ich mir den typischen Ryan-Adams-Hörer vorstelle. Die Original-Platte nicht gehört, aber da es ne Pop-Tante ist, muss es ja schlecht sein.

Ich kann das gute Abschneiden im Poll kaum nachvollziehen. Fand das Taylor-Album zwar nicht überragend, aber zur Hälfte war es ziemlich toller Pop. Das hier ist langweiliges Geklampfe, ödet mich nur an. Wie man einem Song wie "Blank Space" so die Energie entziehen kann...
sadcaper
2015-10-10 23:12:36 Uhr
Ich finde es echt unfassbar cool was er aus diesem Kacksong "Out of the Woods" gemacht hat. Bei Ryan ist das ein unfassbar schöner Song. Bei der Alten ne Gammelpopnummer
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