Lana Del Rey - Honeymoon
Vertigo / Universal
VÖ: 18.09.2015
Unsere Bewertung: 8/10
Eure Ø-Bewertung: 3/10
Summertime madness
Der Sommer 2015 war im Auge wandelnder UV-Magneten einer, der seinen Namen verdient hat. Mal wieder 30 Grad plus. Und das nicht nur auf der Anzeige der Waschmaschine oder am Wasserhahn in der Dusche. Nein, direkt vor der Tür, greifbar, fühlbar. Falls sich der geneigte Leser noch einmal seinen heißesten Tag vor Augen führt? Jenen Tag, an dem man den Aktionsradius auf ein Minimum beschränkte und selbst den Weg zum Bäcker oder der Bahn in nie gekannter Langsamkeit absolvierte. Dieses Gefühl körperlicher und geistiger Hemmnis gilt es zu vakuumieren, um eine Vorahnung zu erhalten für die Atmosphäre auf "Honeymoon". Gelenkt von Lana Del Rey, die dort am Horizont unter Hitzeflimmern zu erkennen ist, vokalisch noch nie so viel Raum einnehmend wie auf diesem Werk und doch weiterhin kaum fassbar. Und wenn, dann durch den ihr eigenen, fleischgewordenen Sepia-Schleier.
Die Flitterwochen sind bei Elizabeth Grant, so Lana Del Reys gebürtiger Name, kein Ausdruck endorphingetränkter Sorglosigkeit. "We both know that it's not fashionable to love me, but you don't go, cause truly there's nobody for you but me." Die 30-Jährige berichtet vom Leben mit einem vormals gefährlichen und weiterhin gesuchten Mann, von "Honeymoon" im Konjunktiv und der verträumten Flucht, während sie sanft instrumentierte und orchestrierte Begleitung erfährt. Aufgewachsen in New York, zieht es die junge Frau von der Ostküste einmal mehr an die Westküste. Nach Los Angeles zum Wilshire Boulevard, zu einem Eagles-freien, ruhm- und nervenzehrenden "Hotel California" oder später in "Freak", allgemeiner gefasst, in den zugehörigen Bundesstaat: "If you want to leave, come to California, be a freak like me too."
Nennt es Dämmerzustand, Leben in der Snooze-Phase, Regungslosigkeit des Seins oder wie die Künstlerin selbst: "High by the beach". Lana Del Rey schwebt von Song zu Song, zwischen Sedativ und Superlativ. Verleiht sie einem Stück nicht mit ihrer Stimme eine Wendung wie im klagenden "God knows I tried", nuancieren Flöte und Oboe den natürlichen Voyeurismus in "Music to watch boys to" oder das jazzige Saxophon in den herrlichen Stücken "Terence loves you" und "Art deco". Um das Gesamtbild nicht zu sprengen: Wenn von Jazz die Rede ist, dann von ihm als smoother Beigabe. Grant nimmt darauf immer wieder Bezug. Sie covert das durch Nina Simone bekannt gewordene "Don't let me be misunderstood", erzählt von Billie-Holiday-Songs in Dauerschleife und an anderer Stelle: "I lost myself when I lost you, but I still got Jazz when I've got the blues."
Beginnend mit der Single "High by the beach", ihren Reverbs und Effekten, drehen Lana Del Rey und Rick Nowels auch das Soundgerüst dieser wunderbar produzierten Platte weiter und ergänzen es um Downbeat- und TripHop-Elemente. In "Freak" findet sich alsbald eine Allianz aus Synthies, Sax, 808-Bass und leicht verzerrten Gitarren, das Interlude "Burnt Norton" verziert Lana Del Reys Rezitation des T.-S.-Eliot-Textes mit dem Klang einer uralten Platte. Apropos alt: Für "Salvatore" reist die New Yorkerin in ein Jahrzehnte zurückliegendes Italien, mindestens aber nach Little Italy, wo das Mellotron klimpert und zwischen Gelatti und Amore ein glamouröses Staatsbegräbnis ertönt.
Lana Del Rey wirkt selbst in verletzlichen Momenten wie der butterweich vorgetragenen suizidalen Ballade "Swan song" elegant. Man hat das Gefühl, als gleite sie jede Sekunde eine geschwungene Treppe hinab, in einem langen Kleid, in der einen Hand die Zigarettenspitze und in der anderen ein Maschinengewehr und der abgetrennte Kopf eines Stoffhasen. Es bleibt immer ein Stück weit unberechenbar, ob und wann bei ihr die Noir-Atmosphäre gen Laszivität oder Morbidität kippt. "Ever since my baby went away, it's been the blackest day", singt sie in einem der besten Songs ihrer bisherigen Laufbahn. Die anschwellenden Synthies zu Beginn des Refrains von "The blackest day" sind heroisch, jedes pronocierte "deeper" macht süchtig. "24" trägt die Künstlerin nach anfänglichem Vintage-Sound in voller Orchesterbesetzung über ein Netz aus Lügen, Furcht, steter Gefahr und Brutalität: "There's only 24 hours in a day and half of those you lay awake with thoughts of murder and carnage." Das ist alles etwas wahnsinnig, aber eben auch wahnsinnig gut.
Highlights
- Terence loves you
- Freak
- Salvatore
- The blackest day
Tracklist
- Honeymoon
- Music to watch boys to
- Terence loves you
- God knows I tried
- High by the beach
- Freak
- Art deco
- Burnt Norton (Interlude)
- Religion
- Salvatore
- The blackest day
- 24
- Swan song
- Don't let me be misunderstood
Gesamtspielzeit: 65:06 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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kingsuede Postings: 4314 Registriert seit 15.05.2013 |
2023-12-28 12:43:53 Uhr
Taylor Swift, Lorde, Adele, Billie Eilish… |
Z4 Postings: 8861 Registriert seit 28.10.2021 |
2023-12-22 14:36:45 Uhr
Doch, eigentlich schon. Hätte Bijonzeh sich nicht sn autoritäre Islamisten verkauft wäre das ein Kopfankopfrennen. |
Marküs Postings: 1266 Registriert seit 08.02.2018 |
2023-12-22 13:09:40 Uhr
Was nicht besonders schwer ist ehrlich gesagt. |
Z4 Postings: 8861 Registriert seit 28.10.2021 |
2023-12-22 13:08:59 Uhr
Queen of Langeweile. Beste Popmusikerin unserer Zeit. |
Marküs Postings: 1266 Registriert seit 08.02.2018 |
2023-12-22 13:08:03 Uhr
Die Pladde ist gut, aber auch ganz schön öde. Und dauert ewig. Wie so viele von Lana |
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Referenzen
May Jailer; Lizzy Grant; Cloves; Silverbird; London Grammar; Goldfrapp; Flo Morrissey; Lykke Li; Hope Sandoval & The Warm Inventions; Cat Power; Marilyn Monroe; All Saints; Sinéad O'Connor; Annie Lennox; Stevie Nicks; Judy Garland; Clare & The Reasons; Låpsley; Jessica Lea Mayfield; Helen Forrest; Jolie Holland; The xx; Laura Veirs; Death In June; Kimbra; God Help The Girl; Charlotte Gainsbourg; Julie London; Gabriella Cilmi; Adele; Hans Zimmer; James Horner; John Williams; Say Lou Lou; Nina Simone; Antony & The Johnsons; Florence & The Machine; Marina & The Diamonds; Birdy
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