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Sea+Air - Evropi

Sea+Air- Evropi

Glitterhouse / Indigo
VÖ: 21.08.2015

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Im Aufbruch begriffen

Gleich zwei große Erzählstränge verweben Sea+Air auf "Evropi". Die Familiengeschichte von Sängerin Eleni, deren Verwandte Anfang des 20. Jahrhunderts aus Anatolien fliehen mussten und so sowohl räumlich als auch gedanklich näher an Europa rückten. Gleichzeitig die Vertonung der Verfassung und Entwicklung eben jenes Kontinents in den letzten fünf Jahren. Auf ihren ausdauernden Konzertreisen in zahllosen Gegenden zwischen Atlantikküste und Ukraine hat das Duo viele Europäer vor Ort erlebt. Ihre Eindrücke bündeln sich nun in "Evropi" und könnten tagesaktueller kaum sein.

Der Nachfolger zu "My heart's sick chord" beginnt dabei zunächst bedrückend: "I gotta go / Leave this behind / Take all that's mine / We all have to leave someday." Der Opener ist ein Epos des zwangsweisen Aufbruchs in eine ungewisse Zukunft und setzt gewissermaßen die derzeitigen Flüchtlingsströme in und außerhalb unseres Teils der Erde in Töne. Doch auch wenn zu Beginn des Stückes noch eine Drohkulisse aus Wasser und Wind Alarmbereitschaft zeichnet, endet es nicht ohne lichte Zuversicht.

Das gilt auch für "Evropi" im Gesamten. Denn wenn Eleni Zafiriadou und Daniel Benjamin auf ihren Reisen etwas gelernt haben, dann das ein großer Teil der Menschen sich eines Europas fernab von Institutionen und Handelsräumen – der eigentlichen Idee eines geeinten Kontinents – bewusst ist. So zeigt sich auch "We understand you" solidarisch mit den vermeintlich Abgehängten dieser Welt und "Pain is just a cloud" erinnert zwischen Flüstern und Schreien tröstlich daran, dass jeder Schmerz vergeht. Und auch wenn "You are" üppig mit Streichern und Bläsern ausstaffiert ist und so nicht an die höchst fragile Live-Version des Songs heranreicht, ist es eines der Album-Highlights.

Egal, ob an etwas Göttliches oder an den persönlich wichtigsten Menschen gerichtet, "Evropi" könnte kaum friedlicher zu Ende gehen: "You're the creator of the universe / You're the lighter of the sun / You're the keeper of the sea / You are love." Der Abschluss des Albums zeigt so erneut die hervorragende Harmonie der beiden Stimmen des griechisch-deutschen Ehepaars. Beide sind aber auch geübt darin, für sich allein und im Duett zwischen hohen und tiefen Tonlagen zu wechseln und so auch ihre gemeinsamen Stimmgrenzen zu verwischen. Im kurzen Wehklagen "Flowers from the distance" sind die Worte Elenis, deren Gesang hier zudem an Jenny Hval erinnert, dann kaum noch zu dechiffrieren.

Im Gegensatz zu "My heart's sick chord" ist "Evropi" ein ganzes Stück opulenter geraten. Zwar gesellen sich zum bekannten Cembalo noch weitere alte, folkloristische Instrumente wie Lyra oder Bouzouki. Die Gitarren wurden dafür aber etwas kräftiger in den Vordergrund gestellt und gemeinsam mit dem nun größeren Fuhrpark von Streichern und Bläsern geben sie dem Album etwas mehr Nachdruck. Trotzdem bewegen sich Sea+Air auch weiterhin bewusst außerhalb von geläufigen Hörgewohnheiten. Der Kauf des Albums lohnt sich zu alledem, weil das Booklet eine alternative Track-Reihenfolge vorschlägt. Während die Stücke auf "Evropi" nach musikalischer Passung sortiert sind, umreißt die Anordnung im Begleitheft chronologisch und mit ein paar extra Zeilen den Weg der Familie Zafiriadou, ausgehend von der Vertreibung aus Kleinasien. Mit "Evropi" gestalten Sea+Air ihr eigenes Bild Europas, das nach eigener Aussage eher Liebesbeziehung statt Zweckehe ist und nun glücklicherweise auch außerhalb des deutschsprachigen Raums erscheint.

(Andreas Menzel)

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Highlights

  • We all have to leave someday
  • Lady Evropi
  • You are

Tracklist

  1. We all have to leave someday
  2. Follow me me me
  3. Should I care?
  4. Mercy looks good on you
  5. Peace begins at home
  6. The one I love (Misery)
  7. Flowers from the distance
  8. Pain is just a cloud
  9. Lady Evropi
  10. Ha Ha Ha Ha Ha
  11. We understand you
  12. You are

Gesamtspielzeit: 50:21 min.

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User Beitrag

Armin

Plattentests.de-Chef

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Registriert seit 08.01.2012

2015-09-09 22:11:10 Uhr
Frisch rezensiert!

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