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Die Krupps - V - Metal machine music

Die Krupps- V - Metal machine music

Steamhammer / Oblivion / SPV
VÖ: 28.08.2015

Unsere Bewertung: 6/10

Eure Ø-Bewertung: 8/10

Neu aufgekocht

Manchmal beschleicht einen das Gefühl, Jürgen Engler mache sich einen kleinen Spaß. Und manchmal läuft im Kopfkino ein Film, ein Kurzfilm, um genau zu sein, oder nennen wir es einen kleinen Clip: Wir sehen Engler in seinem Düsseldorfer Studio, grinsend. Nein, breit feixend. Dieses Rumpelstilzchen-Kichern, sozusagen. Denn betrachtet man neuerdings eine Veröffentlichung seiner Band Die Krupps, kann man schon mal den Überblick verlieren, wie viele Anspielungen auf ältere Platten ihr Frontmann denn so unterzubringen imstande ist, ohne komplett zur Karikatur zu geraten. Im Grunde genommen nämlich ist die komplette zweite Karriere der Krupps ein einziger großer Remix. Nur – und das zeigte das sehr feine Album "The machinists of joy" vor zwei Jahren ziemlich eindrucksvoll – durchaus ambitioniert, die leichte Patina des eigentlich nicht wirklich innovativen Bandsounds zu entsorgen.

Es ist also nur auf den ersten Blick überraschend, dass die Krupps die Nummerierung der Platten ganz in der Tradition der so erfolgreichen Elektro-Metal-Phase der Neunziger aufgreifen und mit dem für Engler so prägenden und natürlich bereits auf "I" 1992 gecoverten Lou-Reed-Song verbinden. Nur altbacken ist auf "V - Metal machine music" so ziemlich gar nichts. Denn nach dem kurzen Intro legt "Kaltes Herz" los, als wären wir wieder in den Neunzigern. Man mag die Stakkato-Riffs zu pumpenden Synths sowie Englers kurzatmig gebellte Vocals für ewig gestrig halten. Und natürlich sind die Lyrics eher unverdächtig, in die Nähe des Literatur-Nobelpreises zu rücken. Trotzdem: Der Weg auf die Tanzfläche wird nicht nur vorgezeichnet, sondern in Form des brutalen "Battle extreme" förmlich dahingewalzt. Ruft da jemand "To the hilt"? Aber hallo!

Und plötzlich, mitten im schönsten Ausrasten, wird die Euphorie jäh unterbrochen. Denn "Fly martyrs fly" dürfte der Song sein, an dem sich die Geister noch lange scheiden werden. Auf der einen Seite liefern die Krupps hier so ziemlich die grandioseste Club-Abrissbirne ihres Portfolios seit Dekaden. Auf der anderen Seite stehen die Lyrics: Darf man auf diese Weise den Germanwings-Absturz aus dem vergangenen April verarbeiten, nur wenige Monate nach der Katastrophe? Das auch noch aus der Perspektive des für die Katastrophe verantwortlichen Co-Piloten? Ist das nun pietätlos, ein Skandal gar, platte Provokation oder aufrüttelnd? Selten fiel das Abwägen zwischen unbestritten großartiger Musik und moralischen Bedenken so schwer wie hier. Wie gut nur, dass die Düsseldorfer hernach wieder stilsichereres Terrain betreten, wie das rasende "Road rage warrior", in dem zudem grinsend Pink Floyds "On the run" zitiert wird, und vor allem das brutalst pumpende "Alive in a glass cage" auf großartige Manier beweisen.

Einen Innovationspreis wird "V - Metal machine music" sicherlich nicht gewinnen. Denn irgendwo war alles, was die Krupps hier liefern, schon einmal da, wenn auch in der eigenen Diskographie, sodass der Vorwurf des Abkupferns ins Leere laufen dürfte. Das Urteil "More of the same" hingegen ist schwer von der Hand zu weisen, doch angesichts dieser Klasse zu verschmerzen. Es ist, als lägen zwischen dieser Platte und Band-Meilensteinen wie "II - The final option" oder "III - Odyssey of the mind" keine zwei Jahrzehnte, sondern nur wenige Jahre. Die Floskel "Blick zurück nach vorn" ist nun wahrlich abgedroschen, aber selten traf sie so zu wie hier. Falls es dazu noch eines Beweises bedarf, darf "Volle Kraft voraus" als wunderbares Beispiel dienen, wie ein Song aus dem Jahr 1982 nahtlos in die Neuzeit gebeamt werden kann. Der Begriff "Metal machine music" hat sich über die Jahre zum Bandprogramm der Krupps entwickelt. Diese Platte ergänzt darin, wie sehr die Vokabel "retro" für Aufbruchsstimmung stehen kann. Oder, um die Band-Metaphorik zu strapazieren: Auch Stahl kann recycle-fähig sein.

(Markus Bellmann)

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Highlights

  • Battle extreme
  • Alive in a glass cage
  • Volle Kraft voraus

Tracklist

  1. Die Verdammten (Prelude)
  2. Kaltes Herz
  3. Battle extreme
  4. Fly martyrs fly
  5. The truth
  6. Road rage warriors
  7. Vampire strikes back
  8. Alive in a glass cage
  9. Branded
  10. Kaos reigns
  11. The red line
  12. Bonded by blood
  13. Volle Kraft voraus

Gesamtspielzeit: 48:48 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag
Jürgen Engler
2015-09-11 23:27:39 Uhr
MIA SAN MIA IHR LUTSCHER!!!

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 27328

Registriert seit 08.01.2012

2015-09-09 22:09:44 Uhr
Frisch rezensiert!

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