Ben Folds - So there

New West / Rough Trade
VÖ: 18.09.2015
Unsere Bewertung: 6/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10

Der Klassik-Clown
Kalauer von Musikern sehen grundsätzlich ein bisschen anders aus. Ben Folds kichert zum Beispiel darüber, simultan Akkordwechsel anzusagen, deren Verbalisierung einen Parental-Advisory-Sticker rechtfertigen würde. Und zwar auf seinem neuen, fünften Soloalbum "So there". Mit anderen Worten: Der für den Laien kryptisch "F10-D-A" betitelte Song, kaum zwei Minuten lang, heißt eigentlich "F****d in the a." Ob Folds' Kollaborateure sich darüber amüsieren konnten, ist nicht bekannt. Wohl aber, dass das renommierte New Yorker Klassik-Sextett yMusic, mit dem er acht der elf Stücke seines neuen Werkes eingespielt hat, liebenswerte Musiker-Eigenheiten gewohnt sein dürften. Gemeinsam oder auch einzeln haben yMusic bereits mit Sufjan Stevens, Antony & The Johnsons, The National, Bon Iver, Rufus Wainwright, Beck, Björk und José González zusammengearbeitet.
Dass Folds sich für klassische Arrangements begeistern kann, war spätestens seit dem 1999 erschienenen Album "The unauthorized biography of Reinhold Messner" bekannt. Allerdings haben yMusic – bestehend aus Streichertrio, Flöte, Klarinette und Trompete – die orchestrale Opulenz von damals durch prägnante, reduzierte Arrangements ersetzt, die nicht selten gleichwertig anstatt bloß untermalend wirken. Das neue Songmaterial bietet zwar keine besonderen Überraschungen für den Folds-Kenner, aber "Not a fan" ist sein bester Walzer seit "Boxing". Der darauf folgende, ebenfalls herausragende Titeltrack kombiniert ein beschwingtes Great-American-Songbook-Arrangement mit pastellfarbener, melancholischer Bittersüße, die Folds genauso souverän beherrscht wie den guten alten Pennälerhumor. In Zeilen wie "How could I forget you / When there's nothing to forget?" steckt sogar beides.
"Phone in a pool" war ursprünglich Teil der inoffiziellen "Drunken pub record", die Folds Anfang des Jahres in Dublin aufgenommen hatte. Nur so zum Spaß. Deutlich ernster hatte er die Arbeit an "I'm not the man" genommen, das nach Filmmusik klingt und tatsächlich für den Soundtrack des Al-Pacino-Films "Danny Collins" gedacht war. Folds' Hinweis, dass der Song von den Verantwortlichen "direkt abgelehnt" wurde, könnte man als Koketterie werten, vielleicht aber auch als Ausdruck berechtigter Enttäuschung verstehen. Wenn er die Zusammenarbeit mit yMusic als "telepathisch" bezeichnet, ist das jedoch ein unmissverständliches Kompliment. Und keineswegs übertrieben: Die Akteure ergänzen sich geradezu symbiotisch, stets ganz im Dienste des Songs.
Für die Stücke 9 bis 11 holte Folds sich ähnlich hochkarätige Unterstützung: das Nashville Symphony Orchestra. Dargeboten wird sein dreisätziges Konzert für Klavier und Orchester. Elton John und Billy Joel haben sich immerhin schon anerkennend dazu geäußert. Die drei Sätze in drei Sätzen zusammengefasst: mehr Broadway als Beethoven. Viele orchestrale Crescendi, in Satz 2 auch mal ein paar düstere Disharmonien, im dritten Satz die typischen Folds'schen Flitzefinger und ein Arrangement wie bei einem clever instrumentierten Popsong-Cover. Das große Finale endet überraschend klein, und man wartet vergeblich auf einen vierten Satz. Und auf das nächste richtige Album des Pianisten. "So there" wirkt durch seine Zweiteilung nämlich eher wie eine Compilation - die zwar beeindruckt, aber auch etwas ratlos zurücklässt. Mal Folds fragen, ob ihm dazu eine passende Schlusspointe einfällt.
Highlights
- Not a fan
- So there
Tracklist
- Capable of anything
- Not a fan
- So there
- Long way to go
- Phone in a pool
- Yes man
- F10-D-A
- I'm not the man
- Concerto for piano and orchestra, Movement 1
- Concerto for piano and orchestra, Movement 2
- Concerto for piano and orchestra, Movement 3
Gesamtspielzeit: 52:02 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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The MACHINA of God User und Moderator Postings: 34424 Registriert seit 07.06.2013 |
2015-09-23 14:36:32 Uhr
Erster Durchgang. Die Streicher machen ne schöne Atmosphäre. Songs fallen noch nicht so auf. |
Obrac Postings: 2594 Registriert seit 13.06.2013 |
2015-09-21 17:16:42 Uhr
Und? ... Packt mich noch nicht so. |
Obrac Postings: 2594 Registriert seit 13.06.2013 |
2015-09-10 10:05:07 Uhr
Die letzte Folds (mit Hornby) war weitaus besser als die BF5. |
The MACHINA of God User und Moderator Postings: 34424 Registriert seit 07.06.2013 |
2015-09-10 09:56:53 Uhr
Hmm... bin skeptisch. |
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 28272 Registriert seit 08.01.2012 |
2015-09-09 22:09:02 Uhr
Frisch rezensiert!Meinungen? |
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Referenzen
Ben Folds Five; Randy Newman; Billy Joel; Jimmy Webb; George Gershwin; Joe Jackson; Sufjan Stevens; Scott Walker; Rufus Wainwright; Elton John; The Divine Comedy; Elvis Costello; Gonzales; Duke Special; Ed Harcourt; Keane; Guillemots; Jamie Cullum; Steely Dan; Todd Rundgren; Tori Amos; Caroline Keating; Frida Hyvönen; Amanda Palmer; The Dresden Dolls
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