Briana Marela - All around us
Jagjaguwar / Cargo
VÖ: 21.08.2015
Unsere Bewertung: 8/10
Eure Ø-Bewertung: 4/10
Kühle Wärme
Heute schon ein paar Zahlen gelesen? Nein? Dann fangen wir doch damit an. Briana Marela ist 25 Jahre alt. Ihr zweites Album "All around us" erscheint Ende August 2015. Im vergangenen Jahr sammelte sie via Kickstarter rund 4.000 US-Dollar, um damit die Reise von Seattle in die isländische Hauptstadt Reykjavík zu finanzieren. Dort produzierte sie die neun Songs gemeinsam mit Alex Somers, den man unter anderem als eine Hälfte von Jónsi & Alex kennt – dem Musikprojekt und Liebespaar. Wer davon bereits beeindruckt ist, dürfte von dem, was die junge Musikerin aus Washington auf ihrem Zweitling abseits jener trockenen Zahlen wirklich schafft, restlos begeistert sein.
Was genau das ist, lässt sich kaum in Worte fassen. Die Mischung aus Electronica, Pop und experimentellen Ambient-Klängen, gepaart mit Marelas glasklaren Gesang, berührt nicht nur oberflächlich, sondern geht tief unter die Haut. Die zwischen Kühle und Wärme wandelnden Songs sorgen für gleichzeitiges Wohlbefinden als auch für leichte Schauer. "Surrender", die erste Single, ist womöglich das beste Aushängeschild für "All around us": Mit geballter Streicher-Unterstützung von der Neoklassik-Band Amiina, die ebenfalls aus dem Sigur-Rós-Umfeld stammen, und Múms Perkussionisten Samuli Kosminen schafft Marela hier einen dichten Klangteppich, die Atmosphäre wird mit zunehmender Instrumentierung düsterer, das besungene Herzweh auch beim Hörer stärker.
Im Opener "Follow it" legt Marela hingegen erst mehrere Schichten ihres eigenen Gesang übereinander, bis sie nach einer Minute wirklich durchstartet. Das Schema des langsamen Aufbaus wirkt bestens – oft scheint es, als würden die Stücke sich stetig entfalten, bis sie am Ende in voller Blüte erscheinen. Dass die 25-Jährige das Gewächs anschließend selbst ausreißt, mag man ihr verzeihen. Am Ende bleibt ein bunter Blumenstrauß: "Take care of me" ist in seiner poppigen Frische der wohl ausgelassenste Song des Albums, der Titeltrack in seiner melancholischen Schwere kaum tragbar für den Einzelnen, sondern besser paarweise zu genießen. Das geisterhafte Echo von "Dani" hallt noch lange nach Abschluss des Albums nach. Marela verursacht nicht nur tiefe Wunden beim Hörer. Sie leckt auch ihre eigenen.
Es ist genau jene Gratwanderung auf "All around us", die das Album mitunter so spannend macht. Zwar wirkt Marela oft distanziert, gleichzeitig öffnet sie sich doch auf intimste Weise. Der Wunsch nach Neuem, ohne das Alte loslassen zu wollen, prägt ihre Songs. Die Hektik der Stadt beobachtet sie mit einer gewissen Einsamkeit im Inneren. So überrascht es auch nicht wirklich, dass der siebenminütige Abschluss "Further" kaum wie ein einzelner Song daherkommt. Auf und ab geht es hier, Marela zieht das Finale in die Länge, lässt es mal leiser werden und dann doch wieder aufleben. Als könnte sie sich nicht verabschieden, obwohl sie weiß, dass es vorbei ist. Natürlich nur das Album – das Ende ihrer musikalischen Laufbahn scheint in weiter Ferne. Zum Glück.
Highlights
- Dani
- Surrender
- All around us
Tracklist
- Follow it
- Take care of me
- Friend tonight
- Dani
- Surrender
- I don't belong to you
- Everything is new
- All around us
- Further
Gesamtspielzeit: 42:40 min.
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User | Beitrag |
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Armin Plattentests.de-Chef Postings: 27875 Registriert seit 08.01.2012 |
2015-08-18 00:35:31 Uhr
Briana Marelas Album vorab im StreamHört euch "All Around Us" jetzt an Es ist die Balance zwischen dem abstrakten und vertrauten, die das Album von Briana Marela aus Seattle so besonders macht. "All Around Us" wurde nach einem Kinderbuch benannt und zeichnet Brianas Weg durch verschiedene Orte nach, angefangen 2012, kurz bevor sie zu ihrer ersten Tour aufbrach. Während dieser Tour hatte sie einen Auftritt in einer Kunst Galerie in Providence, Rhode Island und traf dort zum ersten Mal den Künstler Scott Alario. Der machte seinen Freund Alex Somers, Sigur Rós und Jónsi Musiker und Produzent, auf Brianas Musik aufmerksam, der daraufhin "All Around Us" produzierte. Die Magie dieser Kooperation war schon im bereits veröffentlichten Song "Surrender" zu spüren, sowie dem aufgewecktesten und direktesten Song des Albums, "Take Care Of Me". Die akustische und geistige Verbindung des Albums kann natürlich nur im Ganzen erfahren werden, inklusive des wunderbaren und beruhigenden Songs "Dani" und "All Around Us", mit seiner inspirierenden Schönheit, in dem es um die Erinnerung an ein verstorbenes Familienmitglied geht, von dem man sich nicht mehr verabschieden konnte. Briana Marela schafft es durchgehend ihre Inspiration aus ihr nahestehenden Personen zu ziehen und setzt damit eine Welle von Emotionen bei ihren Hörern frei. Bevor "All Around Us" am 21.08.2015 bei Jagjaguwar / Cargo Records erscheint, kann man sich das komplette Album jetzt schon auf DIY im Vorabstream anhören, zusätzlich gibt es dort auch eine Track by Track Führung durch das Album. Bitte hier entlang: http://diymag.com/2015/08/13/briana-marela-gives-a-guide-to-new-album-all-around-us |
Jennifer Mitglied der Plattentests.de-Chefredaktion Postings: 4716 Registriert seit 14.05.2013 |
2015-08-13 19:26:42 Uhr
Stream |
Randwer Postings: 3432 Registriert seit 14.05.2014 |
2015-08-13 10:56:41 Uhr
Beim Hören des Titels "Surrender" musste ich unwillkürlich an Julia Holter denken. Sehr gefällig. |
seno Postings: 3652 Registriert seit 10.06.2013 |
2015-08-13 09:32:52 Uhr
Ja, es ist eine überflüssige Information und wahrscheinlich völlig unwichtig für die Rezension. Aber ihr macht durch eure Erbsenzählerei viel mehr daraus, als es eigentlich ist. Aber gut, dass ICH hier der Spießer bin... |
Blackberry Postings: 364 Registriert seit 13.06.2013 |
2015-08-13 08:30:56 Uhr
Ich bin auch über das kursive und gestolpert. Ist das jetzt eine superwichtige Info für diese Rezi oder was?? |
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Referenzen
Jónsi; Jónsi & Alex; Amiina; Múm; Efterklang; Björk; CocoRosie; Cocteau Twins; Antony & The Johnsons; Ruby Fray; Sóley; Kate Bush; Fiona Apple; PJ Harvey; Stina Nordenstam; Brian Eno; Massive Attack; Thom Yorke; Joanna Newsom; Moloko; Lamb; Emiliana Torrini; Tori Amos; Nico; Julia Holter; Josephine Foster; Marissa Nadler; Emilie Simon; Sigur Rós; Ólöf Arnalds; Gustav; Ólafur Arnalds; Matmos; Lampshade; Agnes Obel; Sophie Hunger; Laura Marling; Feist; Soap & Skin; Sophie Zelmani; Bat For Lashes; Emily Jane White; Sia; Kiasmos; Hjaltalín
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