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La Luz - Weirdo shrine

La Luz- Weirdo shrine

Hardly Art / Cargo
VÖ: 07.08.2015

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 9/10

Von Visionen und Missionen

"Find your soulmate, Homer", sagt der kleine rote Kojote mit der Stimme von Johnny Cash zu dem großen gelben Mann vor ihm. Moment, was? Also von vorne: Es findet ein Chili-Wettkochen in Springfield statt, zu dem eine gewisse Familie Simpson natürlich auch geht. Vater Homer probiert am Stand von Polizeichef Wiggum eine ultrascharfe Variante mit den erbarmungslosen Pfefferschoten von Quetzlzacatenango, die er nach anfänglichen Schwierigkeiten doch noch runterbekommt – dank eines Tricks und ordentlich Kerzenwachs im Mund. Homer wäre aber natürlich nicht Homer, würde er nur ein einziges Mal auch die Konsequenzen einer solchen Idee bedenken. Von Wahnvorstellungen in die Wüste getrieben – oder auf einen Golfplatz? –, trifft er im Chili-Rausch schließlich jenen besagten Kojoten, der ihm als sein Schutzengel rät, zur Erlangung des inneren Friedens seinen Seelenpartner zu finden.

Wäre die soeben zusammengefasste Szene aus der achten Staffel der Simpsons keine Animationsserie, sondern ein waschechter Spielfilm, wären La Luz wohl die erste Wahl für den Soundtrack gewesen. Das Frauengespann aus Seattle legt mit ihrem Zweitling "Weirdo shrine" ein Album vor, das den staubigen Sand mit jeder Note auspustet, dessen Melodien wie Balsam für die sonnenverbrannte Haut sind und dessen Intensität dennoch so kräftezehrend für den Körper wirkt, wie es sonst nur ein Sommertag schafft, an dem die Luft vor lauter Hitze auf dem Boden zu wabern scheint. Gemeinsam mit dem kalifornischen Tausendsassa Ty Segall produzierte die Band rund um Sängerin Shana Cleveland "Weirdo shrine" aber vor allem auch, um sich den Schock von der Seele zu spielen: Kurz nach der Veröffentlichung ihres Debüts "It's alive" von 2013 war das Kollektiv in einen schweren Unfall verwickelt, der beinahe nicht so glücklich ausgegangen wäre. Und was machten die Damen von La Luz? Gingen auf Tour und lebten ihr Leben, als würde es morgen enden.

Die Mission auf "Weirdo shrine" ist daher einfach: Die Hoffnungslosigkeit hat trotz aller Traumata und Ängste keinen Platz, melancholisch darf es stellenweise dennoch werden. Dadurch zünden die Songs etwas subtiler als noch auf dem Debüt, gehen aber auch ein bisschen mehr unter die Haut. Bereits mit dem hypnotischen Opener "Sleep till they die" wird klar, dass La Luz den Strand längst verlassen und das Licht ihres Bandnamens gedimmt haben. Es ist dennoch erst der zweite Song, der "Weirdo shrine" richtig durchstarten lässt: "You disappear" klingt, als wäre er gerade einem Tarantino-Film entsprungen: Das Schlagzeugspiel von Marian Li Pino wummert sich tief in die Knochen, die Gitarren wechseln zwischen verzerrtem Noise und lieblichem Pop. Clevelands Gesang klingt dabei gleichermaßen so erhaben wie zerbrechlich – und der Sand der Wüste knirscht unter der Sohle. Es ist ein Fest, auch ohne Chili.

"Black hole, weirdo shrine" bezieht sich hingegen sowohl auf den Albumtitel als auch auf die Comicbuch-Serie "Black hole" von Charles Burns (nein, nicht der Burns), die sich um eine Gruppe von Teenagern aus Seattle dreht und als Inspiration für das Album diente. Li Pino gibt die Geschwindigkeit vor, das drohende Unheil schwebt dennoch wie ein Damoklesschwert über der Band. Überhaupt ist es oft die Drummerin, die für wahre Freuden sorgt. So auch im elektrifizierten "I wanna be alone (with you)" oder dem wunderbar rhythmischen "Don't wanna be anywhere". Direkt im Anschluss schunkelt sich "I can't speak" in den harmonischen Pop-Himmel der Sechzigerjahre, dem als nächstes erst wieder der Abschlusstrack "True love knows" einen Besuch abstattet. "I don't wanna go out / Except to the ocean / Where the wind is loud", singt Cleveland hier nicht ohne hörbares Stirnrunzeln. Vielleicht wartet er ja dort, der Seelenpartner für den inneren Frieden. Die richtige Musik läuft jedenfalls schon längst im Hintergrund.

(Jennifer Depner)

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Highlights

  • You disappear
  • Don't wanna be anywhere
  • Black hole, weirdo shrine
  • True love knows

Tracklist

  1. Sleep till they die
  2. You disappear
  3. With Davey
  4. Don't wanna be anywhere
  5. I can't speak
  6. Hey papi
  7. I wanna be alone (with you)
  8. I'll be true
  9. Black hole, weirdo shrine
  10. Oranges
  11. True love knows

Gesamtspielzeit: 31:43 min.

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User Beitrag

Mixtape

User und Moderator

Postings: 1926

Registriert seit 15.05.2013

2015-09-28 17:04:34 Uhr
Das ist bei mir in der Nähe, der Brunch ist ganz gut. ;-) http://www.laluz.de

saihttam

Postings: 2359

Registriert seit 15.06.2013

2015-09-28 16:35:36 Uhr
Gerade reingehört. Ist ganz nett.

Jennifer

Mitglied der Plattentests.de-Chefredaktion

Postings: 4711

Registriert seit 14.05.2013

2015-08-11 21:58:58 Uhr
Frisch rezensiert. Meinungen?
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