Defeater - Abandoned
Epitaph / Indigo
VÖ: 28.08.2015
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
Keine falsche Bescheidenheit
Da ist es also, das Album, vor dem Fans und Sympathisanten der Band Defeater eine ganze Menge Bammel haben. Schließlich schien das defeatersche Storytelling um eine von Schicksal und Krieg gebeutelte Working-Class-Familie seinem unweigerlichen Finale entgegenzutreten. Die Geschichte der ungleichen Brüder war erzählt, die Irrungen und Wirrungen des Vaters im Zweiten Weltkrieg waren dramatisch vorgetragen. Da bleibt eigentlich nur noch das letzte Kapitel. Doch Defeater wären nicht Defeater, würden sie den Erwartungen hinsichtlich des Fortgangs der von ihnen ersonnenen Geschichte nicht ein Schnippchen schlagen. Erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt.
So präsentiert die Band auf ihrem nunmehr vierten Album "Abandoned" einen katholischen Priester, der während des Kriegs seinen ganz persönlichen Kampf mit dem Glauben ausficht. Die Band kennt also einmal mehr keine Bescheidenheit bei der Themenauswahl. Und kleidet ihre großen und kleinen Tragödien auch weiterhin in das altbekannte Gewand aus aufbrausendem Hardcore. Folgerichtig braucht der Opener "Contrition" keine 30 Sekunden, um in dicken Lettern deutlich zu machen, welche Band hier am Werke ist. Und das, obwohl der Song sein tosendes Crescendo gemächlicher vorbereitet, als man das vom wuchtigen Vorgänger "Letters home" gewöhnt war. Vielmehr zieht die Band in drei Minuten die Spannungsschraube immer mehr an, ehe "Unanswered" endlich losbricht und die Band einmal mehr in Hochform präsentiert. Selbige sorgt dann auch für Songs wie das ungemein intensive "Spared in hell", das man ohne zu zögern unter den besten Stücken der Band einsortieren kann. Und das außerdem Derek Archambaults Gesangsvortrag erstmals ganz nach vorne schiebt, der ungewohnt naturbelassen und genau deshalb dynamischer denn je klingt.
Dynamisch zeigen sich Defeater ohnehin auf ihrem Weg durch ihr jüngstes Werk. Schließlich packen die ersten fünf Songs ein ums andere Mal beherzt und dringlich zu und führen so den Stil fort, den Defeater auf dem Vorgänger perfektioniert hatten. Dann aber stolpert der Hörer über "Borrowed & blue", das unvermittelt dort weitermacht, wo "Empty glass" einstmals aufhörte: Bei ganz viel Melodie, einem vergleichsweise ruhigem Aufbau und einem nicht zu verachtenden Hitpotenzial. Und einem Auftritt von Make Do And Mends James Caroll im Refrain, der dem Song äußerst gut zu Gesicht steht. "Borrowed & blue" stellt gleichsam den Wendepunkt des Albums dar. Zwar werden die angeschlagenen Töne keineswegs leiser, die Gangart ist allerdings ab jetzt eine andere. Wo das Album bislang den direkten Weg in Mark und Bein gewählt hat, wird jetzt zwei Mal nachgedacht.
Dementsprechend verändert sich der Eindruck, den die Stücke hinterlassen. "Penace" stürmt zwar zu Beginn ungestüm nach vorne, entpuppt sich aber schon beim ersten Hinsehen als subtiler und durchaus komplexer Brocken. Fast schon leise wird die Platte dann schließlich kurz vor Schluss, wenn "Atonement" mit der ganz eindrücklichen und vor allem thematisch passenden Atmosphäre protzt. Außerdem sehr schön: wie der Song sowohl in seiner musikalischen Ausgestaltung als auch dem Wiederaufgreifen der Zeile "What brings you here my son?" an "Cowardice", den Closer des Debüts, erinnert. Einen Bogen spannt die Band ohnehin über ihr komplettes bisheriges Schaffen. "Abandoned" beginnt mit der ungezügelten Wut von "Letters home" und vergisst dennoch nicht die subtileren Töne des furiosen Zweitlings "Empty days & sleepness nights". Womit spätestens nach dem (wie immer) grandiosen Schlussstück "Vice & regret" klar ist, dass Defeater auch weiterhin keine falsche Bescheidenheit zu zeigen brauchen. Schließlich haben sie ihre Story um ein weiteres "großes" Thema und vor allem ein weiteres hervorragendes Album bereichert.
Highlights
- Contrition
- Spared in hell
- Borrowed & blue
- Vice & regret
Tracklist
- Contrition
- Unanswered
- December 1943
- Spared in hell
- Divination
- Borrowed & blue
- Penance
- Remorse
- Pillar of salt
- Atonement
- Vice & regret
Gesamtspielzeit: 33:40 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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MartinS Plattentests.de-Mitarbeiter Postings: 1395 Registriert seit 31.10.2013 |
2018-01-19 19:00:27 Uhr
Ich habe das Album in den letzten Tagen ein wenig wiederentdeckt und bin überrascht, wie gut es sich gehalten hat. Gerade die ersten vier Songs sind nach wie vor eine Klasse für sich, da gibt's schon die volle Packung.Da darf gern auch mal was Neues kommen. |
Der Untergeher User und News-Scout Postings: 1870 Registriert seit 04.12.2015 |
2015-12-09 15:17:20 Uhr
Ich kann sie live sehr empfehlen. Zwei mal gesehen. Beide Male war es großartig. Gute, emotionale Umsetzung der Songs ohne dabei zu technisch oder zu melodramatisch zu werden.Das Album ist auch gut, wenn auch nicht so großartig wie Empty Days & Sleepless Nights, das für mich in seiner Art unerreicht ist. |
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 27171 Registriert seit 08.01.2012 |
2015-12-09 12:34:02 Uhr
Liebe Musikfreunde,nachdem DEFEATER diesen November auf der ausverkauften "Never Say Die" - Tour gespielt haben, kündigen sie für März 2016 einige Headline-Shows in Deutschland und Österreich an. Im Gepäck werden sie ihr neues Album "Abandoned" (Epitaph / Indigo) haben, das diesen Sommer erschienen ist. 11.03.2016: Trier - Ex-Haus 19.03.2016: Göttingen - einsB 20.03.2016: Köln - Underground 21.03.2016: Frankfurt - Elfer 22.03.2016: München - Feierwerk 23.03.2016: Wien (AT) - Arena 24.03.2016: Lichtenstein - JZ Riot 26.03.2016: Berlin - Musik & Frieden 27.03.2016: Hamburg - Hafenklang |
namenslos |
2015-10-05 17:53:46 Uhr
Ziemlich großartig, das Ganze! Abgesehen von dem cringe würdigen Borrowed & Blue. So sollte moderner, melodischer Postcore klingen. |
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 27171 Registriert seit 08.01.2012 |
2015-08-25 18:52:47 Uhr
DEFEATER stellen ihr neues Album "Abandoned" ab sofort über ihre Webseite als Stream zur Verfügung!Das vierte Studio Album der amerikanischen Post Hardcore - Band erscheint am Freitag den 28. August 2015 auf Epitaph / Indigo. Den Stream findet ihr unter folgendem Link: http://www.defeater.me/ |
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Referenzen
Touché Amoré; La Dispute; Fucked Up; Pianos Become The Teeth; Dead Swans; Title Fight; Fidlar; Fugazi; Minor Threat; Make Do And Mend; Comeback Kid; Ruiner; Modern Life Is War; The Story So Far; Trapped Under Ice; Converge; Terror; Shai Hulud; Ceremony; Gallows; Trash Talk; Every Time I Die; H2O; Brand New; Titus Andronicus; Hüsker Dü; Alexisonfire; The Blood Brothers; Thursday; Glassjaw; Cancer Bats; A Wilhelm Scream; Gorilla Biscuits; Rival Schools; Thrice; Strike Anywhere; United Nations; August Burns Red; The Dillinger Escape Plan
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