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Thundercat - The beyond / Where the giants roam

Thundercat- The beyond / Where the giants roam

Brainfeeder / Ninja Tune / Rough Trade
VÖ: 22.06.2015

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Cum tempore

Goldfische besitzen im 21. Jahrhundert eine größere Aufmerksamkeitsspanne als Menschen. Laut einer Microsoft-Studie übertrumpfen die Gartenteichfische ihn um eine Sekunde, da diejenige des Menschen im digitalen Zeitalter erheblich auf acht Sekunden geschrumpft ist. Folgerichtig ist, dass ein 16-minütiges musikalisches Werk nicht mehr als EP oder als überlange 12"-Single tituliert wird, sondern ganz regulär als Minialbum durchgeht. Diesen Größenwahn können sich zwar nicht viele erlauben, doch für den multitalentierten Bassisten und Songwriter Stephen Bruner aka Thundercat gelten gängige Regeln und Gesetze über Zeit und Raum nicht. Er erschafft sich sein eigenes Raum-Zeit-Kontinuum und zeigt auf "The beyond / Where the giants roam", dass Riesiges in eine gute Viertelstunde gepackt werden kann, sozusagen als akademische Pausenfüllung, wenn die Bachelorstudierenden das Akademische Viertel cum tempore einmal nicht beachtet haben. Es dürfte als kürzestes Album, das je hier rezensiert wurde, in die Plattentests.de-Annalen eingehen.

Bruner muss sich mit seinem dritten Werk unter eigenem Namen nichts mehr beweisen. Kilometergeld hat er schon auf dem hervorragenden Jazz-Dreifach-Magnum-Opus-Debüt von Kamasi Washington, zurückhaltend "The epic" genannt, reichlich verdient, und die dicken Props sowie den kommerziellen Erfolg gab es mit Kendrick Lamar auf "To pimp a butterfly". "The beyond / Where the giants roam" ist nun die zusammengezogene Materie, die atemberaubende Quintessenz seines diesjährigen Schaffens. Bruner schreitet als Gardist so weit vorne weg und vereint all seine bislang bearbeiteten Stile, dass sich eine Genreeinordnung erübrigt. Im jazzigen Herzstück des Albums "Lone wolf and cub" trumpfen seine Brainfeeder-Kollegen Miguel Atwood-Ferguson und Kamasi Washington fünfeinhalb Minuten groß auf. Als Konterpart darf Altmeister Herbie Hancock mit virtuosem Keyboard-Spiel dagegen anspielen. Es mündet in einem fulminanten instrumentalen Finale, bei dem jedes Zeitgefühl verloren geht.

Auf den fünf weiteren Stücken verhält sich das nicht anders. Was das Album zusammenhält, ist der lässige Groove und die unverschämte Eingängigkeit bei all der Komplexität. Im politischsten Song des Albums "Them changes" treffen neurotische Synths und Keyboards von Flying Lotus auf Washingtons Saxophon, trifft Musik auf Rassenproblematik. Darüber tänzelt Bruners Falsett: "Nobody move, there's blood on the floor / And I can't find my heart!" Selbst die beiden kurzen Tracks, die hallende Ouvertüre "Hard times" und die bedrohlich wirkende Zwischensequenz "That moment" zeugen von enormer Detailverliebtheit. Jede Hundertstelsekunde wird ausgiebig genutzt. Eine Herausforderung für Goldfisch und Mensch.

Dem elegischen Titelstück "Where the giants roam / Field of the nephilim" gelingt dann tatsächlich der Sprung in unendliche Höhen. Die Nephilim, die riesigen Mischwesen aus der alt-israelischen Mythologie, treten auf den Plan. Sie verschwinden so schnell, wie sie gekommen sind. Es wird psychedelisch. Im Vordergrund steht diesmal Bruners Stimme: "I'll ask the heart to keep my soul / Lay my head down to rest." Danach folgt die letzte Strophe, und es wird ruhig, ganz ruhig. Nie zuvor wurde das Ende so lakonisch eingeläutet. Doch ein Blick auf die Uhr verrät, dass das Album mehrere Male durchgelaufen ist. Die Zeit ist gekommen.

(Carsten Rehbein)

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Highlights

  • Lone wolf and cub

Tracklist

  1. Hard times
  2. Song for the dead
  3. Them changes
  4. Lone wolf and cub
  5. That moment
  6. Where the giants roam / Field of the nephilim

Gesamtspielzeit: 16:06 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag
quasinebenbei
2015-07-01 13:03:00 Uhr
Gerade eben. Naja. Jedenfalls empfinde ich es nicht so wie der Borcholte :D

http://www.spiegel.de/kultur/musik/ezra-furman-desaparecidos-thundercat-kristy-the-kraks-a-1041157.html

kingsuede

Postings: 4072

Registriert seit 15.05.2013

2015-06-30 21:18:16 Uhr
Thundercat hat ein neues Minialbum veröffentlicht, das mit 16 Minuten spektakulär kurz geraten ist. Nach Aushilfe bei den Glanztaten "To pimp a butterfly" (Lamar) und "The epic" (Washington) endlich was Neues und Eigenes von Stephen Bruner aka Thundercat. Hats schon jemand gehört?
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