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Eric Pfeil - Die Liebe, der Tod, die Stadt, der Fluss

Eric Pfeil- Die Liebe, der Tod, die Stadt, der Fluss

Trikont / Indigo
VÖ: 29.05.2015

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 8/10

Lieblingskritikerliebling

Welcher Kritiker hat schon den Mumm, mäkelt er schon andauernd an der Kultur herum, sich auch noch an ihrer Machart zu üben? Diese besserwisserische Sippe, die notorisch ablehnend alles Neue stets mit dem eigenen, in den Jahren gefundenen Kanon vergleicht und sich darüber wundert, wenn ihnen die Künstler überhaupt nicht wohl gesonnen sind. Eric Pfeil, einer der besten Musikkritiker des Landes, hat es 2013 mit seinem Debüt "Ich hab mir noch nie viel aus dem Tag gemacht" gewagt und sich auf dünnes Eis begeben. Dort schlug er Lieder wie Pirouetten, kapriziös und grazil zugleich. Manch einer könnte derartiges Liedermachen als vorsichtig beschreiben, sind es doch zurückhaltende Singer/Songwriter-Übungen ohne Brimborium drumherum: Schön-simple Melodien, bittersüß-humorige Texte, spärlich instrumentiert.

Pfeils Zweitwerk "Die Liebe, der Tod, die Stadt, der Fluss" hat den gleichen naiven Charme inne. Weiterhin folgt der Songwriter seinen lotsenden Heroen um Robyn Hitchcock, Lloyd Cole, Bob Dylan und Adriano Celentano. Die wirkliche Stärke von Pfeils Songwriting ist dessen Humor, greifbar auch in seinen Texten für die FAZ oder den Rolling Stone. Schon früh hat er verstanden, dass Rührseliges mit einer Prise Humor noch rührseliger wird. Und: Etwas mit Schönheitsfehlern ist dem Perfekten immer vorzuziehen, denn nichts ist langweiliger und seelenleerer als ständig alles richtig zu machen. "Der depressive Detektiv" steht dabei exemplarisch für die Erzählform, die Nebensächlichkeiten, für Absurditäten und ist auf Irrwitziges fokussiert. Eine schnell einprägsame Gitarrenspur, eine einfache Basslinie, auf dem Gitarrenkörper angeschlagene Percussions – musikalisch möchte und kann das nicht stören. Selbst der Damenchor mit seinen "Hallelujah" oder "Scha-la-la-la-la"-Einwürfen arbeitet der für diese Platte essentiellen und so überzeugenden Humorigkeit zu. Das aufschnellende "Hyänen am Strand" präferiert anstelle der akustischen die E-Gitarre und endet gar mit einem effektreichen Solo.

"Clarissa unten am Fluss" handelt vom Rauchen eines Nichtrauchers am Fluss, der eigentlich ein Bach ist, weil Clarissa mal wieder auf sich warten lässt. Nebensätze sind für Pfeil wichtiger als Hauptsätze, weil alles, was geschieht, sowieso polymorph ist. Ziellos und schwelgerisch beginnt "Ein böser Fall von August", das textlich in jedem Fall wuchtigste Stück: "Die Welt liegt am See / Die Welt hat jede Menge schlechter Ideen / Und eine davon kommt mir grad in den Sinn / Ich glaub' ich werd krank / Ich glaub' ich werde auch vergesslich / Gott sei dank." Pfeil reüssiert mit dieser kennerischen Melange und trotzdem sei dem Wunsch an dieser Stelle Nachdruck gegeben, dass nicht die ganze Kritikerschaft nun auf einmal meint, auch Lieder schreiben zu müssen. Bitte, bitte nicht.

(Maximilian Ginter)

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Highlights

  • Der depressive Detektiv
  • Hyänen am Strand
  • Ein böser Fall von August
  • Ich schrieb mal ein Lied das hieß ich liebe Dich

Tracklist

  1. Der depressive Detektiv
  2. Toter Mann
  3. Margaret Lee
  4. Rockmusik & Salz
  5. Hyänen am Strand
  6. Clarissa unten am Fluss
  7. Himmelwärts
  8. Königsmörder
  9. Ein böser Fall von August
  10. Die Stadt
  11. Marzipan in Michigan
  12. Wir müssen nur so tun als wären wir frei
  13. Menschen aus Schaum
  14. Ich schrieb mal ein Lied, das hieß ich liebe Dich
  15. Der depressive Detektiv kehrt zurück

Gesamtspielzeit: 51:55 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag
Harry Rag
2018-12-09 15:10:16 Uhr
Ihr habt bei den Referenzen Ulrich Roski und Stefan Sulke vergessen.
Was folgt als nächstes - die große Ingo Insterburg Retrospektive?
Die Namen Nick Cave, John Lennon und Bob Dylan in diesem Zusammenhang zu nennen ist wohl der "essentiellen und so überzeugenden Humorigkeit" geschuldet

Desare Nezitic

Postings: 5406

Registriert seit 13.06.2013

2015-05-29 17:26:58 Uhr
War Eric Pfeil nicht der Kopf hinter "Fast Forward"? War 'ne tolle Sendung.

"Himmelwärts" klingt sympathisch ungezwungen. Ins Album wird mal reingehört.
Schütze
2015-05-28 22:34:56 Uhr
Toll, dass ihr das rezensiert habt! Hätte mehr Punkte vergeben, aber schöner Text.

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 26212

Registriert seit 08.01.2012

2015-05-27 21:58:55 Uhr
Frisch rezensiert! Meinungen?
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