Ava Luna - Infinite house
Western Vinyl / Cargo
VÖ: 10.04.2015
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
Haus mit Treppenwitz
Unterhaltungen mit Kunststudenten oder Absolventen eben jenen Fachs können schnell anstrengend werden. Was die Fremdbeurteilung betrifft, sind sie noch weniger angesehen als Soziologen und Lehramtsstudenten. Oft jammern sie über den Schock im elterlichen Bürgermilieu, als Söhnchen oder Töchterlein beschlossen hatte, die "Kunst" zu akademisieren. Wo Unmut wächst, wird apologetisch andauernd pseudo-intellektuell dasjenige oder derjenige als "spannend" oder "total, echt total beeinflusst von Beuys' Plastiken" befunden. "Spannend" degradiert sich zum dümmlichen Aperçu. Der seit 2007 dritte Langspieler von Ava Luna, einem Kunst-Musik-Quintett aus Brooklyn, ist schnell dem "spannend" zugeordnet, was aber nicht den Endpunkt dieser Reflexion bedeutet.
Frontmann Carlos Hernandez streitet sich seit jeher mit Ethan Bassford (genau, so heißt der Bassist!) um die Songstrukturen der Band. Könne es nicht mal einen Chorus geben? Zumindest vage erkennbar? Dem kommt "Coat of shellac" als zugänglichstes Lied poppig entgegen. Felicia Douglas (eine der drei sich abwechselnden SängerInnen) schmachtet "This is not about us" über die reichlichen Gitarrenriffs. Der Einzelfall, alles andere ist konfus, zerstreut, schräg und Ava-Luna-eigenartig. Auf Bandcamp labeln sie ihre Musik als "nervous soul", alle anderen sprechen von Artrock oder Avantgarde-Pop oder was man noch mit Kunst-irgendwas betiteln kann.
Deutlich gleich im Opener "Company": gemächlicher Bass mit flatterhaftem Hintergrund-Elektrophon, bis es exakt nach einer Minute effektvoll laut wird. Verzerrte Gitarren sekundieren exzentrisch laut Gesungenem: "Do you / Appreciate / My company?" Im Folgelied "Tenderize" ist es nur gemurmeltes Kauderwelsch, der auch mal musikalisch imitiert wird. Gaga hier und Nonsens auch und viel von den Talking Heads, gerade, was Dissonanz und Disharmonien betrifft oder die übertriebene Silben-Intonation. Der Kerl im improvisierten "Steve Polyester" mit "Dududu"-Chor wird dann "Steeeeeeeeeeeeeeve Polyester" ausgesprochen.
Ava Luna möchten nicht konkret bleiben, auch wenn ein verrottet-abgelegenes Haus in Benton (Mississippi) die Inspirationsquelle für das als Konzeptalbum zu verstehende "Infinite house" war. Lieber bleiben sie abstrakt und versponnen, sofern das überhaupt eine Direktive sein kann. "Black dog" wird zur rockigen The-Who-Verehrung (also den "Tommy"- und "Quadrophenia"-The-Who) bei einem Hernandez-Falsetto zwischen Al Green und Prince. Am Ende darf in "Carbon" die ziellose Herumspielerei das Effektgerät ausreizen: Verzögerung, Verzerrung, Frequenz-Veränderungen – alles bei siebeneinhalb Minuten. Ava Luna sind keine Kunststudenten, denn sie sind alles andere als arty-farty.
Highlights
- Tenderize
- Coat of shellac
- Black dog
Tracklist
- Company
- Tenderize
- Steve Polyester
- Roses and cherries
- Coat of shellac
- Infinite house
- Black dog
- Best hexagon
- Billz
- Victoria
- Carbon
Gesamtspielzeit: 38:16 min.
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Jennifer Mitglied der Plattentests.de-Chefredaktion Postings: 4716 Registriert seit 14.05.2013 |
2015-05-13 23:02:38 Uhr
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Referenzen
Talking Heads; David Byrne; St. Vincent; Posse; Krill; Speedy Ortiz; Ovlov; Paws; Joanna Gruesome; Natalie Prass; Will Butler; Pela; Braids; WATERS; Foxygen; Tei Shi; Cant; Grizzly Bear; Deerhoof; Sharon Van Etten; Angel Olsen; Beach House; FKA twigs; Dirty Projectors; Panda Bear; Animal Collective; Karen O; Grimes; Ariel Pink; Wild Beasts; Julia Holter; Tennis; Azealia Banks; Emile Haynie
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- Ava Luna - Infinite house (1 Beiträge / Letzter am 13.05.2015 - 23:02 Uhr)